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Vor 125 Jahren wurde das Kino erfunden

Jochen Kürten
13. Februar 2020

Die Brüder Auguste und Louis Lumière aus Frankreich reichten am 13. Februar 1895 ein Patent für einen Kinematographen ein. Es war die Geburtsstunde des Films und des Kinos.

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Bildergalerie Jubiläum 125 Jahre Kino | Wandgemaelde ''Die Brueder Auguste und Louis Lumiere''
Bild: picture-alliance/Arco Images GmbH/T. Weise

Filmhistoriker streiten sich bis heute. Wer hat den Film "erfunden"? Wer das Kino? Waren es tatsächlich im Jahr 1895 die Brüder Auguste und Louis Lumière? Oder sollte doch der geniale US-amerikanische Erfinder Thomas Alva Edison an dieser Stelle erwähnt werden? Oder die Deutschen Brüder Max und Emil Skladanowsky? Ein paar andere amerikanische und britische Kinopioniere könnte man an dieser Stelle auch noch nennen. 

Eine Sache der Definition

Die Frage ist, ob man eine technische Entwicklung als Tauf-Datum des Kinos heranzieht oder eher die Tatsache, dass erstmals nicht nur ein einzelner Mensch in einen Guckkasten geschaut hat, in dem vor seinen Augen bewegte Bilder abliefen. Nun war es eine Gruppe von Menschen, die sich in einem Raum befand, in dem vorne auf einer Leinwand ein Film lief: eine Frühform des Kinos also. Aber: Was ist überhaupt ein Film? Genügt es, ein paar Bilder aneinanderzuhängen, die sich dann, im Schnelldurchlauf, zu einem Film entwickeln - oder sollten es doch Spielszenen sein, eine Dramaturgie dahinterstecken?

Bildergalerie Jubiläum 125 Jahre Kino | Gebrueder Lumiere 1900
Visionäre Techniker und Erfinder: Auguste und Louis LumièreBild: picture-alliance/akg-images

Versenkt man sich heute in die Geschichte der ersten Jahre der Kinematographie, so stößt man auf eine Vielzahl an Erfindern und Technikern - und von Orten und Laboratorien, in denen entwickelt und experimentiert, getüftelt und ausprobiert wurde. Fest steht: Es lag damals, zu Beginn des letzten Jahrzehnts des 19. Jahrhunderts, etwas in der Luft: Die Fotografie lernte das Laufen. Aus dem Medium der Fotografie, das ja auch noch nicht so furchtbar alt war, entstand etwas Neues: bewegte Bilder. Film nannte man das Ganze später.

Die Brüder Lumière gelten als Erfinder des Kinos

In den allermeisten Filmgeschichten trifft man auf die Brüder Lumière, wenn es um den Beginn der "siebten Kunst" geht. Es hat sich eingebürgert, sie als die Erfinder des Films zu bezeichnen, trotz aller Vorarbeiten von Edison und Co., trotz parallel oder gar früher stattfindender Filmvorführungen etwa im Berliner Wintergarten durch die Brüder Skladanowsky. Es ist jenes legendäre Datum des 28. Dezember im Jahre 1895: Im "Grand Café" am Boulevard des Capucines in Paris fand demnach die erste öffentliche Filmvorführung in Frankreich statt - auch wenn manche Experten meinen, die Ehre gebühre anderen Erfindern.

Bildergalerie Jubiläum 125 Jahre Kino | Cinematographe Lumiere, Plakat 1896
Ein zunächst kaum fassbares Spektakel: Frühe Werbung für den KinobesuchBild: picture-alliance/akg-images

Die Lumières hatten Eintritt verlangt, ein paar Dutzend Besucher zahlten - und sahen zehn kurze Filme, die Angestellte der Lumière-Betriebe mit einem Kinematographen vorführten: offiziell die erste Kinovorführung. Den Apparat, Kamera und Projektor zugleich, hatten die Franzosen ein paar Monate zuvor patentieren lassen, am 13. Februar 1895. Nun staunten die Besucher der Vorstellung und starrten auf die bewegten Bilder vor sich. So etwas hatten sie noch nie gesehen.

