Sicherheitspolitik: Kaum frisches Geld
14. November 2014Anfang des Jahres sorgten Bundespräsident Joachim Gauck, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen für viele Schlagzeilen: Deutschland müsse bei der Bewältigung von Krisen mehr Verantwortung in der Weltpolitik übernehmen - notfalls auch mit Waffengewalt. Schon damals war klar, das geht nicht zum Nulltarif. Neue Auslandseinsätze der Bundeswehr und eine stärkere Aufklärung durch den deutschen Auslandsgeheimdienst BND kosten Geld.
Die Monate nach der Ankündigung für den neuen außenpolitischen Kurs machten klar, es wird sogar noch teurer: Der Ukraine-Konflikt, der Krieg gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat", Ausrüstungsmängel bei den deutschen Streitkräften und das Attraktivitätsprogramm, mit dem von der Leyen die Bundeswehr im Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt stärken will. Die verteidigungspolitische Zukunft wird den Staatsetat also stärker belasten. Das weiß auch die SPD-Haushaltsexpertin Karin Evers-Meyer: "Meine Prognose ist - und die von allen Fachleuten: der Wehretat wird schon ansteigen müssen. Wenn wir die Verpflichtungen erfüllen wollen, die wir jetzt schon eingegangen sind, und ohne zu wissen, was wir denn in Zukunft wollen, wird er sicherlich ansteigen müssen."
Gesamtsumme für die Bundeswehr bleibt unverändert
In dieser Woche gab es die sogenannte Bereinigungssitzung für den Bundeshaushalt 2015. Die Abgeordneten hatten sich unter anderem noch einmal über den zweitgrößten Posten im Bundesetat, das Verteidigungsbudget, gebeugt. Das Ergebnis: Trotz Mehrbelastungen soll es im kommenden Jahr bei den veranschlagten rund 32,3 Milliarden Euro für die Bundeswehr bleiben.
Allerdings ist es eher einem Zufall geschuldet, dass Ministerin von der Leyen nicht nach mehr Geld fragen musste. Wegen Lieferschwierigkeiten bei diversen Rüstungsprojekten sei in den Haushaltsplanungen 2015 Geld freigeworden, erklärt der Haushalts-Fachmann Bartholomäus Kalb von der CDU: "Sie kennen ja die Verzögerungen, die wir haben beim Puma, dem kleinen Panzer. Wir haben Verzögerungen bei den Fregatten. Wir haben Verzögerungen bei den Hubschraubern. Dieses alles wirkt sich natürlich aus. Und wir können ja nicht Rechnungen bezahlen für Material, das wir noch gar nicht haben."
In den kommenden Verteidigungsbudgets werden eben diese Rüstungsvorhaben aber dann doch zu Buche schlagen. Hinzu kämen noch weitere Posten, die eine mittelfristige Etaterhöhung unvermeindlich werden lassen, meint Kalb: "Wir haben neben diesen Großsystemen natürlich auch einen Stau aus dem Bereich der sogenannten Materialerhaltung, wo eben auch jetzt verstärkt Kosten auf uns zukommen, und dann eben auch entsprechender Ablauf der Finanzierungsmittel erfolgen wird."
Auch BND braucht Geld
Das Verteidigungsbudget ist aber nicht der einzige Etat, der für eine neue deutsche Außenpolitik angehoben werden müsste. Denn bevor die Bundeswehr überhaupt ins Ausland geschickt wird, will die Regierung wissen, wie gefährlich ein Einsatz werden kann. Und hier kommt der Bundesnachrichtendienst (BND) ins Spiel, der den politischen Entscheidungsträgern wichtige Informationen über ausländische Krisenherde liefern soll.
Der öffentlich ausgewiesene Zuschuss zum BND ist zwischen 2008 und 2014 um 28 Prozent angestiegen. Im kommenden Jahr soll er nochmals wachsen - auf dann 615 Millionen Euro. Im Vergleich zum Bundeswehretat mit seinen 32,3 Milliarden Euro erscheint das extrem wenig. Aber ganz in Geheimdienstmanier legt der Bundesnachrichtendienst eben nicht alle seine Mittel offen.
Verschleierte BND-Finanzen
Der Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenboom erklärt, woher der BND noch Geld bekommt: "An erster Stelle rangiert traditionell das Bundesministerium der Verteidigung. Einmal über die Besoldung der Soldaten, die für den Bundesnachrichtendienst arbeiten - das dürften derzeit mindestens 800 Planstellen sein. Und zum anderen über die technologische Ausstattung. Auch werden aus Bundeswehr-Mitteln viele technische Aufklärungseinrichtungen des Bundesnachrichtendienstes bezahlt." Bei der Satellitenaufklärung trage die Bundeswehr beispielsweise die Hauptlast. Meist sage aber der Bundesnachrichtendienst, wo die Spionagesatellitien eingesetzt werden sollten, so Schmidt-Eenboom.
Einen Teil seiner Ausgaben wälzt der Bundesnachrichtendienst also auf die deutschen Streitkräfte ab. Noch ein Argument dafür, dass der Verteidigungsetat steigen wird. Allerdings ist die Bundeswehr auch eine der Hauptprofiteure der vom BND gelieferten Informationen. Der ehemalige Präsident des Nachrichtendienstes, Hans Georg Wieck, bestätigt im Grundsatz, dass der BND auch aus anderen Quellen Geld bekommt, will aber nichts Genaueres sagen - aus Geheimhaltungsgründen.
Wieck ist - ebenso wie Schmidt-Eenboom - der Überzeugung, dass der BND in Zukunft mehr Geld braucht, um die Bundesregierung umfassender über Krisen zu informieren. "Die Zeit ist vorbei, wo man von der Friedensdividende leben konnte, die nach dem Ende des Kalten Krieges eingetreten war", sagt Wieck. "Heute sind nicht nur auf der Krim und in der Ostukraine neue Risiken aufgekommen, sondern vor allem auch im Nahen und Mittleren Osten. Der Islamische Staat ist sozusagen die Inkarnation der Bedrohung des ganzen Raumes und das wird auch dazu führen, dass die Mittel des Nachrichtendienstes angehoben werden."