"Happy Birthday" ist jetzt Allgemeingut
29. Juni 2016
"Happy Birthday to You, happy Birthday to You, happy Birthday, lieber XY, happy Birthday to You". Nein, besonders anspruchsvoll ist der Text des Geburtstagsklassikers nicht – aber darin liegt vielleicht sein Erfolg begründet. Den hatte sich der Musik-Konzern Warner/Chappell Music Jahrzehnte lang vergolden lassen, wenn das Lied irgendwo auf der Welt öffentlich gesungen, aufgeführt, auf Tonträger gebannt oder in Filme eingebaut wurde. Allein mit diesem Song soll das Unternehmen umgerechnet 1,8 Millionen Euro pro Jahr an Lizenzgebühren eingenommen haben.
Damit ist jetzt Schluss: Das populäre Geburtstagslied gehört nun ganz der Allgemeinheit. Ein Bundesrichter in Los Angeles billigte am Montag eine Einigung, nach der Warner/Chappell Music auf seine Urheberrechte an "Happy Birthday" verzichtet. Damit kann nun jeder das Lied verwenden und aufführen, ohne dafür Lizenzgebühren zahlen zu müssen.
Große Freude bei den Klägern
Es ist schön zu wissen, dass der Song nun offiziell von Lizenzen befreit ist", sagte eine der Klägerinnen, die Musikerin Rupa Marya. Die Sängerin einer kalifornischen Band packte nach dem Richterspruch kurzerhand ihre Gitarre aus und stimmte das Lied gleich vor dem Gerichtsgebäude an. Ihre Band sollte 455 Dollar (etwa 410 Euro) zahlen, weil sie die populäre Melodie auf einer CD verwendet hatten.
2013 reichten die Kläger eine Sammelklage ein, nachdem der Musikkonzern den Produzenten eines kostengünstig produzierten Dokumentarfilms 1500 Dollar für die Verwendung des Lieds in Rechnung gestellt hatte. Auch früher schon hatte Warner/Chappell Music immer wieder Rechnungen verschickt, wenn "Happy Birthday" öffentlich genutzt wurde.
Die Kläger argumentierten jetzt vor Gericht, das Ende des 19. Jahrhunderts komponierte Lied sei Allgemeingut und gehöre der Öffentlichkeit. Richter George King in Los Angeles hatte diese Auffassung bereits im September 2015 unterstützt.
Ein Vergleich und seine Folgen
Der nun von King gebilligte Vergleich sieht vor, dass der Konzern seinen Urheberanspruch aufgibt und ausstehende Lizenzgebühren nicht mehr eintreibt: Warner/Chappell Music stimmte auch einer Zahlung von 14 Millionen Dollar (gut 12,6 Millionen Euro) zu - als Ausgleich dafür, dass das Unternehmen Tantiemen kassiert hat, obwohl das Werk mittlerweile öffentliches Liedgut ist.
Ein Drittel der Summe geht an die Kläger, der Rest wird unter denjenigen aufgeteilt, die unrechtmäßig Tantiemen an Warner gezahlt haben. Der Konzern Warner/Chappell Music hatte seinen Urheberanspruch damit begründet, er habe 1988 ein Unternehmen erworben, das im Besitz der Lizenz rechte an dem weltberühmten Lied gewesen sei. Danach wäre der Urheberschutz erst 2030 ausgelaufen.
Komponiert wurde das Lied im Jahr 1893 im US-Bundesstaat Kentucky von der Kindergarten-Erzieherin Patty Hill und ihrer Schwester Mildred. Ursprünglich hieß das Lied "Good Morning to You" ("Ich wünsche dir einen guten Morgen") und wurde als Lernmittel im Unterricht genutzt. Erst später wurde es auf "Happy Birthday" umgeschrieben - und damit zum Welterfolg.
Tantiemen gehen auch an Erben
Wer Texte verfasst, Musik oder Videos herstellt, Bilder oder Software produziert, besitzt an diesen Werken Urheberrechte. "Das Urheberrecht erlischt siebzig Jahre nach dem Tode des Urhebers", heißt es dazu in Paragraf 64 des Urheberrechtsgesetzes. Das gilt nicht nur für roße Kunst, sondern zum Beispiel auch für einfache Volkslieder, wie das "Happy Birthday".
In Deutschland wahrt die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) die Rechte des Urhebers, und fordert Tantiemen, wenn es zu einer öffentlichen Aufführung kommt. Davon profitieren letztendlich auch die rechtmäßigen Erben des Urhebers.
kk/hm (afp, dpa)