Kino-Mythos: Panik bei der ersten Filmvorführung

Heute ist nicht mehr genau zu klären, ob sich die später vielfach kolportierte Geschichte einer Panik angesichts des Films "Die Ankunft des Zuges auf dem Bahnhof La Ciotat" tatsächlich so abgespielt hat. Der kurze Streifen zeigt einen Zug, der in den Bahnhof des Städtchens La Ciotat einfährt, aus Zuschauerperspektive immer größer wird, die Besucher zu überrollen scheint. Die sollen damals aufgeregt und voller Schrecken von ihren Sitzen aufgesprungen sein und das Café fluchtartig verlassen haben, hieß es später. Sie dachten, der Zug fährt tatsächlich ins Café ein. Die Kameraperspektive hatte das suggeriert.

Frankreich Film Geschichte Filmszene Die Ankunft eines Zuges im Bahnhof von La Ciotat
Szene aus dem berühmten Film mit dem einfahrenden Zug in La CiotatBild: picture-alliance/akg

So zumindest der Mythos. Und es ist ja auch eine schöne Geschichte, von Menschen, die der Umsetzung einer Erfindung beiwohnen, einer Erfindung, die etwas geschaffen hat, was es vorher nicht gab. Bewegte Bilder, Menschen und Gegenstände, die sich bewegen. Fotografien, die "leben". Wie sollte das auch gehen? Heute, 125 Jahre später, muss man sich das wieder ins Bewusstsein rufen - was vielleicht am besten gelingt, wenn man sich die ersten Schritte des Internets mit all seinen Möglichkeiten vergegenwärtigt.

Heute wird wieder über die Zukunft des Films diskutiert

Just 125 Jahre später, wenn man sich der Brüder Lumière und deren bahnbrechender Erfindung erinnert, wird über die Zukunft des Films eifrig diskutiert. Oder eigentlich: über die Zukunft des Kinos. Wohin wird es sich entwickeln? Wird es überhaupt überleben? Was geschieht mit dem klassischen Spielfilm? Wird es ihn noch geben, oder werden Streamingdienste, der Gebrauch von Laptops und Smartphones, dafür sorgen, dass althergebrachte Formen von Filmvorführungen über den Haufen geworfen werden?

Bildergalerie Jubiläum 125 Jahre Kino | Das erste Stereoskop-Kino in Paris "Cinéma en Relief"
Die ersten Kinos in Paris wurden oft nach den berühmten Brüdern benanntBild: picture-alliance/Keystone/STR

Eine befriedigende Antwort wird heute niemand geben können. Nur Vermutungen. Und die führen wieder zum Beginn der Filmgeschichte. Bewegte Bilder, ob in einer Laterna Magica oder anderen Frühformen von Filmmaschinen präsentiert, wurden meist im Rahmen von Jahrmärkten und Varietés gezeigt. Der Film, das war zu Beginn ein Überwältigungsmedium, etwas Spektakuläres und Unglaubliches, bei dem die Menschen vor allem sprachlos staunten.

Die Väter des Kinos: Verrückte und Bastler

Das Kino "verdankt denn auch (…) fast nichts dem Geist der Wissenschaft", schrieb der einflussreiche französische Filmkritiker André Bazin in seinem legendären Buch "Was ist Film?": "Seine Väter sind keine Gelehrten." Edison, die Brüder Lumière und all die anderen seien "Monomanen, Verrückte, Bastler oder, im besten Fall, erfinderische Fabrikanten". Und da sind wir wieder im Hier und Jetzt.

Bildergalerie Jubiläum 125 Jahre Kino | Gebrueder Lumiere im Labor
Für die Lumières war die Erfindung des Kinos nur ein ZwischenschrittBild: picture-alliance/AKG

Das Kino wird überleben, diese These sei einmal aufgestellt. Warum? Weil die Menschen immer noch nach Spektakel dürsten, nach Überraschungen und Wundern. Und wer kann das am besten befriedigen? Niemand anderes so gut und allumfassend wie die modernen Tricktechniker, Special-Effects-Magier und die Autoren Hollywoods. Ihre gigantischen Blockbuster-Filme, das mag nicht jedem gefallen und es hat vielleicht auch nichts mit Kunst im erhabenen Sinne zu tun, sind die Erben der frühen Filmpioniere aus Europa und den USA.

Sie locken die Menschen zu Millionen rund um den Globus in die Lichtspielhäuser. Dort gucken sie sich Filme an. Heute in Farbe und manchmal in 3D. Doch es sind Filme, projiziert auf eine Leinwand. Hollywood erzielte im Jahr 2019 noch Rekordumsätze in Milliardenhöhe. Fast alle Filme kann man sich danach auch auf einem Smartphone anschauen - wenn man mag. Doch das ist eine andere Geschichte.