Weg mit dem Tattoo!
22. Februar 2013Als sie sich ihr erstes Tattoo stechen ließ, war sie siebzehn. Damals brauchte Sue noch die Einwilligung ihrer Eltern für den Drachen auf ihrem Oberarm. Heute ist sie 29 und möchte sich von dem etwa zehn Zentimeter langen Wesen trennen - und das endgültig. Sue ist sich sicher: Das Drachen-Tattoo hat ausgedient: "Ich würde sagen, dass es einfach nicht mehr zu mir passt. Ich bereue nicht, dass ich es habe stechen lassen, aber ich bereue es auch nicht, dass ich es jetzt wegmachen lasse."
Gestochen scharf
Schätzungen zufolge sind etwa zwölf Millionen Deutsche tätowiert, viele haben mehr als nur ein Bild auf ihrem Körper. Kunst von Kopf bis Fuss. Ein gutes Tattoo braucht einen professioneller Tätowierer, und auch die Qualität der Farben ist ausschlaggebend. Noch bis zum Jahr 2009 konnten die alle möglichen Stoffe enthalten, bis hin zu Autolacken, hochschädliche Substanzen also. Mittlerweile sind nur noch Farben erlaubt, die als unbedenklich gelten. Ob sie es wirklich sind, ist noch immer nicht eindeutig geklärt.
7000 angemeldete Tattoo-Studios gibt es in Deutschland. Selbst bei guten und professionellen Tätowierern gibt es immer ein Risiko. "Letztendlich ist es eine Verletzung der Haut. Das heißt, man bringt Farbe in die Haut ein. Die Nadelverletzungen können zu Narbenbildungen führen", erklärt die Bonner Dermatologin Marina Scheler.
Die Zahl der Tattoo-Entfernungen steigt
Um fast 40 Prozent ist die Zahl derer gewachsen, die sich mit ihren Tätowierungen nicht mehr wohl fühlen. Meist sind das Frauen zwischen 25 und 50. Einer der meistgenannten Gründe ist, dass sich ihre Persönlichkeit verändert habe und das Tattoo nun nicht mehr zu ihnen passe. "Vor allem aber gibt es auch viele Patienten mit schlecht gemachten Tattoos. Patienten, die grundsätzlich Tattoos mögen, bei denen es aber ausgewaschen oder einfach schlecht gestochen ist", so Scheler. Viele hätten aber eine falsche Vorstellung, wenn sie glaubten, "sie machen fünf Sitzungen und das Tattoo ist weg."
Die Behandlung kann äußerst zeitaufwändig sein. "Bei professionellen Tätowierungen muss man mit mindestens fünf bis sieben Sitzungen rechnen." Zwischen den einzelnen Laserbehandlungen müssen zirka vier Wochen liegen, so dass sich die Entfernung über mehrere Monate hinziehen kann. Und auch die Kosten schrecken viele ab. Bei durchschnittlich 200 Euro pro Behandlung kann leicht eine vierstellige Summe anfallen, und das ist oft ein Vielfaches von dem, was das Tattoo gekostet haben mag.
Schmerzhafte Einsichten
Weil sie die Laserbehandlung als extrem schmerzhaft empfinden, brechen viele Patienten sie vorzeitig ab. Einige erzählen sogar, dass die Entfernung schmerzhafter sei als das eigentliche Tätowieren, und dass sie dafür eine örtliche Betäubung oder Schmerzmittel brauchen. Nebenwirkungen können Ekzeme sein, und die behandelten Hautpartien sind über mehrere Monate sehr empfindlich.
Bei einer fachgerecht durchgeführten Tätowierung befinden sich die einzelnen Farbpigmente in der mittleren Hautschicht, und nur da bleibt das Tattoo erhalten und kann mit dem Laser entfernt werden. Die Tattoo-Farbe, die sich beim Tätowieren in der Haut abgelagert und abgekapselt hat, wird beim Lasern aufgesprengt. Dazu nimmt sie die Energie des Lasers auf, und durch die Aufsprengung wird die Farbe dann in kleinen Partikeln über das Lymphsystem nach außen abtransportiert. Klar ist aber noch nicht, ob dabei Abbauprodukte entstehen, die für den Menschen gefährlich sein können, weil krebserregend.
Auf der richtigen Wellenlänge
Ob sich ein Tattoo mit Laserstrahlen relativ einfach und gründlich entfernen lässt, hängt auch davon ab, welche Farben eingesetzt wurden. "Wir brauchen immer eine Wellenlänge, die in der Farbe absorbiert wird. Gelb geht gar nicht. Auch helle Blautöne und manchmal auch Grüntöne sind sehr schwierig." Das klassische Schwarz hingegen sei meist sehr gut zu entfernen, erklärt Scheler. Problematisch sind vor allem UV-Tattoos. Am Tag sind sie fast unsichtbar, abends in der Disco aber, unter Schwarzlicht, leuchten sie umso intensiver. Für diese Art von Tattoos werden spezielle Farben verwendet, und das ist das Problem: "Es gibt keine Laser, die diese Farben erreichen", gibt Scheler zu bedenken. "Die kann man nur operativ entfernen." Im schlimmsten Fall muss Haut transplantiert werden, Narben bleiben zurück.
Tattoos, die eine Geschichte erzählen
Hinter manchen Tattoos stecke auch eine eigene Geschichte, erzählt Sue, so wie bei ihrem Freund. Er habe sich am Knöchel ein Tattoo stechen lassen, das aussehe wie Stacheldraht. "Er hatte einen schweren Unfall, hat den überlebt und lag im Koma. Der Stacheldraht soll symbolisieren, dass das Leben ihn festgehalten hat." Die junge Frau wird sich wohl wieder tätowieren lassen, vielleicht das Schlangen-Tattoo auf ihrem Rücken ein wenig verändern: "Ich habe die Idee, dass es eine Sonne werden könnte und anstelle der Sonnenstrahlen dann Schlangen." Erst einmal aber muss der Drachen weichen.