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FußballOzeanien

Was bleibt in Australien von der WM 2023?

Janek Speight
19. August 2023

Die "Matildas" haben mit ihrem vierten Platz der Heim-WM eine ganze Nation begeistert. Die australische Öffentlichkeit war noch nie so vernarrt in den (Frauen-) Fußball.

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Die australischen Fußballerinnen sprinten jubelnd über den Platz
Die "Matildas" sorgten für eine Welle der Euphorie in AustralienBild: Darren England/AAP/IMAGO

Die Worte des ehemaligen australischen Nationaltrainers Ange Postecoglou im Jahr 2017 waren prophetisch: 'Ich möchte, dass sie über unser beeindruckendes Spiel sprechen. Ich möchte verdammt nochmal, dass sie über uns sprechen." Das sagte er vor dem Confederations Cup, um seine Mannschaft zu motivieren. Nun, bei der WM 2023, hat sich die Prophezeihung in Down Under bewahrheitet. Auch wenn am Ende - nach einem 0:2 im Spiel um Platz drei gegen Schweden - "nur" der vierte Platz bei der WM heraussprang. 

Über Jahrzehnte hinweg wurde der Fußball in Australien ignoriert und vernachlässigt. Doch dank der Matildas, der australischen Frauenmannschaft, erwacht nun die ganze Nation. Die Weltmeisterschaft 2023 hat Australien stärker als je zuvor für den Fußball begeistert: Die Ticketverkäufe haben die Erwartungen übertroffen, ebenso die TV-Einschaltquoten.

Doch das könnte erst der Beginn einer großen Entwicklung sein, sagte Vize-Kapitänin Steph Catley der DW: "Das darf hier nicht enden. Viele junge Mädchen und Jungen möchten spielen und benötigen Finanzierung und Ressourcen, um auf höchstem Niveau Großartiges für unser Land und den Fußball zu erreichen."

Engländer brachten den Fußball nach Australien

Ein Beispiel: Newcastle, die historische Hochburg des australischen Fußballs, wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts von englischen und schottischen Einwanderern, die in der örtlichen Kohleindustrie arbeiteten, mit dem Fußballvirus infiziert. Dennoch stand der Fußball lange Zeit im Schatten dominanterer Sportarten wie Rugby und Australian Rules Football - die zudem großzügige finanzielle Unterstützung erhielten. Davon sind die Fußballklubs weit entfernt. 

Die Vereine in der Region Newcastle etwa legen die Betriebskosten auf die Eltern um: Eine Saison im Akademieprogramm der dortigen Jets kostet 2.700 Australische Dollar (1.588 Euro). "Wir hinken finanziell immer noch weit hinter dem Rugby League her", betont Ryan Campbell, Leiter der Mädchenakademie der Newcastle Jets. "Angesichts des wachsenden Erfolgs des Frauenfußballs müssen wir dringend in Finanzierung, Infrastruktur und Einrichtungen investieren, um nicht den Anschluss zu verlieren."

Emily Van Egmond mit Fans
Emily van Egmond startete ihr Karriere bei den Newcastle JetsBild: Darren Pateman/AAP/IMAGO

Dennoch glaubt Campbell, dass die Ausrichtung der WM 2023 und der beeindruckende Lauf der Matildas bis auf Platz vier echte Veränderungen anstoßen könnten. "Es ist wichtig, auf dieser Welle mitzuschwimmen. Die Weltmeisterschaft zieht die Aufmerksamkeit auf sich, nicht nur die Spiele der Matildas", sagt er. "Hoffentlich wird dies die Regierungen dazu bringen, sich verstärkt für den Fußball einzusetzen."

Matildas-Star Emily van Egmond gab bereits mit 15 Jahren bei den Newcastle Jets ihr Debüt und jonglierte zwischen Schule, morgendlichem Training, Hausaufgaben und weiten Reisen innerhalb des Bundesstaates New South Wales zu den Wochenendspielen. Genau diese Van Egmond war maßgeblich am Erfolg der Matildas bei der WM beteiligt, stand in vier Spielen in der Startelf und schoss ein Tor. Sie hat die viertmeisten Länderspiele für Australien absolviert und war bei insgesamt vier Weltmeisterschaften dabei.

