Wahl "Miss Germany": Mehr als ein Schönheits-Wettbewerb
Seit fast 100 Jahren wird in Deutschland die "Miss Germany" gewählt. Wie sich das Schönheitsideal über die Jahre gewandelt hat, zeigt ein kleiner Rückblick.
2022: Aktivistin Domitila Barros
Schönheitsideale unterliegen einem Wandel, das zeigt auch die Wahl zur "Miss Germany". Seit einigen Jahren zieht nicht mehr allein ein 'sexy' Auftritt in Bademode; gesucht sind Missanwärterinnen mit Mission. Domitila Barros ist eine von der UN ausgezeichnete Aktivistin, die für ihre eigene Modemarke in Brasilien Mütter beschäftigt. Der "Greenfluencerin" geht es auch um Nachhaltigkeit.
1927: Erste "Miss Germany"
Der Wettbewerb um die glitzernde Krone findet bereits seit 1927 statt. Die 21-jährige Hildegard Kwandt wurde im Berliner Sportpalast zur ersten "Miss Germany" überhaupt gekürt. Stolz trug sie einen Pelzmantel für das Siegerfoto. Badeanzug gehörte damals zum Standard. Die Jury bestand aus angesehenen Männern der Stadt, unter anderem dem Filmregisseur Fritz Lang und dem Bildhauer Ernesto de Fiori.
1931: Daisy d'Ora
Daisy d'Ora, so der Künstlername der adligen Baronesse von Freyberg, gewann 1931 die Wahl zur "Miss Germany". Als Schauspielerin hatte sie 1929 unter der Regie von Georg Wilhelm Pabst in dem Stummfilm "Die Büchse der Pandora" mitgewirkt - einem Welterfolg.
1950: "Fräuleinwunder" Susanne Erichsen
Susanne Erichsen wurde 1950 in der jungen Bundesrepublik zur zweiten "Miss Germany" nach dem Zweiten Weltkrieg gewählt. Das Berliner Fotomodell ging später in die USA und wurde zum Inbegriff des "Fräuleinwunders", also einer jungen, attraktiven, modernen, selbstbewussten und begehrenswerten Frau aus dem Nachkriegsdeutschland.
1956: Petra Schürmanns Traumkarriere
1956 gewann Petra Schürmann als erste Deutsche die Wahl zur "Miss World" in London. Dabei hatte sie zuvor bei der Wahl zur "Miss Germany" nur Platz 3 erreicht. Es folgte eine Karriere als Fernsehmoderatorin, Model und Schauspielerin. 2001 starb ihre Tochter bei einem tragischen Verkehrsunfall. Petra Schürmann zog sich danach weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück.
1957: Gerti Daub - die deutsche Grace Kelly
1957 wurde Gerti Daub in Baden-Baden zur "Miss Germany" gekürt. In der Nachkriegszeit galten 85-54-95 noch als Traummaße. Zu magere Körper wurden nicht gern gesehen. Bei der Wahl zur "Miss Europe" wurde sie Dritte und bei der "Miss Universe"-Wahl in Kalifornien belegte sie den 5. Platz. Die Hamburgerin wurde zum Schönheitsideal der späten 1950er Jahre und galt als "deutsche Grace Kelly".
1991: "Miss Germany" mit Kurzhaarschnitt
Ines Kuba wurde 1991 die erste "Miss Germany", die kurze Haare trug. Auf dem Foto gibt sie dem damaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher einen Kuss beim alljährlichen Presseball in Berlin.1998 unterstützte sie Helmut Kohl im Wahlkampf. Die ehemalige DDR-Bürgerin wollte eigentlich Kindergärtnerin oder Aerobic-Lehrerin werden, stieg dann aber beruflich ins "Miss"-Wahlen-Geschäft ein.
1993: Verona startet durch
Verona Pooth, die seinerzeit noch Verona Feldbusch hieß, legte 1993 mit der Wahl zur "Miss Germany" den Grundstein für ihre TV-Karriere. Im gleichen Jahr gewann sie auch die Wahl zur "Miss Intercontinental World". Zwei Jahre später legte sie sich den Titel "Miss American Dream" zu. Die Schärpe legte ihr damals übrigens der spätere US-Präsident Donald Trump um.
2016: Schön katholisch
Die 27-jährige Lena Bröder vereinte, was auf den ersten Blick vielleicht gegensätzlich wirkt: Sie war angehende Religionslehrerin und nahm gleichzeitig an diversen Schönheitswettbewerben teil. In ihrer Amtszeit als "Miss Germany 2016" traf sie unter anderem Papst Franziskus und veröffentlichte sogar ein eigenes Buch "Das Schöne in mir - Mit Glaube zum Erfolg". Ihr hat das geholfen.
2018: Spieglein, Spieglein an der Wand...
Anahita Rehbein gewann 2018 die Wahl zur "Miss Germany". Die 23-jährige Studentin aus Stuttgart wollte danach ihr Studium der Bildungswissenschaften für ein Jahr unterbrechen, um sich ganz auf ihre Aufgaben als amtierende Schönheitskönigin zu konzentrieren. "Ich könnte die ganze Welt umarmen", jubelte Anahita Rehbein nach der Wahl, die traditionsgemäß im Europapark Rust stattfand.
2020: Leonie Charlotte von Hase
Längst geht es bei der Wahl zur "Miss Germany" nicht mehr allein um Schönheit und eine gute Bikini-Figur. Persönlichkeit und "innere Werte" sind gefragt. Davon hatte Leonie von Hase einiges zu bieten: Sie ist Mutter und erfolgreiche Unternehmerin.
2021: Anja Kallenbach
2021 legte die Jury viel Wert auf "Diversity": In die Endauswahl schafften es etwa eine Doktorandin mit künstlichem Darmausgang, eine Zeugen-Jehovas-Aussteigerin und ein Opfer von sexueller Gewalt. Am Ende machte die 33-jährige Anja Kallenbach das Rennen. Ihre Botschaft: Frauen sollen alles machen, was sich gut anfühlt: "Egal wie alt man ist, wie man aussieht, egal was andere sagen".