Weitere Welle von Festnahmen in der Türkei
7. Dezember 2018Auf Fahndungsgesuche und Haftbefehle der Staatsanwaltschaft Ankara hin hätten Polizisten am Morgen 41 Menschen inhaftiert, meldet die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Weitere 46 Menschen würden in mehreren Provinzen gesucht. Es handelt sich demnach um ehemalige Angehörige der türkischen Luftwaffe, denen Verbindungen zum islamischen Prediger Fethullah Gülen vorgeworfen werden.
Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft Gülens Bewegung vor, Justiz, Polizei, Militär und Verwaltung unterwandert zu haben, und macht sie für den gescheiterten Militärputsch von 2016 verantwortlich. Gülen, der seit Jahren im US-Exil lebt, hat derartige Beschuldigungen wiederholt zurückgewiesen.
Laut Anadolu dauern die Razzien an. Parallel lässt die Staatsanwaltschaft in Istanbul nach 41 weiteren Terrorverdächtigen fahnden. Es soll sich um Angehörige der Gendarmerie handeln, die in der Türkei eine paramilitärische Gruppierung ist. Auch hier geht es um angebliche Gülen-Verbindungen. Das harte Vorgehen Erdogans gegen die Anhänger seines langjährigen Verbündeten stößt in der Opposition und im Ausland auf Kritik. Auch Gegner der Gülen-Bewegung sehen das Vorgehen als unverhältnismäßig und sehen die Rechte der Beschuldigten nicht gewahrt.
Derweil ließ die Staatsanwaltschaft Izmir 53 Menschen festnehmen, wie die regierungsnahe Zeitung "Daily Sabah" schreibt. Insgesamt würden demnach in 17 Provinzen 62 Menschen gesucht, vor allem Gerichtsangestellte und Gefängniswächter. Auch mehr als zwei Jahre nach dem Umsturzversuch gibt es praktisch jede Woche neue Razzien. So wurden erst am Dienstag Haftbefehle gegen knapp 270 Verdächtige ausgestellt.
Zehntausende Festnahmen, Tausende Verurteilungen
Seit dem Putschversuch von 2016 greift die türkische Regierung gegen angebliche Staatsfeinde und Regierungskritiker hart durch. Die international kritisierten Maßnahmen treffen auch Akademiker, Menschenrechtler und Journalisten. Nach offiziellen Zahlen von Mitte November wurden seit 2016 rund 218.000 Menschen festgenommen. 16.684 der Betroffenen wurden demnach verurteilt. 14.750 befänden sich weiterhin in Untersuchungshaft. Mehr als 140.000 Menschen wurden aus dem Staatsdienst entlassen. Verteidigungsminister Hulusi Akar gab Anfang November an, dass allein beim Militär mehr als 15.000 Menschen, darunter 150 Generäle und Admiräle, entlassen worden seien.
kle/wa (dpa, afp)