Waffengesetz: Neue Debatte in den USA
21. März 2019"So sehen wirkliche Taten im Kampf gegen Waffengewalt aus", twitterte der demokratische US-Senator Bernie Sanders. Die USA müssten dem Vorbild Neuseelands folgen.
Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern hatte nach dem Anschlag auf zwei Moscheen mit 50 Toten angekündigt, den Verkauf von Sturmgewehren und halbautomatischen Waffen per Gesetz zu stoppen. Eine Übergangsregelung soll zudem dafür sorgen, dass diese Waffen bis zum Inkrafttreten des Gesetzes nicht mehr verkauft werden.
Auch die prominente demokratische US-Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez lobte das schnelle Handeln der neuseeländischen Regierung, die innerhalb weniger Tage nach dem Attentat reagiert habe. "Sandy Hook ist sechs Jahre her, und wir bekommen noch nicht einmal den Senat dazu, über eine verpflichtende Überprüfung (möglicher Waffenkäufer) abzustimmen", twitterte sie. An der Sandy-Hook-Grundschule im US-Bundesstaat Connecticut waren vor sieben Jahren 20 Kinder und sechs Erwachsene erschossen worden.
Dana Loesch, Sprecherin der einflussreichen US-Waffenlobby NRA, twitterte dagegen, die USA seien nicht Neuseeland. "Sie haben kein unveräußerliches Recht auf Waffenbesitz und Selbstverteidigung, wir schon."
Sechs Opfer noch auf der Intensivstation
Bei dem rassistisch motivierten Anschlag während der muslimischen Freitagsgebete waren auch mehrere Dutzend Menschen verletzt worden. 28 von ihnen werden noch in verschiedenen Krankenhäusern behandelt, sechs davon auf der Intensivstation.
Als mutmaßlicher Täter sitzt ein 28 Jahre alter Rechtsextremist aus Australien in Untersuchungshaft. Ihm droht lebenslanges Gefängnis. Der Mann hatte seit 2017 einen neuseeländischen Waffenschein. Zumindest einen Teil der Waffen kaufte er übers Internet.
Abgrenzung von den USA
Mit dem Verbot drückt Ardern mächtig aufs Tempo. Die sozialdemokratische Premierministerin hatte zwar gleich nach der Tat eine Verschärfung der Waffengesetze angekündigt. Dies war allerdings erst später erwartet worden. Ardern grenzte sich damit auch von den USA ab. Dort wurde nach Massakern, auch in jüngster Zeit unter Präsident Donald Trump, immer wieder über strengere Regelungen diskutiert. Bislang gelang es der mächtigen Waffenlobby jedoch stets, dies zu verhindern. In Deutschland sind halbautomatische Waffen für Jagd und Sport erlaubt, wenn man dafür eine waffenrechtliche Erlaubnis hat.
120 Millionen Euro für die Rücknahme von Waffen
Solche Waffen gelten als besonders gefährlich, weil der Schütze zwar jedes Mal neu abdrücken muss, die nächste Patrone dann aber sofort und automatisch aus dem Magazin nachgeladen wird. Wer in Neuseeland solche Waffen besitzt, muss sie nun zurückgeben, soll aber vom Staat Geld dafür erhalten. Dafür stellt die Regierung umgerechnet bis zu 120 Millionen Euro zur Verfügung.
Verboten sind jetzt auch Zusatzteile, mit denen die Waffen schneller gemacht werden können. Ausnahmen - unter bestimmten Bedingungen - gibt es für Jäger und Bauern. Diese sogenannten Bump Stocks waren auch in den USA nach dem Amoklauf in Las Vegas im Dezember 2018 verboten worden.
Nach Schätzungen sind in Neuseeland mehr als 1,2 Millionen Schusswaffen im Umlauf. Wie viele davon halbautomatisch sind, ist nicht genau bekannt. Für Neuseeländer, die sich solche Waffen illegal angeschafft haben und nun zurückgeben, gibt es eine Amnestie.
Ardern schloss ihre Erklärung mit den Worten: „Kurz gesagt: Es wird jede Art von halbautomatischen Waffen, die bei dem Terroranschlag benutzt wurde, in diesem Land verboten.“
Auch von neuseeländischen Waffenbesitzern kam Zustimmung. Viele hatten nach dem Anschlag Gewehre bereits freiwillig zurückgegeben. Der Chef des Angler- und Jägerverbandes Fish and Game, Martin Taylor, sagte: „Das ist die richtige Entscheidung.“ Der Bauernverband Federated Farmers erklärte: „Die falschen Waffen dürfen nicht in die falschen Hände kommen.“
Beerdigungen im Gange
Nach Angaben der Polizei sind jetzt alle 50 Todesopfer identifiziert. Inzwischen haben die Beisetzungen begonnen. Für die Familien - fast alles Einwanderer, die erst in den vergangenen Jahren aus unterschiedlichen Ländern nach Neuseeland gekommen waren - geht damit eine lange Wartezeit zu Ende. Normalerweise werden Muslime innerhalb von 24 Stunden beigesetzt.
Am Freitag will ganz Neuseeland zur Zeit der Freitagsgebete der Opfer gedenken. Von 13.32 Uhr bis 13.34 Uhr (1.32 Uhr bis 1.34 Uhr MEZ) sind zwei landesweite Schweigeminuten geplant. Viele Neuseeländerinnen wollen als Zeichen der Solidarität ein Kopftuch tragen. Rund um Moscheen soll es Menschenketten geben. Zudem ist die Polizei mit zusätzlichen Kräften im Einsatz.
ni/stu (afp, dpa)