Weiter Land unter in Polen und der Slowakei
6. Juni 2010Dramatische Lage in der polnischen Stadt Sandomierz an der Weichsel: In der Nacht zum Sonntag (06.06.2010) hat der Fluss die Sperren aus Sandsäcken durchbrochen und Teile der Stadt am rechten Ufer erneut überflutet. Feuerwehrleute und Soldaten, die bis zuletzt das Wasser zu stoppen versuchten, seien wegen Lebensgefahr abgezogen worden, berichtete die Nachrichtenagentur PAP. Nach Angaben des Bürgermeisters Jerzy Borowski sind jetzt eine Wohnsiedlung sowie die Glashütte, der größte Arbeitgeber in der Region, bedroht.
Tusk reist in Krisenregion
Die städtischen Behörden riefen rund 3500 Einwohner auf, das besonders gefährdete Gebiet zu verlassen. Die meisten Menschen wollten jedoch in ihren Häusern bleiben. Sandomierz liegt rund 200 Kilometer südlich von Warschau. Die historische Altstadt liegt auf einer Anhöhe am linken Ufer und ist nicht gefährdet.
Die Flut hatte bereits vor zwei Wochen einen Damm in Sandomierz durchbrochen. Seitdem stehen Stadtteile am rechten Ufer unter Wasser. Die Weichsel überflutete auch Teile von Tarnobrzeg rund 15 Kilometer südlich von Sandomierz. Dort sollten 4000 Menschen ihre Häuser räumen. Auch sie weigerten sich aber, ihr Hab und Gut zu verlassen.
Land unter in der Slowakei
"Wir sind durch Dörfer gefahren, durch die nicht einmal ein Bach fließt und die weit vom nächsten Fluss entfernt sind. Diese Menschen konnten einfach nicht darauf vorbereitet sein, dass ihre Häuser jetzt unter Wasser stehen." So schildert der slowakische Innenminister Robert Kalinak in der Regierungspressekonferenz die Lage, die er nach tagelangen Regenfällen in den Überflutungsgebieten im Osten des Landes vorfand. Medien- berichten zufolge sollen mindestens drei Menschen in den Fluten ertrunken sein. Einzelne Orte waren weiterhin auf dem Landweg nicht erreichbar.
In vielen Orten lasse sich der Hochwasserstand nicht einmal mehr messen: Die Messvorrichtungen seien auf diesen noch nie dagewesenen Höchststand überhaupt nicht eingestellt, ergänzt Premier Robert Fico und spricht von einem "Jahrtausendhochwasser". In den meisten Regionen der Slowakei hatte man bereits vor Tagen ein Zurückgehen der Pegelstände gemeldet. Hunderte Evakuierte kehrten wieder in ihre mit Schlamm verschmutzten Häuser zurück. Doch dann brachte eine neue Flut am Freitag und Samstag noch schlimmere Schäden als die Unwetter und Überschwemmungen in den Tagen zuvor.
Auch Ungarn betroffen
Kritisch war die Lage auch im Nordosten Ungarns. Nach wochenlangem Dauerregen waren dort die Flüsse Hernad, Sajo und Boldva über ihre Ufer getreten. Rund 2300 Anwohner wurden in Sicherheit gebracht, wie ein Sprecher der Rettungskräfte am Samstag sagte. Mehr als 12.000 Polizisten, Soldaten und Feuerwehrleute waren im Einsatz. In der ungarischen Hauptstadt Budapest wurden die Ufer der Donau wegen Hochwassers für den Verkehr gesperrt.
Das Hochwasser der Oder wird auch in den nächsten Tagen auf die Brandenburger Deiche drücken. Nach dem starken Regen in Polen werde Anfang der Woche eine neue Welle auf der Oder erwartet, sagte Oliver Wiemann vom Hochwasserlagezentrum am Sonntag in Schwedt. Höhere Wasserstände in den Oder-Nebenflüssen und der Lausitzer Neiße führten zudem dazu, dass die Pegelstände auf hohem Niveau blieben.
Autorin: Annamaria Sigrist (dpa, dpae, afp)
Redaktion: Hartmut Lüning