Wahlen in Libyen stehen auf der Kippe
3. Juli 2021Der von den Vereinten Nationen entsandte Koordinator Raisedon Zenenga sagte, eines der drängendsten Probleme sei die noch immer fehlende Rechtsgrundlage für eine Abstimmung. Es habe auf dem Dialogforum in einem Hotel in der Nähe von Genf "hitzige Debatten" gegeben und einige Mitglieder hätten damit gedroht abzureisen.
"Das libysche Volk wird sich sicherlich im Stich gelassen fühlen", sagte Zenenga. Die Menschen hofften weiter darauf, ihre demokratischen Rechte auszuüben und am 24. Dezember wählen zu können. "Das ist kein gutes Zeichen für die Glaubwürdigkeit und Relevanz des Dialogforums."
Bundesaußenminister Heiko Maas und UN-Generalsekretär António Guterres hatten die libyschen Politiker im Juni bei einer Konferenz in Berlin aufgerufen, Differenzen zu überbrücken. "Nach jahrzehntelanger Diktatur und einem jahrelangen Konflikt wollen die Menschen Libyens endlich gehört werden", hatte Maas gesagt.
Seit zehn Jahren im Bürgerkrieg
Die Wahlen wären ein bedeutender Schritt in den internationalen Bemühungen, Libyen zu stabilisieren. Seit dem Sturz des Machthabers Muammar Gaddafi 2011 befindet sich das nordafrikanische Land in einem Bürgerkrieg. Besonders mächtig ist General Chalifa Haftar, der mit seinen Truppen und Verbündeten große Gebiete im Osten und Süden Libyens kontrolliert.
Seit dem vergangenen Jahr gilt jedoch eine Waffenruhe. In diesem Frühjahr wurde unter UN-Vermittlung eine Übergangsregierung gebildet. Sie wird von Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba angeführt und soll das Land bis Ende diese Jahres zu Wahlen führen. Für die Abstimmung gibt es jedoch bisher keine gesetzliche Grundlage.
Rückhalt aus dem Ausland
Die Konfliktparteien werden von unterschiedlichen ausländischen Mächten unterstützt. Haftar ist mit Russland, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten verbündet. Im Westen Libyens sind zudem türkische Truppen im Einsatz, die von der ehemaligen Regierung ins Land geholt worden waren, um einen Vormarsch Haftars bis in die Hauptstadt Tripolis zu verhindern.
Deutschland hat sich auch aus konkreten eigenen Interessen als Vermittler in den Konflikt eingeschaltet: Durch Libyen führen wichtige Routen für Flüchtlinge, die den Weg über das Mittelmeer nach Europa suchen.
haz/jj (dpa, rtr)