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GesellschaftDeutschland

VW in der Krise - es lebe die Nostalgie!

2. November 2024

Läuft und läuft und läuft er noch? Gerade in der Krise leben nostalgische Gefühle rund um VW und seine Verkaufsschlager Käfer, Bulli und Golf auf. Die Modelle haben das Wirtschaftswunder und Generationen geprägt.

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Deutschland | Volkswagenwerk in Wolfsburg 1955, inmitten einer Menschenmasse steht ein VW Käfer. Darüber der Schriftzug 1 Million
Und er läuft und läuft und läuft... Schafft es VW, im Zeitalter der Elektromobilität ein Modell zu entwickeln, das so beliebt wird, wie es der Käfer war?Bild: Herold/dpa/picture-alliance

Ist VW ein ganz normaler deutscher Autokonzern? Und sind Volkswagen ganz normale Autos? Für Generationen von Deutschen lautet die Antwort ganz eindeutig: nein.

Die Marke Volkswagen hat sich über Generationen in die kollektive DNA Deutschlands eingebrannt . Egal ob Käfer, Bulli, Golf, Caddy oder Passat: Volkswagen-Modelle lösen bei vielen vor 1990 in Deutschland geborenen Menschen Erinnerungen und Emotionen aus.

Denn die Marke hinaus. Egal ob Käfer, Bulli, Golf, Caddy oder Passat: Volkswagen-Modelle lösen bei den meisten Menschen hierzulande starke Erinnerungen und Emotionen aus.

Die Oma und Enkel fahren VW

Denn gefühlt war irgendwie jeder und jede schon einmal in einem VW unterwegs - sowohl Hippies als auch Omas, Raser und Polizisten, Feuerwehrmänner und Familien.

Wie schön war es, mit dem Käfer über die Alpen zu fahren, als es noch keinen Straßentunnel unter dem Sankt Gotthard gab! Wie schön, mit Freunden im Bulli nach Korsika aufzubrechen und dort die Ferien zu verbringen! Wie einfach konnte man mit einem Caddy spontan einen kleinen Umzug organisieren, denn Bett, Schrank oder Tisch passten locker auf die Ladefläche.

Made in Wolfsburg, Made in Germany

Dieser nostalgische Rückblick bleibt, erst recht in der aktuellen Krise. Er hat sich auf ewig in das deutsche kollektive Gedächtnis eingebrannt.

Damit nicht genug: Die Erfolgsgeschichte von Käfer, Bulli, Golf und Co. ist nicht nur die Erfolgsgeschichte von VW, sondern spiegelt auch Deutschlands wirtschaftlichen Wiederaufstieg nach dem Zweiten Weltkrieg wider. Sie atmet den Geist des deutschen Wirtschaftswunders.

"Volkswagen ist mehr als nur eine Automarke. Es ist auch ein Grundgefühl deutscher Sicherheit", schreibt Autor Jan Grossarth in der Tageszeitung "Welt". "VW steht für ein Urvertrauen in das Geschäftsmodell Deutschland."

Der Käfer: Vom Volkswagen zum Kultauto

Die Erfolgsgeschichte begann mit dem Käfer. Der von Adolf Hitler 1935 persönlich beauftragte  "Kraft-durch-Freude"-Wagenwurde nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges offiziell in Volkswagen umbenannt. Er entwickelte sich zum Verkaufsschlager und erlangte schließlich - ungeachtet seiner nationalsozialistischen Entstehungsgeschichte - weltweit Kultstatus.

Bereits im Dezember 1945 rollte das erste Nachkriegs-Exemplar vom Band. Zehn Jahre später waren bereits eine Million "Käfer" verkauft. Diese Bezeichnung bürgerte sich allerdings erst in den 1960er Jahren ein, als VW begann auch andere Modelle anzubieten.

Kultauto VW Käfer

Käfer, Beetle, Fusca - mit unterschiedlichen Namen eroberte das Auto dem luftgekühlten Boxermotor im Heck und der runden Kofferraumhaube vorne den Weltmarkt - in den USA, Brasilien, Mexiko und auch in China. Fast 22 Millionen Käfer produzierte und verkaufte VW weltweit - den letzte am 30. Juli 2003 in Mexiko.

