Vorgeschichte einer Tragödie
27. Juli 2013Bis heute dauert das Drama auf der koreanischen Halbinsel an. Seine Anfänge reichen zurück bis ins späte 19. Jahrhundert. Damals hatte Japan den Rivalen China und dessen Verbündeten Korea in einem Krieg besiegt. Seitdem griff die japanische Administration tief in die Geschicke Koreas ein.
Trotz massiven Widerstands gelang es Korea nie aus eigener Kraft, die japanische Herrschaft abzuschütteln. Die Kolonialherrschaft endete erst 1945 mit Japans Niederlage im Zweiten Weltkrieg.
Korea im Kräftespiel der Großmächte
Diese Niederlage hatten vor allem die USA herbeigeführt. Mit Blick auf Korea hatte Amerika gemeinsam mit Großbritannien und China 1943 auf der Konferenz von Kairo (siehe Artikelbild: v.l. Chiang Kai Shek, Franklin D. Roosevelt und Winston Churchill) erklärt: "Die drei Großmächte sind sich der Versklavung des koreanischen Volkes bewusst und entschlossen, dass zu gegebener Zeit Korea frei und unabhängig sein soll." Es kam jedoch anders.
Bereits ein Jahr später hatten sich die Prioritäten nämlich verändert. Franklin D. Roosevelt, Winston Churchill und Josef Stalin trafen sich in Jalta, um über die Aufteilung Deutschlands und die Machtverteilung in Europa nach dem Ende des Krieges zu verhandeln. Da die USA fürchteten, der Krieg gegen Japan könnte sich noch Jahre hinziehen, versuchten sie, den sowjetischen Diktator Stalin für den Kampf gegen Japan zu gewinnen. Um die UdSSR zu ködern, wurden ihr die Kontrolle über die Inselkette der Kurilen, den Süden von Sachalin, Teile der mongolischen Volksrepublik, sowie über die Mandschurei und Koreas Norden zugestanden. Man einigte sich auf eine Teilung Koreas entlang des 38. Breitengrads.
Misstrauen und Stillstand
Im August 1945 rückte die Rote Armee in Korea ein und stieß von Norden bis zum 38. Breitengrad vor. Die USA landeten erst nach der Kapitulation Japans und brachten den Süden des Landes unter ihre administrative Kontrolle. Am 6. September wurde von Korea die einheitliche Volksrepublik Choson proklamiert, an deren Spitze eine provisorische gesamtkoreanische Regierung stand, bestehend aus links- und rechtsnationalen Gruppen.
In Korea zeigte sich – wie auch im Rest der Welt – bald die Unfähigkeit der USA und der Sowjetunion, gemeinsam eine Nachkriegsordnung zu etablieren. Hinzu kam das anfängliche Desinteresse der Großmächte an Asien. Alle Blicke waren auf Europa gerichtet. In den strategischen Überlegungen der USA etwa kam das ostasiatische Festland nur am Rande vor, wie die viel beachtete Perimeter-Rede des damalige US-Außenminister Dean Acheson illustriert. Darin nannte er im Zusammenhang mit den amerikanischen Sicherheitsinteressen in Asien Japan, die Philippinen und Taiwan, erwähnte aber weder Korea noch Vietnam.
Bruch des "unnatürlichen Bündnisses"
In der Weltpolitik trat der endgültige Bruch des "unnatürlichen Bündnisses" zwischen den USA und der Sowjetunion bald zutage. In der provisorischen Regierung Koreas gab es vergleichbare Differenzen zwischen ihren führenden Köpfen, dem linksnationalen Yo Un Hyong (auch Lyuh Woon Hyung) und dem rechtsnationalen Rhee Syng Man.