Inspiration für die nächste Generation

Das Interesse in Down Under an dem WM-Turnier der Frauen war besonders groß. Etwa 11,5 Millionen Australierinnen und Australier verfolgten die 1:3-Niederlage der Matildas gegen England im Halbfinale . Die durchschnittliche Zuschauerzahl von 7,13 Millionen ist die zweithöchste nach Cathy Freemans Sieg über 400 Meter bei den Olympischen Spielen in Sydney 2000.

Und diese Erfolge der Matildas strahlen auf den Nachwuchs aus. Für die 15-jährige Jets-Akademiespielerin Isabella Walshe war es ein Schlüsselerlebnis, zu sehen, wie Van Egmond und die Matildas Australien bei dieser WM begeisterten. "Ich hatte mit vielen Zuschauern gerechnet, aber nicht mit der Hälfte des Landes". Sie erwartet, dass der Fußball weiterhin wächst und sich verbessert, die anderen Sportarten übertrifft und in der Zukunft eine bedeutende Rolle spielt.

Die Newcastle Jets sind der einzige A-League-Verein mit einer Mädchen-Akademie. Zumindest hier können Mädchen unter den gleichen Bedingungen trainieren wie Jungen. Die höchste Spielklasse des Landes, die A-League Women, nähert sich langsam professionellen Standards an. Doch die Spielerinnen sind weiterhin gezwungen, einen Zweitjob anzunehmen. Die durchschnittliche Zuschauerzahl liegt bei nur 1250.

"Offiziell ist es eine Profiliga, aber die Finanzierung und die Löhne rechtfertigen das nicht. Ich hoffe, dass nach dieser WM die Leute auf den Zug aufspringen und diese Spieler unterstützen wollen", sagte Campbell. "Wir müssen den nächsten Schritt machen, damit sich alle Spieler zwölf Monate im Jahr auf den Fußball als ihren Beruf konzentrieren können.

Politik, Medien und Unternehmen im Rampenlicht

Viele einheimische Politiker haben versucht, von der derzeitigen Popularitätswelle der Matildas zu profitieren, darunter auch der australische Premierminister Anthony Albanese, der im Hinblick auf zukünftige Finanzierung sagte: "Wir werden sehen, was passiert."

Die große Herausforderung für Fußballbefürworter ist es nun, sie zu Taten zu bewegen. Der ehemalige Fußballspieler Craig Foster ist besonders entschlossen, den Druck aufrechtzuerhalten. "Jeder Abgeordnete, der ein 'Go Matildas'-Schild hochgehalten oder einen Tweet mit 'Tillies till I die' abgesetzt hat, hat Quittungen – und ich habe sie alle aufbewahrt. Ich werde in Zukunft auf euch zukommen, denn solche Handlungen haben Konsequenzen", sagte Foster gegenüber der Canberra Times.

Spielszene: Die Australierin Sam Kerr jubelt
Sam Kerr und ihre Mitspielerinnen inspirieren die nächste Fußballerinnen-GenerationBild: Brendon Thorne/Getty Images

Auch Stürmerin Sam Kerr hat sich lautstark in den Chor derer eingereiht, die eine sinnvolle Veränderung fordern. Sie sagte: "Wir haben vor der Weltmeisterschaft darüber gesprochen, dass wir ein Vermächtnis hinterlassen wollen und dass man noch in zehn, 20 Jahren über diesen Moment sprechen wird", sagte sie. "Es fühlt sich wirklich so an, als hätten wir die Nation durch den Fußball zusammengebracht."

Kerr und ihre Teamkolleginnen haben genau das erreicht – sie haben etwas Besonderes in Bewegung gesetzt. Das ganze Land spricht über die Matildas, über ihr Spiel. Jetzt ist es an der Zeit, dass die Verantwortlichen ihren Teil der Vereinbarung erfüllen.

Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert.