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Was die Bundesliga für den Klimaschutz tut

Calle Kops | Joscha Weber
20. September 2019

Hunderttausende demonstrieren für einen besseren Klimaschutz in Deutschland. Und am Wochenende pilgern Hunderttausende in die Stadien der Bundesliga - was einen erheblichen CO2-Ausstoß bedeutet. Was tun, Bundesliga?

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Fussball 1. Bundesliga / 1. FSV Mainz 05 - FC Augsburg 2:1
Bild: picture-alliance/dpa/R. Traut

Vor 13 Monaten hatte alles in Schwedens Hauptstadt Stockholm begonnen. Die Schülerin Greta Thunberg streikte für mehr Klimaschutz. Aus ihrem einsamen Protest vor dem Parlament wurde die weltweite Bewegung "Fridays for Future", die immer größerer Unterstützung aus allen Lebensbereichen erfährt, sei es aus der Politik, der Gesellschaft, der Wirtschaft - und auch der Welt des Sports.

Mainz 05 setzt Zeichen mit Sonderzug

Zu dem großen Aktionstag am Freitag kamen auch in Deutschland Hunderttausende Menschen an zahlreichen Orten zusammen, um für mehr Klimaschutz zu protestieren. Der von "Fridays for Future" initiierte dritte globale Klimastreik trifft in Deutschland auf das erste Spiel des fünften Bundesliga-Spieltags - Mainz 05 tritt beim FC Schalke 04 an. Die Gelegenheit lässt der FSV nicht aus, um Haltung zu zeigen. Als selbsternannter erster klimaneutraler Verein der Bundesliga unterstützen die Mainzer die Initiative "Fridays for Future" mit einem Zeichen für Nachhaltigkeit und für den Schutz der Umwelt und bieten 500 Fans eine klimafreundliche Anreise in einem stark subventionierten Sonderzug an.

Die Fans davon abzuhalten mit den eigenen Autos nach Gelsenkirchen zu reisen ist ein einfacher und effektiver Ansatz im Sinne des Umweltschutzes. Jan Lehmann, kaufmännischer Vorstand beim FSV, erklärt dazu: "Wir arbeiten im gesamten Verein daran, Ressourcenverbrauch zu vermeiden und zu minimieren und kompensieren dort, wo wir mit unserem Handeln den Verbrauch von Ressourcen nicht vermeiden können." Man unterstütze ausdrücklich die Ziele von "Fridays for Future", um die gemeinsame Verantwortung für das Weltklima zu stärken und das Bewusstsein hierfür zu schärfen.

Streich: "Beschämt den Kopf abwenden"

Auch einige weitere Fußball-Bundesligisten unterstützen den globalen Klimastreik der Initiative "Fridays for Future". Neben Mainz 05 stellten unter anderem der SC Freiburg und Werder Bremen ihre Mitarbeiter für die Teilnahme an Demonstrationen und Kundgebungen am heutigen Freitag frei. Ihnen sollte damit die Gelegenheit gegeben werden, persönlich "Flagge zu zeigen" für den Klimaschutz. So würde Julian Nagelsmann ein Auge zudrücken, sollte einer seiner Spieler für eine Klima-Demo das Training schwänzen. "Wenn es für eine gute Sache ist, könnte ich darüber hinwegsehen. Ich glaube, wir wohnen auf einem sehr schönen Planeten. Ich glaube, dass wir eine tolle Welt haben, die sollten wir auch erhalten", sagte der Coach von RB Leipzig.

Christian Streich, der Trainer der Freiburger, ist bekannt dafür, dass er sich mit seiner Meinung nicht zurück hält, auch nicht zum Thema Klimaschutz. Es gebe im Profifußball noch "eine große Diskrepanz" bei der Umsetzung, sagte der 54-jährige Coach: "Wenn die Kinder mit mir reden und fragen würden: 'Sag' mal, wie sieht es eigentlich bei dir aus?' Dann müsste ich das ein oder andere Mal beschämt den Kopf abwenden." Aber genau darum gehe es, so Streich, "dass es ausgesprochen wird, dass ein Bewusstsein geschaffen wird". Die Bewegung "Fridays for Future" habe "eine große Berechtigung".

