Warum Ramses II. der mächtigste Pharao Ägyptens war
12. Juli 2024Er war wohl ziemlich eitel, aber ein Pharao, Herr und Beschützer Ägyptens, Mittler zwischen den Menschen und Göttern, kann sich das erlauben. Dass sich Ramses II. dem Gedächtnis der Nachwelt so sehr eingebrannt hat, liegt nicht nur daran, dass er nach seinem Tod einbalsamiert und für die Ewigkeit konserviert wurde, sagt einer, der es wissen muss, der renommierte Archäologe und ehemalige Minister für Altertümer, Zahi Hawass: "Ramses war ein großer König, ein Krieger. Er gewann viele Schlachten, und er war der erste Mensch in der Geschichte, der einen Friedensvertrag aufsetzte. Und natürlich war er ein großer Baumeister, überall hat er Spuren hinterlassen."
Hawass ist Kurator der Wanderausstellung "Ramses und das Gold der Pharaonen", die nach Sydney und Paris jetzt in Köln gastiert. "Unsere moderne Welt unterscheidet sich so sehr vom alten Ägypten. Mit dieser Ausstellung werden die Gäste in die Welt von Ramses eintauchen und eine völlig andere Lebensweise entdecken", sagt er.
Ramses, der Kriegsherr
Fast 67 Jahre lang herrschte Ramses II. (1279 bis 1213 vor Christus) über das Großreich am Nil. Am Anfang seiner Regierungszeit musste er sich, wie schon sein Vater Sethos I. vor ihm, gegen libysche Stämme im Nordwesten und gegen das mächtige Hethiter-Reich verteidigen, das heute ungefähr das Gebiet der Türkei, Syriens und des Libanon umfasst. Bereits als Kind hatte man ihn im Kriegshandwerk unterrichtet, an der Seite seines Vaters zog er als Bogenschütze auf einem Streitwagen gegen die Nachbarvölker.
Er war 25 Jahre alt, als er selbst zum Pharao gekrönt wurde. Einer seiner berühmtesten Feldzüge in seiner Zeit als Pharao war die Schlacht um die bedeutende Handelsstadt Kadesch. Unter seinem Kommando marschierten etwa 20.000 Krieger gegen den Feind, flankiert von 2000 Streitwagen. Es war das wohl größte Heer, das ein Pharao je aufgestellt hat. Und doch hätte er fast eine verheerende Niederlage einstecken müssen. Denn Ramses wähnte den Sieg sicher, allerdings fiel er auf Spione herein, die ihm erzählten, die Hethiter wären noch weit vom Lager seiner Streitkräfte entfernt. In Wirklichkeit lagen sie im Hinterhalt auf der Lauer. Erst im letzten Moment traf Verstärkung für die Ägypter ein und die Schlacht endete unentschieden.
PR-Stratege der Antike
Für den Pharao war das keine Option: Er wies seine Bilderhauer an, in ganz Ägypten Tempelinschriften zu meißeln, die seinen Sieg verkündeten. "Ich bezwang alle Fremdländer, ich allein, als mich meine Truppen und Wagenkämpfer verlassen hatten“, diktiert er seinen Schreibern. Heute würde man wohl von Fake News sprechen. Nur dank einer hethitischen Inschrift kam später die Wahrheit ans Licht.
Ramses war aber nicht nur ein Meister der Selbstdarstellung; er schaffte es 16 Jahre später auch, mit den Hethitern den ersten überlieferten Friedensvertrag der Weltgeschichte auszuhandeln. Die einst verfeindeten Gegner versprachen, sich künftig niemals mehr anzugreifen und besiegelten sogar einen Beistandspakt. Eine Kopie des Vertrags liegt heute im UN-Hauptgebäude in New York.
Der Pharao als emsiger Baumeister
Dank des Bündnisses konnte sich Ägypten auf den kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung konzentrieren - und Ramses II. sich ganz seinen Superbauten widmen. Wohl kein anderer Pharao ließ so viele Bauwerke aus dem Nichts stampfen. Eine neue Hauptstadt gehörte auch dazu: "Pi-Ramesse" (Haus des Ramses). Sein gigantischer Grabpalast, das Ramesseum in Theben-West, nahe der modernen Stadt Luxor, beherbergte eine Bibliothek mit mehr als 10.000 Papyrusrollen. Dort ließ er sich auch als gigantische Steinstatue verewigen, 1000 Tonnen schwer und 17 Meter hoch. Zu Ramses’ berühmtesten Werken zählen die Tempel von Karnak, Luxor und das in den Fels gehauene Abu Simbel.
