Weltstrafgericht spricht Bemba frei
8. Juni 2018Überraschender Freispruch für Jean-Pierre Bemba: Berufungsrichter am Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) hoben die Verurteilung des früheren Vizepräsidenten der Demokratischen Republik Kongo wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf. Bemba war im Juni 2016 zu 18 Jahren Haft verurteilt worden, weil Truppen nach Überzeugung des Gerichts unter seiner Kontrolle in der benachbarten Zentralafrikanischen Republik gemordet, vergewaltigt und geplündert hatten.
Die Berufungskammer des Gerichts begründete den Freispruch mit Verfahrensmängeln: "Die ernsthaften Fehler der ersten Instanz machen die strafrechtliche Verantwortung nichtig", sagte die Berufungsrichterin Christine van den Wyngaert. Deswegen werde "der Schuldspruch gegen Jean-Pierre Bemba annulliert" und in einen Freispruch umgewandelt. Bemba könne "nicht strafrechtlich für die Verbrechen verantwortlich gemacht werden, die seine Truppen in der Zentralafrikanischen Republik begangen haben", sagte van den Wyngaert.
Die Entscheidung fiel mit einer Mehrheit von drei zu zwei Stimmen. Die Verkündung löste heftigen Jubel von Bemba-Anhängern auf den Zuschauerrängen aus.
Auswirkungen auf ähnliche Fälle
Das Urteil hat Experten zufolge Strahlkraft auf andere ähnliche Fälle, in denen Kommandeure für die Taten ihrer Truppen zur Rechenschaft gezogen werden. Menschenrechtler kritisierten die Entscheidung. Sie sei ein Schlag ins Gesicht der Opfer, teilte Amnesty International mit. Die Organisation rief die Anklage des Weltgerichts auf, Lehren aus dem Urteil zu ziehen und künftig ihre Ermittlungsbemühungen zu verstärken. Auch die Behörden in der Zentralafrikanischen Republik müssten Verbrechen besser verfolgen.
Bemba war im Mai 2008 festgenommen worden. Der Prozess vor dem Gericht in Den Haag begann 2010. Bemba war angeklagt und verurteilt worden, weil er nach Einschätzung der Anklage 2002 und 2003 half, mit seiner Miliz in der benachbarten Zentralafrikanischen Republik einen Staatsstreich niederzuschlagen.
Das IStGH sah es in dem ursprünglichen, nun aufgehobenen Urteil als erwiesen an, dass Milizionäre der von Bemba befehligten Kampftruppe in zahlreichen Fällen Folter und Mord verübten. Bemba habe "während der gesamten Einsatzdauer das militärische Kommando und die faktische Kontrolle über seine Truppen in Zentralafrika" gehabt und sei deswegen strafrechtlich verantwortlich.
Es war das erste Mal, dass der IStGH einen Oberbefehlshaber für Verbrechen verantwortlich machte, die er nicht direkt angeordnet hatte. Zudem hatte sich das Gericht auch erstmals darauf konzentriert, Vergewaltigungen und andere sexuelle Gewalt als Mittel der Kriegsführung zu ahnden.
Kommt Bemba frei?
Der heute 55-Jährige hat die Vorwürfe stets bestritten und Berufung gegen die Verurteilung wie auch gegen das Strafmaß eingelegt. Auch die Anklage ging in Berufung und hatte eine Haftstrafe von 25 Jahren gefordert. In einem zweite Verfahren wurde Bemba wegen Zeugenbeeinflussung verurteilt. Das Gericht will in Kürze entscheiden, ob er freigelassen wird.
Der Strafgerichtshof verfolgt Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Er steht immer wieder wegen Ineffizienz in der Kritik. Bisher fällte er Urteile in sechs Fällen.
stu/sam (epd, afp, dpa)