Wahldebakel für Japans Regierungschef Ishiba
Veröffentlicht 27. Oktober 2024Zuletzt aktualisiert 28. Oktober 2024Japans konservativer Ministerpräsident Shigeru Ishiba steht nach dem Verlust der Mehrheit seiner Regierungskoalition bei der Wahl zum Unterhaus des Parlaments vor einer ungewissen Zukunft. Seine von einem Parteispendenskandal erschütterte Liberaldemokratische Partei LDP und ihr Juniorpartner Komeito haben künftig nur noch 215 der 465 Sitze in der Kammer und verfehlten damit ihr Minimalziel, zumindest die Mehrheit zu behalten. Zuvor hatte das
Koalitionslager noch mit einer satten Unterhausmehrheit von 288 Mandaten regiert. Jetzt muss sich Ishiba um weitere Partner bemühen, um eine stabile Regierung formen zu können.
Ishiba war erst Anfang Oktober neuer Ministerpräsident geworden
Die größte Oppositionspartei, die Konstitutionelle Demokratische Partei Japans des früheren Ministerpräsidenten Yoshihiko Noda, konnte deutlich zulegen, hat aber auch keine Mehrheit.
Das Parlament muss nun innerhalb von 30 Tagen zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um dann beide Kammern über den Ministerpräsidenten abstimmen zu lassen. Sollte Ishiba gewählt werden, würde er ein neues Kabinett bilden. Sollte das Parlament jedoch einen neuen Regierungschef wählen, wäre Ishibas Amtszeit die kürzeste der japanischen Nachkriegszeit, wie japanische Medien am Tag nach der Unterhauswahl festhielten. Ishiba war erst Anfang Oktober neuer Ministerpräsident in Tokio geworden.
Oppositionslager in Japan stark zersplittert
Sollte bei der Abstimmung über den Ministerpräsidenten im Parlament niemand die Mehrheit erreichen, könnte es zu einer Stichwahl zwischen Ishiba und Noda kommen. Nodas Partei profitierte bei der Unterhauswahl vor allem vom Ärger der Wählerinnen und Wähler über den Parteispendenskandal der LDP. Es wird erwartet, dass die LDP und Nodas Partei damit beginnen, andere Oppositionsparteien zu umwerben, um eine Koalition oder ein Bündnis zu bilden. Das Oppositionslager in Japan ist stark zersplittert.
Skandale erschütterten Regierungspartei
Ishiba hatte kurz nach seiner Wahl zum LDP-Chef und seinem Amtsantritt als Regierungschef Anfang Oktober Neuwahlen angesetzt, um sich Rückhalt für seinen Reformkurs zu sichern. Die beiden Ämter sind eng miteinander verknüpft. Sein Vorgänger Fumio Kishida hatte im August seinen Rückzug angekündigt, nachdem die LDP nach einem Parteispendenskandal massiv an Popularität eingebüßt hatte. Zudem hat das Ansehen der Partei unter der hohen Inflation gelitten.
Der 67-jährige Ishiba hatte angekündigt, wirtschaftlich schwächere Regionen wiederzubeleben und der sinkenden Bevölkerungszahl in Japan mit familienfreundlichen Maßnahmen wie flexiblen Arbeitszeiten zu entgegnen. Er sprach sich zudem für eine regionale Militärallianz nach dem Vorbild der NATO aus - sagte jedoch auch, dass dies "nicht über Nacht geschehen" werde.
sti/kle/pg (rtr, afp, dpa, ape)
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