Ungarn zäunt sich weiter ein
25. September 2015Wie es um den Zustand der Beziehungen zwischen Österreich und Ungarn bestellt ist, ließ sich ohne Schwierigkeiten aus den Statements der beiden Regierungschefs nach ihrem Treffen heraushören. Bundeskanzler Werner Faymann nannte sie vor Reportern "korrekt", sprach aber zugleich von einem "Spannungsverhältnis". Ministerpräsident Viktor Orban erklärte nach Angaben der ungarischen Nachrichtenagentur MIT, die Österreicher hätten Ungarn "in schweren Zeiten die Freudnschaft verweigert". Er sei aber bereit, "zu vergessen, dass sie uns als 'Nazis' beschimpft haben".
Der österreichische Regierungschef erkannte den ungarischen Versuch an, die EU-Außengrenze zu sichern. Faymann betonte aber, das Recht auf Asyl sei ein Menschenrecht. Orban müsse es ebenso beachten wie die Gesetze der Freizügigkeit innerhalb des Schengen-Raums.
Ungarn kämpft gegen die Flüchtlingsströme
Ungarn hat in den vergangenen Tagen seine Grenzen immer mehr gegen den Ansturm von Flüchtlingen gesichert. Seit dem 15. September sind die offiziellen Übergänge zu Serbien geschlossen und der Grenzverlauf mit Stacheldrahtzaun gesichert. Daraufhin versuchten Zehntausende Flüchtlinge, über Kroatien nach Ungarn zu gelangen, um von dort aus nach Österreich, Deutschland oder in andere weiter nördlich gelegene Länder weiterzureisen. Ungarische Behörden sprechen von fast 60.000 Flüchtlingen, die über Kroatien ins Land gekommen sind.
Ungarn verstärkte daraufhin auch die rund 40 Kilometer lange Landgrenze zu dem Nachbarland. Der größte Teil der ungarisch-kroatischen Grenze wird durch den für Flüchtlinge nicht zu überwindenden Fluss Drau gebildet. Bevor die Grenze zu Kroatien allerdings komplett dichtgemacht wird, wolle man bei den Vereinten Nationen und den anderen Staaten in der Region um Unterstützung bitten, sagte Orban.
Erstmals Stacheldraht im Schengen-Raum
Seit gestern verstärkt Ungarn auch seine Grenze zu Slowenien mit Stacheldraht. Damit verstößt es gegen das Schengen-Abkommen, das Grenzkontrollen zwischen Mitgliedsländern verbietet. Der ungarische Ministerpräsident Orban sagte, es sei zwar "kein gutes Gefühl, Zäune zu bauen". Doch wenn Ungarn sein Grenzen nicht schütze, würden täglich 10.000 Flüchtlinge und in den nächsten Monaten "vielleicht sogar 250.000" durch sein Land in Richtung Österreich und Deutschland ziehen.
Kroatien gibt nach
Im Grenzkonflikt zwischen Kroatien und Serbien deutet sich nach der Intervention durch die Europäische Union eine Entspannung an. Zagreb hat inzwischen zwei seiner geschlossenen Grenzübergänge für serbische Fahrzeuge geöffnet, wie der staatliche Fernsehsender HRT unter Berufung auf die Polizei mitteilte. Die Grenze sei wieder "für alle Autos unabhängig ihres Nummernschildes" geöffnet, teilte Innenminister Ranko Ostojic über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Unklar ist, ob die Aufhebung auch für Lkw's gilt.
EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn hatte zuvor die kroatische Regierung "mit Nachdruck" aufgefordert, ihre Entscheidung zu revidieren, die Grenze zu Serbien abzuriegeln. Zwischen den beiden ehemaligen Teilrepubliken Jugoslawiens war es vorige Woche zu einem Handelsstreit gekommen, weil Zagreb serbischen Fahrzeugen die Einreise verweigerte, nachdem Belgrad wegen der Flüchtlingskrise ein Embargo für kroatische Waren und LKW verhängt hatte.
mak/nin/sc (rtr, ap, afp)