Ende der 1990er Jahre versuchte VW mit dem Modell "New Beetle" an den Erfolg des Käfers anzuknüpfen. 2010 wurde es durch ein Nachfolgemodell ersetz. 2017 wurde die Produktion wegen zur geringer Verkaufszahlen einstellt.

In China gibt es seit zwei Jahren eine viertürige Käfer-Kopie mit Elektroantrieb: den sogenannten "Ora Baleimao" oder "Ora Ballet Cat" des chinesischen Autohersteller Great Wall Motors (GWM). Was aus deutscher Perspektive als Plagiat gilt, ist aus chinesischer Sicht eine "Hommage" an den Käfer.

Der Bulli - Lastenesel der Nation

Doch nicht nur der Käfer "läuft und läuft und läuft", wie es in einer berühmten Werbung von 1968 hieß. "Das sympathischste Gesicht der Automobilgeschichte" ist für den Autotester Christoph Bauer der Bulli: "Lastenesel, rollendes Zuhause, Feuerwehrauto, Taxi, Krankenwagen, Lifestyle-Mobile, es gibt nichts, was er nicht kann."

Technisch basiert der Kleintransporter T1 auf dem Käfer. Geplant war er für Handwerker, die Werkzeug und Material transportieren mussten. Zwischen 1950 und 1967 wurden er in Deutschland 1,8 Millionen Mal verkauft.

Lastesel - der VW Bulli

"Was den T1 so erfolgreich gemacht hat, war das Gefühl von Freiheit. Man konnte einfach ins Auto steigen und fahren, wohin man wollte", schwärmt Autotester Christoph Bauer. Und das gilt im Grunde auch noch für das inzwischen sechste Nachfolgemodell, den T7. Noch immer weckt ein Camping-Urlaub mit dem "Bulli", wie sie alle genannt werden, besondere Gefühle.

Der Golf: "Harmonie, die man fühlt"

Der nächste Schritt in der Erfolgsgeschichte der Marke VW - und damit auch der Marke Made in Germany - kam 1974 mit dem Golf, der mittlerweile in der achten Generation ausgeliefert wird. Mit bisher mehr als 35 Millionen verkauften Exemplaren gehört der Golf zu den meistverkauften Auto-Modellreihen der Welt.

Der Erfolg war so groß, dass ganze Kohorten mit dem Auto aufwuchsen. Der deutsche Schriftstelle Florian Illies gab ihr im Jahr 2000 mit seinem gleichnamigen Buch den Namen: Generation Golf, quasi die deutsche Generation X. 

In einem Video erklärt Golf-Designer Giogetto Giugiaro sein Erfolgsrezept: "Die abfallende Fronthaube, das steile Heck und die tiefe Gürtellinie des Autos. Das sind die Noten, mit denen ich das Lied komponiert habe. Und die ergeben eine Harmonie, eine Harmonie, die man nicht mit dem Kopf oder Verstand wahrnimmt, sondern, die fühlt man einfach."

50 Jahre VW Golf: eine Erfolgsgeschichte

Auch auf dem Weltmarkt war der Golf erfolgreich: Das Modell wurde in Brasilien, Südafrika, China und in den USA produziert und je nach landesspezifischen Bedürfnissen angepasst. Für Jan Linnenkamp, Vorsitzender der "Golf 1 Interessengemeinschaft", ist der Golf ein "klassenloses Auto": "Der Chefarzt ist mit dem Golf in die Klinik gefahren, der Briefträger hat damit seine Briefe ausgetragen, und die Sekretärin im Industriebetrieb ist im Golf zur Arbeit gefahren."

Und jetzt? Sollte ausgerechnet das Wirtschaftswunderkind VW ins Wanken geraten sein? Ist der Konzern Opfer seines eigenen Erfolgs geworden? Oder der Fehler und des Missmangements der jüngsten Vergangenheit? Und hält Deutschland, das über das Bundesland Niedersachsen an dem Autobauer beteiligt ist, zu Wolfsburg?

Auch wenn noch nicht abzusehen ist, ob und wie der Konzern aus der aktuellen Krise kommt - fest steht, dass seine Zukunft nicht nur eine Frage nostalgischer Gefühle ist, sondern auch ein Politikum - ein hoch emotionales.