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Politik

Vorbereitungen auf neue Corona-Welle im Herbst

8. Juni 2022

Der Corona-Expertenrat drängt Bund und Länder, sich früh und umfassend auf die Bekämpfung möglicher neuer Infektionswellen vorzubereiten. Die weitere Entwicklung des Virus sei derzeit nicht verlässlich vorhersagbar.

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Bundeskanzler Scholz mit Corona-Expertenrat
Der Corona-Expertenrat bei einer virtuellen Sitzung mit Kanzler Olaf Scholz (Archivbild)Bild: Guido Bergmann/dpa/picture alliance

Daher sei eine "vorausschauende Vorbereitung mit kurzen Reaktionszeiten" für zu erwartende steigende Fallzahlen und veränderte Infektionslagen im Herbst und Winter notwendig, heißt es in der Stellungnahme des Gremiums "Pandemievorbereitung auf Herbst/Winter 2022/23", die in Berlin präsentiert wurde. In jedem Fall erfordere die Vorbereitung unter anderem eine solide rechtliche Grundlage für Infektionsschutzmaßnahmen.

Der Corona-Expertenrat der Bunderegierung hatte Mitte Dezember 2021 seine Arbeit aufgenommen. Dem Gremium gehören Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen an.

Experten stellen mögliche Szenarien vor

Der Expertenrat nennt drei mögliche Szenarien für den Herbst und Winter. In einem "Basismodell" wird angenommen, dass die Zahl der Infektionserkrankungen steigt. "Trotz der moderaten COVID-19-Belastung der Intensivmedizin könnten die Arbeitsausfälle erneut flächendeckende Maßnahmen des Übertragungsschutzes (Masken und Abstand in Innenräumen), aber auch Maßnahmen der Kontaktreduktion nach regionaler Maßgabe erforderlich machen", heißt es.

Bei einem Negativszenario könnten die verbleibende Impflücke in der Bevölkerung und die abnehmende Immunität im Laufe der Zeit mit gefährlicheren Corona-Varianten zusammentreffen, so dass auch vollständig Geimpfte einen schweren Krankheitsverlauf haben könnten. Dann würde das Gesundheitssystem erneut durch COVID-19-Fälle auf den Intensiv- und Normalstationen stark belastet. In diesem Fall könnten nötige Schutzmaßnahmen wie Maskenpflicht und Abstandsgebot erst im Frühjahr 2023 zurückgefahren werden.

Corona-Schutzmaske am Handgelenk
Die Maske vor Mund und Nase, nicht an der Hand, aus Sicht des Expertenrates ein effektiver InfektionsschutzBild: Marijan Murat/dpa/picture alliance

Im günstigsten Szenario seien neue Varianten weniger gefährlich, so dass Infektionsschutzmaßnahmen "nicht mehr oder nur für den Schutz von Risikopersonen notwendig" seien. Der Expertenrat betonte ausdrücklich, "die weitere Entwicklung des SARS-CoV-2-Virus ist derzeit nicht verlässlich vorhersagbar". Eine Abschwächung der krankmachenden Eigenschaften des Virus sei vorstellbar, könne jedoch nicht vorausgesetzt werden.

Experten: Bevölkerung erwartet effektive Planung

Ziele der Corona-Politik müssten der Schutz des Gesundheitssystems, der kritischen Infrastruktur sowie der besonders vulnerablen Bevölkerungsgruppen "unter Minimierung der kollateralen und gesundheitlichen Belastungen der Gesellschaft" sein, heißt es weiter. Daher sollten alle präventiven, therapeutischen und anderen Maßnahmen darauf gerichtet sein, eine neue Welle möglichst frühzeitig zu dämpfen. Höchste Priorität habe zudem, Kindern und Jugendlichen den Schul- und Kitabesuch sowie sportliche und kulturelle Aktivitäten ohne Unterbrechung zu ermöglichen.

Das Gremium verweist auch auf die Erwartungshaltung der Menschen: "Die Bevölkerung ist durch zwei Jahre Pandemie geprägt", heißt es in der Stellungnahme. "Es besteht eine nachvollziehbar hohe Erwartungshaltung an die Politik, im dritten Jahr der Pandemie effektive Vorbereitungen für Herbst und Winter zu treffen."

"Die Pandemie ist definitiv nicht vorbei"

Professor Heyo Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Berliner Charité und Mitglied des Expertenrates, sagte, das Gremium wolle keine dramatischen Bilder und Sorgen erzeugen. Die Stellungnahme sei der "sachliche Versuch", das mögliche pandemische Geschehen zu beleuchten und zeitnah Empfehlungen zu geben. "Die Pandemie ist definitiv nicht vorbei", so Kroemer.

In der Ampel-Koalition hat bereits eine Debatte über eine nötige Neufassung des Infektionsschutzgesetzes begonnen, dessen Corona-Regeln im September auslaufen.

qu/se (rtr, dpa, afp, kna)