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Von den Eigenheiten des indischen Marktes

Insa Wrede29. März 2006

Immer mehr deutsche Firmen wagen den Schritt nach Indien - nicht immer erfolgreich. Denn in dem boomenden Land gibt es zahlreiche Besonderheiten zu beachten, so die Erfahrung deutscher Mittelständler.

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Die Software-Stadt Bangalore kann mit dem wachsenden Verkehr kaum Schritt haltenBild: AP
Wipro, Bangalore, Software aus Indien
Azim Premji, Vorsitzender des Software-Produzenten WiproBild: AP

Erst kam der Drache, dann der Tiger und nun der Elefant. Nach dem Wirtschaftsboom in China überraschten die so genannten Tiger-Staaten wie Taiwan oder Südkorea mit phänomenalen Wachstumsraten, nun hat Indien, der Elefant, mit seiner Aufholjagd begonnen. Wer es schafft, auf den trabenden Elefanten aufzuspringen und ihn zu reiten, dem winken satte Gewinne: Rund acht Prozent betrug die indische Wachstumsrate im vergangenen Jahr. An dieser viel versprechenden Entwicklung wollen auch deutsche Unternehmen teilhaben - mit Exporten und Direktinvestitionen. So sind 2005 die Exporte des Maschinen- und Anlagenbaus nach Indien um 44 Prozent gestiegen.

Ganz so einfach ist ein Engagement in Indien jedoch nicht. "Man muss begreifen, dass die Dinge in einem anderen Land nicht besser oder schlechter sind, sondern einfach nur anders", sagt Klaus Peter Simon von der Firma Guhring, die in Indien Werkzeuge herstellt. "Also muss man selber anders werden, wenn man dort ist. Man kann nicht erwarten, dass die Dinge dort anders werden."

Geduld ist gefragt

Selber anders werden hat allerdings seine Grenzen. Beispielsweise beim Kastenwesen. Nach dieser Gesellschaftsordnung wird jeder Mensch in eine bestimme soziale Stufe hineingeboren, aus der er nicht mehr rauskommt. Auch wenn das Kastenwesen offiziell abgeschafft wurde - es existiert faktisch immer noch, sagt Michael Michaelis von der Liebherr Export AG. Daher hat sich Liebherr einen indischen Partner gesucht, um seine Hydraulikbagger und Transportfahrzeuge in der Tagebautechnik besser vermarkten zu können. "In Indien werden die Geschäfte auch auf den Ebenen der Sozialstufe gemacht", glaubt Michaelis. "Und wenn Sie den richtigen Partner haben, der der korrekten Stufe angehört, der auch im gleichen Studienlehrgang war, die gleiche Uni besucht hat, dann haben Sie schon enorme Vorteile."

Wer keinen indischen Partner hat und selber in Indien um Kunden und Geschäftspartner kämpfen möchte, der sollte sich unbedingt mit dem indischen Geschäftsgebaren vertraut machen. Rajesh Nath vom Verband deutscher Maschinen und Anlagenbauer in Kalkutta, erklärt wichtige Unterschiede zwischen Deutschland und Indien. "In Indien spielt der persönliche Kontakt eine sehr wichtige Rolle", sagt Nath. "In Indien ist es üblich, bevor man mit den geschäftlichen Sachen anfängt, erstmal nach der Familie zu fragen, ob man Kinder hat, ob man eine Frau hat, was hier in Deutschland nicht so üblich ist. Und man muss etwas Geduld haben - die Inder nehmen sich viel Zeit, um ein Geschäft abzuschließen."

Viele machen keine Marktanalyse

Deutsche Unternehmen, die von den verhältnismäßig günstigen und Englisch sprechenden Arbeitskräften profitieren möchten, sollten sich - bevor sie versuchen, auf den Elefanten aufzuspringen - vor allem genau informieren. "Machen sie eine Marktanalyse! So komisch das klingen mag - das wird oft nicht gemacht", rät Klaus-Peter Simon. "Man springt also auf irgendwelche Erfahrungen auf, die irgendjemand hat und versucht dann, an irgendeiner Stelle anzufangen." Seine Firma mache immer wieder Marktanalysen, denn der Markt entwickele sich so schnell, dass eine Analyse nach zwei Jahren schon wieder völlig veraltet sei.

Daneben gibt es noch weitere Umstände, die deutsche Unternehmen behindern - und auch den indischen Elefanten selber immer wieder zum Stolpern bringen. Dazu gehört eine schlecht ausgebaute Infrastruktur. Die Straßen in vielen Ballungszentren sind hoffnungslos verstopft, so dass beispielsweise Angestellte in der IT-Stadt Bangalore bis zu eineinhalb Stunden zur Arbeit brauchen. Das verursacht Kosten. Außerdem sind Stromausfälle an der Tagesordnung. Große Firmen müssen ihre Elektrizitätsversorgung mit eigenen Generatoren sichern.

Die Bürokratie ist schwerfällig, und die Korruption legt dem Elefanten ebenfalls Steine in den Weg. Zwar ist Indien bekannt für seine Fülle an IT-Experten. Fachkräfte in anderen Bereichen sind jedoch rar, so dass deutsche Unternehmen zum Teil selber ausbilden müssen. Und auch das Kopieren von Maschinen und Waren ist ein nicht unerhebliches Problem. Und trotzdem: Bei prognostizierten Wachstumsraten der Indischen Wirtschaft von 10 Prozent und höheren Renditen für Investoren als in China ist der Versuch, den trabenden Elefanten zu reiten zwar mühsam, aber viel versprechend.