Der Pharao ließ sich für seine Monumentalbauten von seinem Volk feiern und erwarb sich schnell den Beinamen "Ramses der Große". Er heiratete acht Frauen und hatte 100 Kinder. Seine 66 Jahre währende Herrschaft in der 19. Dynastie gilt als Höhepunkt der Herrlichkeit und Macht des Reiches. Über sich selbst befand der Pharao: "Er hat alles übertroffen."
Ramses Mumie ging nur einmal auf Reisen
Erst im Jahr 1213 vor Christus zog Ramses II. ins Totenreich ein. Er wurde 90 Jahre alt. Seine Mumie ist bis heute erhalten. Nur einmal hat der Pharao seine Heimat verlassen - 1976 wurden seine Überreste zur Konservierung nach Paris gebracht, weil sie zu verfaulen drohten. Damals wurde Ramses II. wie ein hoher Staatsgast empfangen, sogar Salutschüsse donnerten zur Begrüßung in den Himmel. Heute ruht seine Mumie im Museum in Kairo.
Bei der Kölner Ausstellung kann man nur seinen Zedernsarg bewundern, geschmückt mit Hieroglyphen, die dem Pharao huldigen. Der Sarg ist im Laufe der Jahrtausende mehrfach umgezogen, um ihn vor Grabräubern zu bewahren. Allerdings mit wenig Erfolg. "Ein Pharao wie Ramses - können Sie sich vorstellen wie unermesslich reich der war? Ursprünglich war der Sarg wohl mit Gold und Edelsteinen verziert", so Hawass gegenüber der DW. Daneben zeugen Statuen, die ihn oder Familienmitglieder zeigen, opulente Schmuckstücke, Tiermumien und Totenmasken von einer längsten vergangenen Welt.
Hatte John Norman, Geschäftsführer der diese Schau organisierenden "World Heritage Exhibitions", Alpträume bei dem Gedanken, den Original-Artefakten könnte auf ihrer Reise nach Köln etwas zustoßen? "Nein, sagt er der DW, "die Sorgfalt, mit der wir diese Objekte behandeln, gleicht im Grunde einer militärischen Operation mit allen Sicherheitsmaßnahmen."
Ausstellungserlös fließt ins archäologische Erbe
Ramses II. hätte sich bestimmt nicht vorstellen können, dass seine Schätze 3000 Jahre nach seinem Tode dem gewöhnlichen Volk gezeigt würden. Die Grabbeigaben sollten ihn ins Jenseits begleiten, wertvolle Kunstwerke waren der Oberschicht vorbehalten. Die Störung der Grabruhe soll gar mit einem Fluch belegt sein.
Warum also hat Ägypten die Kostbarkeiten auf den Weg geschickt? Der Grund ist einfach: "Wir brauchen Geld für die Konservierung", sagt Zahi Hawass der DW. "Keine Zivilisation, weder die Griechen, die Römer, die Juden, Christen oder Muslime, haben solche Monumente wie die Pharaonen hinterlassen. Man braucht Millionen, um sie zu erhalten."
Die Ausstellung, fährt er fort, soll die Besucherinnen und Besucher außerdem dazu animieren, eines Tages selbst nach Ägypten zu reisen und Geld in die Staatskassen zu spülen. Und der kämpferische Ägyptologe Zahi Hawass wäre nicht er selbst, würde er nicht auch in Köln sein Herzensanliegen vortragen: "Wir wollen Nofretete zurück. Ich bin nicht hinter anderen ägyptischen Kunstwerken aus Deutschland her. Sie können sie in München oder Berlin lassen, aber ein Artefakt wollen wir zurück, das nicht rechtens hier ist: die Nofretete."
Die Ausstellung "Ramses und das Gold der Pharaonen“ läuft vom 13. Juli 2024 bis 6. Januar 2025 im Kölner Odysseum.