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Walschützer warnen vor legalem Walfang

21. Juni 2010

Im Streit um den Walfang zeichnet sich ein Kompromiss ab - allerdings nicht zugunsten der Wale. In Agadir beraten 88 Nationen bei einer Tagung der Internationalen Walfangkommission über die Zukunft der Meeressäuger.

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Ein Arbeiter trennt die Haut eines Wales vom Körper ab (Foto: dpa)
Mit neuen Regeln für den Walfang beschäftigen sich Vertreter von 88 Nationen bei einer Tagung in AgadirBild: picture-alliance/dpa

Fast ein Vierteljahrhundert waren die Giganten der Meere wenigstens juristisch geschützt, jetzt steht das Verbot des kommerziellen Walfangs auf der Kippe. In Agadir berät die Internationale Walfangkommission (IWC) seit Montag (21.06.2010) über die Einführung von Fangquoten.

Die Vertreter der Teilnehmerstaaten tagen fünf Tage lang in der marokkanischen Stadt. Japan hat mit dem Austritt aus dem Gremium gedroht, sollte das seit 1986 international gültige kommerzielle Fangverbot nicht gelockert werden. Tierschützer reagieren auf den Plan geschockt: Sie sind strikt gegen den vorgeschlagenen Walfang im Südpolarmeer.

Fangquoten sind in der Diskussion

Eine Detailansicht des geschäftigen Treibens im Hafen von Agadir mit Blick auf unzählige Fischerboote (Foto: ZB)
Veranstaltungsort Agadir gilt in Marokko als eines der FischereizentrenBild: picture-alliance/ZB

Doch die Re-Legalisierung des Walfangs ist anscheinend nicht mehr zu stoppen: Seit einigen Wochen zirkuliert ein Kompromisspapier unter den 88 IWC-Mitgliedsstaaten. Darin wird vorgeschlagen, das kommerzielle Fangverbot für die Meeressäuger für zehn Jahre aufzuheben und erstmals Fangquoten festzulegen, um den Walfangnationen Japan, Norwegen und Island entgegenzukommen. Walschützer reagieren auf diesen Kompromissvorschlag geschockt - und die Befürworter des Vorschlags erklären, dadurch würden in den nächsten zehn Jahren 5.000 Tiere gerettet.

Besonders der Vorschlag, den Walfang in antarktischen Gewässern begrenzt wieder einzuführen, sorgt bei Umweltschutzorganisationen und manchen IWC-Ländern für ungläubiges Kopfschütteln. "Wenn es auf der Welt einen Ort gibt, wo Wale unbedingt geschützt werden müssen, ist es das Südpolarmeer", kommentierte WWF-Artenschutzexperte Volker Holmes die Pläne. Viele der stark geschrumpften Großwalpopulationen seien für die Suche nach Nahrung vollständig auf die antarktische Meeresregion angewiesen.

In die Sushi-Bar statt ins Labor

Walfang in Japan (Foto: AP)
Nur für wissenschaftliche Zwecke? Walfang in JapanBild: AP

Andere Gegner des Kompromisses kritisieren, die geplante Regelung würde die Jagd aus Profitstreben legalisieren und eine sterbende Industrie künstlich am Leben erhalten. Der stärkste Protest gegen den geplanten Kompromiss kommt von den Delegationen aus Australien und Deutschland. Auch die USA haben Zweifel angemeldet. Bedenken gibt es auch um den Verhandlungsführer der Konferenz, Anthony Liverpool. Er soll laut der "Sunday Times" von Japan bestochen worden sein. Liverpool, der Botschafter des Staates Antigua und Barbuda in Japan, bekommt nach Recherche des britischen Blattes die Reise nach und das Luxushotel in Agadir vom japanischen Staat bezahlt.

Kritiker monieren, dass das geltende Walfangverbot in der Praxis leicht zu umgehen ist, denn das Moratorium von 1986 hat zahlreiche Ausnahmen zugelassen. Beispielsweise ist der Walfang zu "wissenschaftlichen Zwecken" erlaubt. Skeptikern zufolge ist das aber nur ein Vorwand für den kommerziellen Walfang. Japans ungezügelte Jagd aus angeblich wissenschaftlichem Interesse samt erlaubter Verwertung der gejagten Tiere hat laut IWC dazu geführt, dass derzeit mehr Wale in Sushi-Bars landen als in Laboratorien von Forschern. Die Zahlen sind dramatisch: Seit Inkrafttreten des Moratoriums 1986 wurden nach Angaben des Animal Welfare Institute in Washington weltweit etwa 33.600 Wale getötet.

Island zwischen Walfang und EU-Naturschutz

Symbolbild mit Blick auf eine isländische Küstenstadt mit EU-Sternen (Grafik: dw)
Island will in die Europäische Union eintretenBild: picture-alliance/dpa/DW-Montage

Zu den Ländern, die das Walfang-Moratorium weiter aufweichen wollen, gehört auch Island. Dabei gehen die Isländer aus Sicht der Europäischen Union ein unrühmliches Bündnis mit Japan und Norwegen ein. Eigentlich hat Island sehr gute Voraussetzungen für einen schnellen EU-Beitritt, den die Isländer anstreben. Der Inselstaat im Nordatlantik gehört dem Europäischen Wirtschaftsraum sowie dem Schengen-Raum an. Da Island drei Viertel der notwendigen europäischen Gesetze bereits umgesetzt hat, empfahl die Europäische Kommission im Februar die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen.

In ihrem Bericht sagte die EU-Kommission aber auch klar, dass der Walfang mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar ist. Wale und Delfine sind in der sogenannten Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU gelistet. Damit dürfen die Tiere innerhalb der EU-Gewässer weder gefangen noch getötet werden - für die Isländer ein Thema mit großem Streitpotenzial.

Island fordert Ausnahmeklausel

Denn Reykjavik fordert eine Ausnahmeklausel und pocht auf den Walfang. Dabei ist die wirtschaftliche Bedeutung der Waljagd für den Inselstaat gering. "Es ist eher eine Frage der Unabhängigkeit, der emotionalen Befindlichkeit und des Nationalismus", sagt der isländische Politologe Eirikur Bergmann. Nach Angaben von Greenpeace hatten Islands Walfänger im vergangenen Jahr sogar Schwierigkeiten, die 1500 Tonnen harpunierten Walfleischs zu verkaufen.

Autor: Marcus Bölz (afp, dpa)

Redaktion: Dirk Eckert