Nach zwei Dutzend ergebnislosen Konferenzen zwischen den Sowjets und den USA war schließlich klar, dass es weder eine langfristige Perspektive noch eine konkrete Aussicht auf eine Wiedervereinigung Koreas gab. Als letzte Lösung nahm 1947 eine provisorische Kommission der UNO ihre Arbeit auf, um gesamtkoreanische Wahlen vorzubereiten. Die Kommission wurde allerdings von den Sowjets nicht anerkannt. Nach dem Scheitern auch dieses Versuchs kam es zu separaten Wahlen im Norden und Süden des Landes.
Zwei Republiken
Am 15. August 1948 wurde im Süden die Republik Korea ausgerufen. Ihr erster Präsident wurde Rhee Syng Man, der Wunschkandidat der USA. Im September des gleichen Jahres zog der Norden nach. Die Demokratische Volksrepublik Korea unter der Führung Kim Il Sungs wurde gegründet.
In den folgenden Jahren versuchen beide Regierungen sich als rechtmäßige Führer Gesamtkoreas zu etablieren. Der Norden setzte mit einer Bodenreform, der Verstaatlichung von Banken, Industrie und Transportwesen sowie rücksichtslosen Säuberungen in den eigenen Reihen ganz auf den kommunistischen Umbau der Gesellschaft. Im Süden führte die Furcht vor kommunistischer Unterwanderung zu mehr und mehr Repression. Rhee hatte Schwierigkeiten sich zu etablieren, da er auf Betreiben der Amerikaner Teile des von den Japanern installierten Herrschaftsapparats unangetastet ließ. Diese Makel versuchte er unter anderem durch seinen extremen Nationalismus auszugleichen.
Radikaler Nationalismus
"Befreiungs- und Wiedervereinigungsutopien bestimmten in Nord- wie in Südkorea die Debatten, wobei nur schwer zu entscheiden war, wer die radikaleren Vorschläge machte", so der Historiker Bernd Stöver in seiner "Geschichte des Koreakriegs". Sowohl der Süden als auch der Norden versuchten, ihre jeweiligen Schutzmächte zu einem Krieg zu überreden, um die Herrschaft über Gesamtkorea zu erstreiten.
Da die Amerikaner einen Alleingang Rhee Syng Mans fürchteten, verzichteten sie auf eine militärische Aufrüstung Südkoreas. Im Gegensatz dazu zögerte die UdSSR nicht, Kim Il Sung mit Panzern, schwerer Artillerie und Flugzeugen auszustatten, so dass zu Beginn des Korea-Krieges auf der koreanischen Halbinsel ein starkes militärisches Ungleichgewicht vorherrschte.
Das Ungleichgewicht verschärfte sich weiter, als 1949 die chinesischen Kommunisten unter Mao Tse Tung über die Kuonmintang in China siegten. Damit verschob sich das Kräftegleichgewicht in Asien endgültig zu Gunsten des Kommunismus; zugleich setzte es die Sowjets unter Druck, die in Asien nun unter Beweis stellen mussten, die führende Kraft des Kommunismus zu sein.
In der angespannten Situation kam es an der Grenze mehrfach zu tödlichen Gefechten zwischen nord- und südkoreanischen Truppen. Weder Moskau noch Washington hatten Interesse an einem Krieg auf der koreanischen Halbinsel und widerstanden der aufrührerischen Rhetorik aus Pjöngjang und Seoul lange Zeit. Dem nordkoreanischen Führer Kim Il Sung gelang es aber schließlich, Moskau zu überzeugen. Er konnte glaubhaft versichern, dass mit einem Eingreifen der USA nicht zu rechnen und ein schneller Sieg zu erzielen sei. Nicht zuletzt wollte Moskau gegenüber Peking Stärke beweisen. "In Wirklichkeit ließen sich die Sowjets zur Unterstützung des Krieges hinreißen, der keinem ihrer Ziele diente", so der US-amerikanische Politologe Bruce E. Bechtol.
Moskau gab am 25. Juni 1950 schließlich grünes Licht. Kurz vor Tagesanbruch überschritten nordkoreanische Truppen den 38. Breitengrad und stießen auf Seoul vor.