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Der Fall von Goma

Simone Schlindwein 21. November 2012

Mit einem überraschenden Angriff haben die Rebellen der M23-Bewegung Goma eingenommen. Die UN-Truppen, die die kongolesischen Regierungssoldaten unterstützten, konnten sie nicht aufhalten.

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M23-Rebellen ziehen durch Goma. Foto: Simone Schlindwein
M23-Rebellen ziehen durch GomaBild: DW

In der UNO-Basis am Stadtrand der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma herrscht das bittere Elend. Rund 500 Menschen - Frauen, Männer und zahlreiche Kleinkinder - sitzen im Innenhof der UN-Station hinter Sandsäcken auf dem blanken Boden. Es regnet leicht. Von weitem sind immer noch Schüsse zu hören. Die Nacht über kämpften jenseits des Stacheldrahtzauns und der Sandsäcke die Rebellen gegen die Regierungsarmee. Antoine Bwenge sitzt mit seiner Frau und den sechs Kindern neben seinen wenigen Habseligkeiten, die er im Feuergefecht mitnehmen konnte, als er sich hierher flüchtete. Er dachte, bei der UN sei er sicher.

Flüchtlinge in der UNO-Basis. Foto: Simone Schlindwein
Sie haben in der UNO-Basis Zuflucht gesuchtBild: DW

Bombenhagel in Goma

Bwenge klagt, es gebe keine Nahrungsmittel. Er fürchte um das Leben seiner Kinder, denn sie haben seit Sonntag nichts gegessen. "Letzte Nacht gab es hier Kämpfe, als die Rebellen gegen Goma vorrückten. Kugeln und Mörser sind über unsere Köpfe hinweg geflogen und sogar hier im Camp eingeschlagen. Es herrschte die totale Panik. Wir haben ja alle die Nacht unterm freien Himmel verbracht. Die Lage ist einfach schrecklich", sagt er.

Rebellen marschieren in Goma ein

Von weitem hört man noch immer Bomben und Mörsergeschosse einschlagen. Vier Kilometer in Richtung Stadtzentrum kämpfen die Rebellen der Bewegung des 23. März, kurz M23, gegen die Soldaten der Regierung um Goma. Die Rebellen hatten die Regierung zu Verhandlungen aufgefordert und ein Ultimatum gestellt. M23-Frontkommandeur Oberst Innocent Kaina stand am Montag früh bereits mit seinen Truppen vor den Stadttoren und wiederholte noch einmal die Forderungen. "Wir werden die Stadt einnehmen, wenn die Armee uns angreift", kündigte Kaina an.

Tote Soldaten auf den Straßen

Wer schließlich wen angriff, ist immer noch nicht geklärt. Dennoch: Nach drei Monaten Gefechtspause zwischen den Rebellen und der Armee nahm die M23 die Großstadt jetzt ein.

Die Straße, die vom M23-Territorium in die Innenstadt führt, ist voller Leichen der Armeesoldaten. Frauen und Kinder, vollgepackt mit Habseligkeiten, kommen den Weg entlang, an den Toten vorbei. Sie fliehen vor den Gefechten. Dutzende Jugendliche drücken sich an eine Häuserwand. Sie harren aus, während ihre Eltern flüchteten. Die Häuser sollen nicht unbewacht den Rebellen überlassen werden. Einer schleppt einen Sack Maiskörner an. Wie hungrige Geier stürzen sie sich auf den Mais.

Flüchtlinge im Ostkongo. Foto: Simone Schlindwein
Auf der Flucht vor dem Krieg im OstkongoBild: DW

"Wir bringen Euch Frieden"

Einer von ihnen sagt: "Wir haben solchen Hunger und es gibt kein Trinkwasser. Und hier liegen die Leichen, die schon verwesen. Wir sind bitter enttäuscht von den Friedenstruppen. Wir erwarten von ihnen, dass sie alles geben, um den Frieden hier zu bewahren. Ich bin jetzt 20 Jahre alt und seit meiner Geburt gibt es nur Krieg hier im Ostkongo. Was sollen wir denn tun?"

Diese Verzweiflung der Kongolesen wissen die Rebellen jetzt auszunutzen. Nach wenigen Stunden Feuergefecht ist die Armee besiegt und zieht sich aus der Stadt zurück. Hunderte Rebellen folgen ihren Kommandeuren in einer Siegesparade durch die Stadt. Immer mehr Menschen kommen vorsichtig aus ihren Häusern.

"Wir bringen Euch Frieden", brüllt einer der höchsten M23-Kommandeure in die Menge und winkt den Menschen zu. Die Bevölkerung jubelt. Ob die Eroberung Gomas jedoch wirklich Sicherheit bedeutet, das wird sich erst in naher Zukunft herausstellen. Die Regierung Kongos befindet sich seit längerem einer tiefen Krise, die das ganze Land erschüttert. Und ob die Rebellen die Millionenstadt sichern können und die nächste Nacht ohne Plünderungen und Gewalt verläuft, das ist alles fraglich.