Von A wie Ansteckung bis Z wie Zahlen
2. September 2003Was bedeutet SARS?
Die Abkürzung SARS kommt aus dem Englischen und steht für "Severe Acute Respiratory Syndrome". In der deutschen Übersetzung wird SARS als "Schweres akutes Atemwegssyndrom" bezeichnet, eine schwere Virusinfektion der Lunge. Der Name SARS bezeichnet nur die Symptome der Krankheit. Möglicherweise wird die Bezeichnung aus diesem Grund keinen Bestand haben und die Krankheit in Hongkong-Corona-Virus umbenannt.
Woher kommt SARS?
Nach derzeitigen Erkenntnissen wurde der Erreger von einem infizierten 64-jährigen Arzt aus der südchinesischen Provinz Guangdong nach Hongkong eingeschleppt. Von Hongkong aus konnte sich das Virus weltweit ausbreiten. Der chinesische Arzt ist mittlerweile an den Folgen der Infektion verstorben.
Das SARS-Virus ist vermutlich durch eine Mutation oder durch den genetischen Austausch mit anderen Viren entstanden. Es gilt als wahrscheinlich, dass es von Tieren - vermutlich von der Zibetkatze - auf den Menschen übergesprungen ist.
Die Provinz Guangdong hatte in der Vergangenheit wiederholt als Entstehungsort gefährlicher Infektionskrankheiten Schlagzeilen gemacht. In Guangdong leben sehr viele Menschen auf dichtem Raum zusammen; die schlechten hygienischen Verhältnisse könnten die Entstehung gefährlicher Virustypen begünstigen.
Wer hat den Virus entdeckt?
Der Leiter der italienischen Sektion von "Ärzte ohne Grenzen", Dr. Carlo Urbani, hat den bis dahin unbekannten Erreger als erster identifiziert und die Krankheit wissenschaftlich beschrieben. Urbani hatte die Krankheit bei einem Mann diagnostiziert, der am 26. Februar 2003 mit Husten, hohem Fieber sowie Muskel- und Halsschmerzen in ein Krankenhaus in Hanoi (Vietnam) eingeliefert wurde. Der 46-jährige Arzt Urbani ist inzwischen selbst an den Folgen von SARS gestorben.
Welche Symptome treten bei SARS auf?
Eine SARS-Erkrankung kann nur von einem Arzt bei einer aufwändigen Untersuchung zweifelsfrei festgestellt werden. Bei der Untersuchung wird u.a. eine Röntgenaufnahme der Lunge angefertigt. In Deutschland gibt es seit kurzem auch einen immunologischen Test auf SARS. Außerdem gibt es spezifische Symptome, die auf eine Infektion hinweisen können. SARS beginnt mit hohem Fieber (über 38 Grad Celsius), starken Halsschmerzen sowie schwerem Husten und Atembeschwerden. Hinzu kommen die klassischen Grippesymptome wie Kopfschmerzen, Durchfall, allgemeines Unwohlsein und Muskelsteife.
Chinesische Forscher gehen davon aus, dass der SARS-Virus auch das Immunsystem angreift und zum Teil Zellen des Lymph-Gewebes zerstört. Näheres wird noch erforscht.
Was weiß man über den SARS-Erreger?
Das SARS-Virus stammt aus der Gruppe der Corona-Viren. Diese wiederum gehören zu einer Erreger-Gruppe, die besonders viele Varianten entwickeln kann - den RNA-Viren. Sie kopieren ihr Erbmaterial (RNA, Ribonukleinsäure) sehr schnell sehr oft, dabei passieren Fehler - und so entstehen viele verschiedene Viren-Versionen. Das macht die Entwicklung von Impfstoffen schwierig, auch beim SARS-Virus.
Im Labor kann man den Erreger nachweisen: Der infizierte Mensch bildet Antikörper, die mit einem Test aufgespürt werden können. "Dabei spricht das Verfahren schon auf geringste Erreger-Konzentrationen an, es reichen weniger als 1000 Viren pro Milliliter aus", erklärt die Sprecherin des Bernhard-Nocht-Instituts, Barbara Ebert. Bei einem Kranken liege die Konzentration bei mehreren zehn- bis hunderttausend Viren pro Milliliter. Das komplexe molekularbiologische Verfahren ermöglicht schon nach zwei Stunden einen Nachweis der Krankheit.