Solardächer, Brunnen und Wärmepumpen in den Stadien

Aber was tut die Bundesliga selbst? Es gibt erste Ansätze für Klimaschutz bei Vereinen und Fans. Viele Anhänger fahren inzwischen mit Bahnen und Bussen zu den Spielen. Das Weserstadion von Werder Bremen verfügt über eine ins Stadiondach eingebaute Photovoltaik-Anlage, aus 200.000 Solarzellen, mit der Strom für 300 Haushalte erzeugt werden kann. Auch Borussia Dortmund hat eine ähnliche Anlage. Der FC Augsburg ist stolz auf seine "erste CO2-neutrale Arena der Welt", die mit Wasser und Wärmepumpen klimaneutral geheizt und gekühlt wird. Borussia Mönchengladbach hat einen eigenen Brunnen auf dem Vereinsgelände, mit dem der Verein Wasser fördert, um den Trinkwasserverbrauch zu reduzieren und die Rasenplätze ressourcenschonend zu bewirtschaften. Und der VfL Wolfsburg hat die Beleuchtung mit LED-Leuchten erneuert, bezieht jetzt Öko-Strom und plant - ganz im Sinne von Sponsor Volkswagen - zahlreiche Ladestationen für Elektroautos rund ums Stadion. 

Doch demgegenüber steht ein gewaltiger Ausstoß von Klimagasen, die durch einen Bundesliga-Spieltag in die Atmosphäre gepustet werden. 7.753 Tonnen CO2 verursachen die Fans mit ihrer Anreise zu den Stadien an jedem der 34 Spieltage, hat Patrick Fortyr von der Klimaschutzberatung CO2OL in Bonn in einem Klima-Special des Deutschlandfunks ausgerechnet. Um diese Menge an CO2-Emissionen auszugleichen, müsste man eine Fläche von nicht weniger als 48 Fußball-Feldern mit Bäumen bepflanzen - an jedem Spieltag wohlgemerkt. Der ökologische Fußabdruck der Bundesliga ist also durchaus beträchtlich. 

Höwedes zeigt Sympathie

Man kann der Bundesliga also die Frage stellen, wie ernst sie es meint mit dem Klimaschutz. Alles nur nette PR-Aktionen für ein grünes Image? Oder steckt mehr dahinter? Die Beteiligten betonen: Ein Anfang ist gemacht. So will die TSG Hoffenheim ein Zeichen setzen und ihre eigenen CO2-Emissionen mit einem Baumprojekt in Uganda ausgleichen. Und manch einer unterstützt aus der Ferne: Weltmeister Benedikt Höwedes bezog frühzeitig Stellung, indem er seine Sympathie für die Schülerbewegung "Fridays for Future" öffentlich machte. "Wenn ich könnte, würde ich jedem Einzelnen eine persönliche Entschuldigung für die Schule schreiben", schrieb der Abwehrspieler in einer Kolumne für das Nachrichtenportal "t-online.de".

Der 31 Jahre alte ehemalige Bundesliga-Profi, derzeit bei Lokomotive Moskau unter Vertrag, hofft, dass die Protestwelle anhält: "Es ist eine Bewegung, die auf das Fehlen in der Schule eine klare Antwort hat: Wenn ihr Erwachsenen nicht euren Job macht, dann müssen wir es machen." Weiter schrieb Höwedes: "Es ist eine Jugend, die mit Facebook und Twitter aufgewachsen ist und erkennt, dass ein Like nicht die Welt verändert, wohl aber Massendemonstrationen." Der Fußballprofi bedankte sich bei allen Schülern, die an der Bewegung teilnehmen. Und der globale Klimastreik ist ein weiterer Höhepunkt dieser Bewegung.