EU-Militäreinsatz
21. Februar 2008Seit fünf Jahren tobt in der sudanesischen Region Darfur ein Bürgerkrieg mit Hundertausenden von Toten und Millionen von Flüchtlingen. Mehrere Hundertausend Flüchtlinge haben sich nach Westen aufgemacht und sind im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik gelandet. Doch Rebellen und Banden machen die Flüchtlingslager unsicher. Da die EU nicht in der Lage ist, direkt im Sudan einzugreifen, will sie jetzt wenigstens im Tschad und in der Zentralafrikanischen Republik helfen, zunächst mit einer zahlenmäßig recht bescheidenen Truppe.
Die EU-Außenminister gaben jetzt grünes Licht für die Mission. Nun beraten am Freitag (22.2.2008) die Verteidigungsminister der Union über den Einsatz, der in Militärkreisen als schwierig gilt. Generalleutnant Patrick Nash stammt von der grünen Insel Irland. Er war schon oft für die Vereinten Nationen auf dem Balkan und im Libanon im Einsatz. Doch so ein Einsatzgebiet wie im Tschad hat er noch nie gesehen: "Während unserer Erkundungen waren wir erschüttert durch die schiere Größe des Gebietes." Große Teile der Region seien unbewohnt. "Gnadenlose Natur, unwirtliche Landschaften, extremes Klima mit starkem Regen oder intensiver Hitze", sagt Nash.
Nur 500 Kilometer asphaltierte Straßen
Im Einsatzgebiet entlang der Grenze zum Sudan fand General Nash nur 500 Kilometer asphaltierte Straßen vor. Hunderttausende Flüchtlinge und Vertriebener aus dem Sudan und Tschad leben in dem Gebiet, das so groß wie Deutschland ist. Mit 3700 Soldaten aus 14 Ländern soll die EU-Truppe helfen, die Sicherheit und Versorgung der Menschen zu garantieren - zunächst für ein Jahr.
Javier Solana, EU-Repräsentant für die Außenpolitik, weiß um die Schwierigkeit des Einsatzes: "Ich möchte darauf hinweisen, dass dies die wichtigste Operation der Europäischen Union sein wird, die wir jemals in Afrika unternommen haben. Es wird auch die längste sein." In Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen wolle die EU die Sicherheit der Flüchtlinge in den Lagern garantieren, betont Solana.
Frankreich stellt Großteil der Truppe
Außerdem sollen UN-Hilfskonvois geschützt und dafür gesorgt werden, dass Hilfsorganisationen freien Zugang zum Krisengebiet haben. Der größte Teil der Truppen kommt aus Frankreich, das einst Kolonialmacht in der Region war und den Präsidenten des Tschads, Idriss Deby, stützt. Dessen eigene Armee wird von Rebellen attackiert. Das EU-Kommando im Tschad und der Zentralafrikanischen Republik wird ein französischer General haben. Der irische General Patrick Nash steuert die Operation von seinem europäischen Hauptquartier bei Paris aus.
In Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen will sich die EU-Truppe nicht verwickeln lassen: "Wir haben eine sehr klare Mission: Wenn die Rebellen uns nicht stören, lassen wir sie in Ruhe", so Nash. Geschossen wird nur zur Verteidigung. Strikte Neutralität gilt auch gegenüber dem Krisenherd im benachbarten Darfur im Sudan: "Wir sind nirgendwo in der Nähe der sudanesischen Grenze stationiert. Wir haben keine Absicht, die sudanesische Grenze zu überqueren. Und wir haben keine Verantwortung für die Grenze", erklärt Nash weiter.
Hoffnung auf Stabilität in der ganzen Region
Die EU-Mission hat offiziell mit den parallelen Versuchen der Vereinten Nationen und der Afrikanischen Union, den Konflikt in Darfur zu lösen, nichts zu tun. Dennoch hofft der Darfur-Beauftragte der EU, Torben Brylle, auf einen positiven Effekt der EU-Truppe in der Region: "Wir hoffen, dass eine allgemein verbesserte Sicherheitslage zu dem Glauben beitragen kann, dass eine friedliche Zukunft möglich ist. Das könnte auch dem politischen Prozess neuen Schwung geben", sagt er.
Für den im März geplanten Beginn der Mission hat General Nash genügend Truppen und vor allem Transporthubschrauber bei den EU-Mitgliedsstaaten eingesammelt. Vom Sommer an kann er mehr Unterstützung gebrauchen. Es fehlt eine strategische Reserve, die eingreifen kann, wenn es brenzlig wird. Die größte Herausforderung sei, so General Nash, die Logistik und vor allem der Nachschub. Der nächste Hafen ist 2000 Kilometer entfernt. Selbst den Zement zum Ausbau eines Flughafens im Tschad hat die EU-Truppe aus Europa heranschaffen müssen.