Wie wird der SARS-Erreger übertragen?
Die genauen Übertragungswege des SARS-Virus sind noch nicht restlos aufgeklärt. Offenbar geht die größte Ansteckungsgefahr für den Menschen aber von der so genannten Tröpfcheninfektion (Niesen und Husten) aus. Es ist allerdings auch nicht völlig ausgeschlossen, dass sich der Erreger über die Luft, über Klimaanlagen oder Wasser ausbreiten kann. Möglicherweise können auch Kakerlaken SARS übertragen. Chinesische Experten halten es für denkbar, dass in Hongkong infizierte Abfälle von den Insekten in andere Wohnungen getragen und auf diese Weise Menschen mit SARS infiziert wurden. Außerdem besteht der Verdacht, dass sich das Virus auch durch Schmierinfektionen (Stuhl) verbreiten kann. Nach bisherigem Erkenntnisstand kann das Virus außerhalb des menschlichen Körpers nur wenige Stunden überleben. In der freien Luft sollen es nur wenige Minuten sein.
Welche Inkubationszeit hat SARS?
Als Inkubationszeit bezeichnet man den Zeitraum zwischen der Infektion des Menschen und dem Ausbruch der Krankheit. Bei SARS liegt die Inkubationszeit nach bisherigen Erfahrungen bei zwei bis sieben Tagen. In seltenen Fällen kann die Krankheit auch noch zehn Tage nach der Infektion ausbrechen.
Kann SARS auch vor dem Ausbruch der Krankheit übertragen werden?
Die Experten der Weltgesundheitsorganisation halten derzeit eine Übertragung der Viren vor dem Ausbruch der Krankheit für sehr unwahrscheinlich.
Kann SARS therapiert werden?
Der genetische Code des SARS-Erregers ist entschlüsselt worden, auch wirksame Medikamente sind in Sicht - mit den Wirkstoffen Interferon-beta oder Glycyrrhizin. Aber bis Impfstoffe zur Verfügung stehen, kann es noch dauern. Es ist allerdings möglich, den Verlauf der Krankheit zu mildern. Bei der ersten SARS-Welle wurden alle Patienten mit SARS-Verdacht streng isoliert und in besonderen Krankenhausbereichen behandelt, um eine weitere Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Ärzte und Schwestern hatten nur mit Schutzanzügen und speziellen Atemschutzgeräten Zugang zu den Patienten.
Wie hoch ist die Überlebenschance für Erkrankte?
Da es sich um eine neue Erkrankung handelt, ist es sehr schwierig, statistische Aussagen über das Risiko einer Erkrankung zu machen. Vorläufige Schätzungen gehen davon aus, dass SARS in 3 bis 5 Prozent aller Fälle tödlich verläuft. Herkömmliche Lungenentzündungen verlaufen dagegen in bis zu 10 Prozent aller Fälle tödlich. Menschen, die den SARS-Virus erfolgreich bekämpft haben, müssen in der Regel nicht mit bleibenden Schäden rechnen.
Welche Ausmaße hatte die erste SARS-Welle?
Schwerpunkt der Epidemie waren China, Hongkong, Taiwan, Kanada und Singapur. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation gab es seit dem Bekanntwerden Mitte Februar 2003 weltweit mehr als 8400 SARS-Fälle. Rund 800 Patienten sind gestorben, mehr als 40 davon in Kanada. In Europa gab es zwar knapp 40 wahrscheinliche SARS-Fälle, aber keine Todesopfer.
Zum Vergleich: Rund ein Prozent der vier Millionen Deutschen, die jedes Jahr in subtropische und tropische Länder reisen, erkranken während oder nach der Reise an einer "klassischen" Lungenentzündung - hochgerechnet trifft es allein in Deutschland 40.000 Menschen.
Wie kann man sich schützen?
Falls SARS wieder ausbrechen sollte, wäre es ratsam, in den betroffenen Gebieten Menschenansammlungen zu meiden, um eine mögliche Ansteckung über Tröpfcheninfektion zu verhindern. Ein Mund-Nasenschutz kann ebenfalls vor einer Ansteckung schützen. Allerdings kann eine solcher Schutz nicht alle Viren zurückhalten, sondern nur das Infektionsrisiko senken.