Waffenruhe beginnt mit blutigem Auftakt
31. Juli 2020Trotz einer Waffenruhe, die seit Mitternacht (Ortszeit) gilt, reißt die Gewalt in Afghanistan nicht ab. Bei einer Explosion in der nordwestlichen Stadt Herat wurden nach Behördenangaben zahlreiche Menschen verletzt. Die Hintergründe sind unklar.
Die Regierung und die radikal-islamischen Taliban hatten sich wegen des islamischen Opferfests Eid al-Adha auf die Feuerpause verständigt. Wenige Stunden vor deren Beginn waren bei der Explosion einer Autobombe in der Zentralprovinz Logar mindestens 17 Menschen getötet worden. Die Islamisten dementierten umgehend, für den Anschlag verantwortlich zu sein.
Streitpunkt Haftentlassungen
Präsident Aschraf Ghani ordnete derweil die Haftentlassung von 500 weiteren Taliban an. Dies sei eine Geste des guten Willens, sagte Ghani während seiner Ansprache zum Eid-Fest. Er versprach, eine Loja Dschirga - eine große Versammlung - einzuberufen, um über die Freilassung von 400 anderen Häftlingen zu beraten. Da sie schwere Verbrechen begangen hätten, sei er nicht befugt, sie zu begnadigen.
Die Taliban hatten eine Amnestie für diese Gefangenen verlangt. Die Regierung setzte nach eigenen Angaben bisher 4600 der islamistischen Kämpfer auf freien Fuß; die Taliban ließen 1005 ihrer Geiseln frei. Der Gefangenenaustausch gilt als Vorbedingung für innerafghanische Friedensgespräche. Offiziell verhandeln die Taliban bis jetzt nur mit den USA. Ende Februar hatten sie mit US-Unterhändlern in der katarischen Hauptstadt Doha eine Friedensvereinbarung unterzeichnet.
Laut einer Analyse ist die Zahl der blutigen Angriffe gleichwohl anhaltend hoch. Zwar hätten die Taliban die internationalen Truppen im Land zuletzt nicht mehr attackiert, heißt es in einem Bericht des Generalinspekteurs für den Wiederaufbau Afghanistans, der dem US-Kongress untersteht. Allerdings griffen sie nach wie vor die Regierungsarmee an.
Für die Bevölkerung ist der Krieg in Afghanistan immer noch einer der gefährlichsten Konflikte weltweit. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden in der ersten Hälfte dieses Jahres mehr als 1200 Zivilisten getötet. Seit Januar flohen dem UN-Nothilfebüro zufolge mehr als 100.000 Menschen vor Gefechten aus ihren Dörfern.
jj/fab (dpa, afp, epd)