Islamisten bei Wahlen in Tunesien vorn
7. Mai 2018An den ersten freien Kommunalwahlen in Tunesien seit der Revolution 2011 haben sich nur wenige Menschen beteiligt. Obwohl Staatschef Beji Caid Essebsi von einem historischen Tag für sein Land gesprochen hatte, wurde die Hoffnung auf eine rege Wahlbeteiligung enttäuscht. Nur 33,7 Prozent der 5,3 Millionen Wahlberechtigten Tunesier fanden den Weg zur Urne, in der Hauptstadt Tunis waren es sogar nur 26 Prozent, wie die offizielle Wahlbehörde ISIE mitteilte.
Umfragen zufolge liegt die islamisch-konservative Partei Ennahda (Wiedergeburt) des Philosophen und Predigers Rached Ghannouchi mit 27,5 Prozent klar vorn. Demnach kam die säkulare Partei Nidaa Tounes von Präsident Essebsi mit 22,5 Prozent auf Platz zwei, die übrigen Parteien gelten als weit abgeschlagen. Die offiziellen Ergebnisse sollen allerdings erst in den kommenden Tagen veröffentlicht werden.
Mindestens 53.000 Kandidaten, die Hälfte von ihnen Frauen und junge Leute, hatten sich in rund 350 Gemeinden zur Wahl gestellt. Den Umfragen zufolge könnte die Ennahda-Kandidatin Souad Abderrahim die erste Bürgermeisterin von Tunis werden.
Wenig Hoffnung für junge Leute
Tunesien gilt zwar als Musterland des Arabischen Frühlings, dennoch ist die Unzufriedenheit mit der Politik groß. Trotz demokratischer Reformen kämpft das nordafrikanische Land mit wirtschaftlichen Problemen. Anfang des Jahres kam es zu landesweiten Ausschreitungen und Protesten.
Ministerpräsident Youssef Chahed wertete die niedrige Wahlbeteiligung als "negatives Zeichen" und eine "deutliche Botschaft an die politisch Verantwortlichen". Vor allem junge Leute gingen am Sonntag kaum zur Wahl. Die Jugendarbeitslosigkeit in Tunesien beträgt nach Angaben der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) mehr als 35 Prozent.
jv/kle (afp, dpa, rtr)