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Von Lincoln bis Bush:<br>Der Wandel der Republikaner

Alexander Goebel31. August 2004

Auf ihrem Parteitag in New York präsentieren sich die Republikaner als große Patrioten. Sie stehen auf dem Höhepunkt eines konservativen Fundamentalismus. Das war in ihrer langen Geschichte nicht immer so.

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Republikaner-Parteitag (30.8.-2.9.) im Zeichen von Blau-Weiß-RotBild: AP

Sie sind nicht mehr das, was sie einmal waren: Sicher, noch immer ist ihr Symboltier der Elefant, ihre Parteifarbe bleibt Rot, und ihre Anhänger nennen sie bis heute liebevoll Grand Old Party - Große Alte Partei. Doch die Republikaner, die sich von Montag bis Donnerstag (30.08. - 02.09.2004) zu ihrem Parteitag in New York treffen, um dort den amtierenden Präsidenten George W. Bush zu ihrem offiziellen Präsidentschaftskandidaten für die Wahlen am 2. November zu nominieren, haben sich in 150 Jahren sehr verändert. Dabei waren sie - verglichen mit den Demokraten - eher die Spätzünder auf der politischen Bühne Amerikas im 19. Jahrhundert. Denn ihre Entstehung verdanken die Republikaner der Sklaverei und der Debatte um ihre Abschaffung.

Streit um Sklaverei

Abraham Lincoln Kalenderblatt
Abraham Lincoln (8.11.1863; Fotograf: Alexander Garnder)Bild: AP

In dieser Frage hatten sich die schon länger etablierten Demokraten und die so genannten Whigs erbitterte Auseinandersetzungen geliefert: Bis im März 1854 Gegner der Sklaverei eine neue Partei gründeten - die Republikaner. Abraham Lincoln (Foto) wurde 1860 ihr erster Präsident - das führte ein Jahr später zum Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südstaaten. Denn Lincoln plante nicht nur die Abschaffung der Sklaverei, sondern auch ein Programm, das heute mindestens als sozialdemokratisch gelten würde - mehr Staat, mehr Unterstützung für die kleinen Leute. Die Republikaner entwickelten sich zunächst zur Partei der Industriearbeiter und der Großstädter, aber auch der Farmer und der Schwarzen - die heute in der Mehrheit kaum auf die Idee kommen würden, republikanisch zu wählen. In ihrer Programmatik waren die Republikaner des 19. Jahrhunderts eben das, was die Demokraten sich heute auf ihre Fahnen schreiben.

Erst Anfang des 20. Jahrhunderts begann, gewissermaßen im Windschatten von Präsidenten wie Theodore Roosevelt, der Aufstieg der konservativen Republikaner, die vor allem die Interessen von Bankkapital und Big Business vertraten - bis die schwere Wirtschaftskrise von 1929 alle Hoffnungen auf eine republikanische Hegemonie auch schon wieder zunichte machte: Gegen das Demokraten-Idol Franklin D. Roosevelt hatten die Republikaner keine Chance.

Rechtsruck durch Reagan

Allerdings gelangte mit Hilfe des sehr populären Generals Dwight D. Eisenhower Mitte der 50er Jahre ein rechter Parteiflügel an die Macht in Washington, der bereits alle Elemente der heutigen Republikaner erkennen ließ: Klassischen Wirtschaftsliberalismus, christlich-Konservative Werte, Unilateralismus in der Außenpolitik - und scharfer Antikommunismus. Richard Nixons Verstrickung in die Watergate-Affäre und sein Rücktritt 1974 brachten die Republikaner aber so sehr in Verruf, dass der Name der Partei eine Zeitlang sogar zum Schimpfwort geriet.

Ronald Reagan, ehemaliger US Präsident ist im Alter von 93 Jahren gestorben
Ronald Reagan (1981)Bild: AP

Der endgültige Rechtsruck der Republikaner begann im November 1980, als Ronald Reagan (Foto) mit fast zehn Prozent Vorsprung den demokratischen Präsidenten Jimmy Carter aus dem Amt hebelte. Reagan hatte sich von Anfang an darauf verstanden, Politik zum religiös radikalisierten Kulturkampf zu machen.

Fundamentalismus auf dem Höhepunkt

Seit zwei Jahrzehnten führen die konservativen Republikaner nun schon ihre Wahlkämpfe auf der Grundlage der von ihnen definierten moralischen und christlichen Werte: Mit George W. Bush und Dick Cheney sind sie heute auf dem vorläufigen Höhepunkt eines konservativen Fundamentalismus angekommen. Sie profitieren dabei von einem "conservative backlash", der nach den Anschlägen des 11. September das ganze Land erfasst hat: So haben die Republikaner unter George W. Bush auch den Begriff des Patriotismus besetzt und als Markenzeichen ihrer Partei etabliert.

Kein Wunder also, wenn der Präsident bei seinen Auftritten in der Provinz verkündet, seine Herausforderer teilten nicht die wahren amerikanischen Werte. Er weiß, dass die Versuche von John Kerry und John Edwards, ihren Wahlkampf mit Wertbegriffen zu führen, auf das konservative Wahlvolk unglaubwürdig wirken. Aber George W. Bushs eigene Politik hat mit dem Programm des republikanischen Aushängeschilds Abraham Lincoln vor 150 Jahren auch nicht mehr viel zu tun.