Vor 20 Jahren: NATO-Intervention gegen Serbien
Die Bombardierung Serbiens durch die NATO 1999 beendete die Gewalt der serbischen Truppen gegen die Albaner im Kosovo. Dennoch wird dieser Krieg ohne UN-Mandat auch 20 Jahre später kontrovers diskutiert.
Spuren des Krieges auf dem Amselfeld
Der Kosovo-Konflikt spitzt sich Ende der 1990er Jahre immer weiter zu. Zehntausende Menschen sind auf der Flucht. Als alle Bemühungen um eine Befriedung der Region scheitern, beginnt die NATO am 24. März 1999 Luftangriffe auf serbische Militärbasen und strategische Ziele in Serbien. Nach elf Wochen lenkt Machthaber Slobodan Milošević schließlich ein.
Scheitern des gewaltfreien Widerstandes
Bereits Mitte der 1980er Jahre beginnen im Kosovo Proteste gegen Versuche Belgrads, die Rechte der albanischen Bevölkerungsmehrheit zu beschneiden. In den 1990er Jahren nehmen die Repressalien massiv zu. Ibrahim Rugova, der seit 1989 die politische Bewegung im Kosovo führt, schwört auf gewaltfreien Widerstand und versucht, Slobodan Milošević zu einem Kurswechsel zu bewegen - ohne Erfolg.
Bewaffneter Guerilla-Krieg
Im Kosovo formiert sich der bewaffnete Widerstand. Die selbsternannte Befreiungsarmee UÇK beginnt einen grausamen Guerilla-Krieg. Sie verübt gewaltsame Angriffe auf Serben, aber auch gegen Albaner, die sie für Kollaborateure hält. Auf die Terroraktionen reagiert Serbien mit Vergeltung: Häuser werden angezündet und Geschäfte geplündert. Hunderttausende Menschen ergreifen die Flucht.
Systematische Vertreibung
Der Krieg wird immer brutaler. Um den Widerstand der UÇK und ihren Rückhalt in der Bevölkerung zu brechen, gehen die serbischen Streitkräfte verstärkt gegen Zivilisten vor. Viele Menschen flüchten in die Wälder. Tausende Kosovaren werden auch mit Zügen und Lastwagen an die Landesgrenzen gebracht - ohne Pässe oder andere Dokumente, die beweisen könnten, dass sie aus dem Kosovo stammen.
Letzter Vermittlungsversuch
Die USA, Frankreich, Großbritannien, Russland und Deutschland rufen die Konfliktparteien im Februar 1999 zu einer Konferenz in Rambouillet zusammen, um ein befristetes Autonomie-Abkommen für Kosovo zu erreichen. Die kosovarischen Vertreter akzeptieren, die serbische Seite ist jedoch zu keinen Zugeständnissen bereit. Die Verhandlungen scheitern.
"Humanitäre Intervention"
Am 24. März 1999 beginnt die NATO, militärische und strategische Ziele in Serbien und im Kosovo zu bombardieren, um die Gewalt gegen die Albaner zu stoppen. Auch Deutschland beteiligt sich an den Angriffen. Die Operation "Allied Force" ist der erste Krieg der NATO in ihrer 50-jährigen Geschichte - und das ohne Rückendeckung des UN-Sicherheitsrats. Russland verurteilt die Intervention scharf.
Lahmgelegte Infrastruktur
Neben Angriffen auf Militäreinrichtungen nimmt die NATO auch Nachschubwege - Bahnstrecken und Brücken - ins Visier. In den 79 Tagen und Nächten fliegt das Bündnis mehr als 37.000 Einsätze. Auf serbischem Territorium gehen 20.000 Raketen und Bomben nieder. Dabei kommen auch viele Zivilisten ums Leben - "Kollateralschäden" im NATO-Jargon.
Giftwolken über Pančevo
Auch Industrieobjekte werden angegriffen. In Pančevo bei Belgrad treffen die NATO-Bomben Chemieanlagen und eine Düngemittelfabrik. Dabei gelangen große Mengen giftiger Substanzen in die Flüsse, das Erdreich und die Luft - mit schweren gesundheitlichen Folgen für die Bevölkerung. Außerdem wirft Serbien der NATO vor, uranangereicherte Munition sowie Streu- und Splitterbomben einzusetzen.
Krieg gegen Kriegspropaganda
Um Slobodan Milošević das wichtigste Propaganda-Instrument zu nehmen, greift die NATO das staatliche Fernsehen in Belgrad an. Obwohl die serbische Regierung rechtzeitig über den Angriff unterrichtet war, hält sie die Information zurück. Im Sendegebäude sterben 16 Menschen.
Verfehlte Bomben
Im Kosovo treffen NATO-Bomben versehentlich einen albanischen Flüchtlingstreck, dabei kommen Schätzungen zufolge etwa 80 Menschen ums Leben. Als "Kollateralschaden" verbucht die NATO zudem die Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad, bei der vier Menschen sterben. Der Vorfall führt zu einer schweren diplomatischen Krise zwischen Peking und Washington.
Bilanz des Grauens
Anfang Juni kommen erste Signale aus Belgrad, dass Slobodan Milošević zum Einlenken bereit sei. Daraufhin stellt die NATO am 19. Juni die Bombardierung ein. Die Bilanz des Krieges: Tausende Tote und 860.000 Flüchtlinge. In Serbien liegt die Wirtschaft am Boden, weite Teile der Infrastruktur sind zerstört. Kosovo wird unter UN-Verwaltung gestellt.