Weitere Festnahmen im "Reichsbürger-Milieu"
10. Oktober 2023Insgesamt fünf Angehörigen der "Reichsbürger"-Gruppe "Vereinte Patrioten" wird bereits seit Mitte Mai in Koblenz der Prozess gemacht. Mutmaßliche Komplizen bekamen jetzt Besuch von der Polizei. In Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen wurden zahlreiche Wohnungen sogenannter Reichsbürger durchsucht, fünf Verdächtige wurden festgenommen.
Die nun Festgenommenen sollen entweder Mitglieder oder Unterstützer der mutmaßlichen Terrorgruppe "Vereinte Patrioten" sein. Die Gruppe soll einen Umsturz in Deutschland geplant haben. Dafür wollten sie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach entführen und einen deutschlandweiten Stromausfall herbeiführen.
Justiz präsentiert konkrete Verdachtsmomente gegen Festgenommene
Die Generalstaatsanwaltschaft München teilte mit, ein nun in Bayern festgenommener Beschuldigter habe sich bereit erklärt, sich an der von der Gruppe geplanten Entführung von Minister Lauterbach zu beteiligen und dafür in Kroatien Schusswaffen zu besorgen. Der 41-Jährige soll der Polizei schon länger bekannt gewesen und unter anderem wegen Volksverhetzung aufgefallen sein.
In Baden-Württemberg nahmen Beamte eine Person fest, die im Verdacht steht, der Vereinigung unter anderem einen Server für konspirative Kommunikation zur Verfügung gestellt zu haben. Ein weiterer Beschuldigter soll Mitglieder der Gruppe bei einem Treffen in die Bedienung von Funkgeräten eingewiesen haben. Vorstellig wurde die Polizei auch bei drei mutmaßlichen Mitverschwörern in Rheinland-Pfalz. Ihnen wird unter anderem die Unterstützung beziehungsweise Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen, wie die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz mitteilte.
"Vereinte Patrioten" - Feinde der freiheitlich-demokratischen Grundordnung
Die "Vereinten Patrioten" haben sich laut Bundesanwaltschaft zusammengeschlossen, "um die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland durch ein autoritär geprägtes Regierungssystem nach dem Vorbild der Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 zu ersetzen". Nach bisherigen Ermittlungen wollten sie Sprengstoffanschläge auf neuralgische Punkte der Energieversorgung verüben und damit einen wochenlangen bundesweiten Stromausfall verursachen.
Damit verfolgte die Gruppe den Angaben zufolge das Ziel, "die Bevölkerung von der Berichterstattung des Rundfunks und der Presse abzuschneiden und zugleich eine Reaktion der staatlichen Sicherheitsbehörden auf den Umsturzversuch zu erschweren". Der Gruppe sei bewusst gewesen, dass ein solcher Blackout zu erheblichen Schäden und Toten führen könnte, heißt es in der Anklageschrift. Außerdem soll bei der geplanten Entführung von Minister Lauterbach die Tötung seiner Leibwächter in Kauf genommen worden sein, um die Entschlossenheit und Leistungsfähigkeit der Gruppe zu verdeutlichen. Ermittlungen gegen sie wurden bereits im April vergangenen Jahres bekannt.
"Reichsbürger" sind Menschen, die die Bundesrepublik Deutschland und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Der Verfassungsschutz rechnete der Szene der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" 2022 landesweit etwa 23.000 Menschen zu, 2000 mehr als im Vorjahr.
qu/fab (dpa, dpd, afp)