Vietnam zwischen Gedenken und Kommerz
Mit dem Eindringen der nordvietnamesischen Armee auf das Gelände des südvietnamesischen Präsidentenpalastes endete am 30. April 1975 der Vietnamkrieg.
Scheitern der USA
In Panik versuchen Vietnamesen, die im Dienst der Amerikaner standen, auf dem Dach eines von der CIA genutzten Gebäudes einen der letzten Hubschrauber zu erreichen. Diese evakuierten ehemalige Mitarbeiter auf US-Schiffe vor der Küste des Landes. Doch viele Flüchtende blieben im April 1975 zurück. Das weltberühmte Foto ist zu einem Symbol des Scheiterns der USA in Vietnam geworden.
Erinnerung
Nur zwölf Gehminuten entfernt vom Gelände der ehemaligen US-Botschaft erinnert heute ein Museum an mehr als 35 Jahre Krieg in Vietnam. Der Unabhängigkeitskampf gegen Frankreich wird ebenso dokumentiert wie der "amerikanische Krieg" – wie der Vietnamkrieg im Land selbst heißt. Das beliebte Touristenziel bietet auch eine große Sammlung an Fotos vietnamesischer und internationaler Fotografen.
Der Horror von Cu Chi
Zu sehen ist auch das Bild eines unbekannten Fotografen aus dem 20 Kilometer von Saigon entfernten Cu Chi. Dort hatten die Vietnamesen ein riesiges Tunnelsystem mit Kommandozentralen, Krankenhäusern und Feldküchen angelegt. Trotz jahrelanger Bombardements, dem Einsatz des hochgiftigen Entlaubungsmittels Agent Orange und Schäferhunden des deutschen BKAs konnten die USA den Gegner nie vertreiben.
Tunnel als Attraktion
Heute kriechen jedes Jahr tausende Touristen durch die Tunnel von Cu Chi. Für die Westler wurden sie eigens vergrößert. Trotzdem ist diese Attraktion nichts für Menschen mit Klaustrophobie.
Ruhe im Park des Präsidenten
Einen Tag nachdem die letzten Hubschrauber der US-Marines abgezogen waren, erholen sich die nordvietnamesischen Truppen im Park des südvietnamesischen Präsidentenpalasts. Nach jahrzehntelanger Entbehrung mit Millionen Toten war nicht nur die Unabhängigkeit, sondern auch die Wiedervereinigung erreicht.
Wiedervereinigungspalast
Auch heute ist der Park des "Wiedervereinigungspalastes" ein beliebtes Freizeitziel in der Millionenmetropole Ho Chi Minh Stadt (früher: Saigon). Grünflächen sind nämlich rar. Im Gebäude selbst ist heute ein Museum untergebracht, das weniger die militärische als vielmehr die politische Dimension des Vietnamkriegs darstellt - natürlich aus Sicht der Kommunistischen Partei Vietnams.
My Lai
Schon Jahre vor dem Fall von Saigon hatten die USA in den Augen vieler jegliche Legitimation verloren. Traurige Berühmtheit erlangte 1968 das Massaker von My Lai. Amerikanische GIs ermordeten in einem mehrstündigen Blutrausch 504 Menschen. Darunter Greise, Frauen, Kinder und Säuglinge. My Lai war kein Einzelfall.
Monument für die Toten
Am ehemaligen Dorfeingang erinnert heute ein Denkmal im realsozialistischen Stil an die Opfer. Dahinter liegt ein Geisterdorf. Die Hütten wurden wieder aufgebaut, aber sind unbewohnt. Auf den Wegen symbolisieren Fußabdrücke die Toten.
Hanoi Hilton
Tran Trong Duyet war Gefängnisdirektor des berüchtigten Hoa Lo Gefängnisses, das von den Amerikanern "Hanoi Hilton" getauft worden war. Auf dem Schwarzweißfoto spricht der Direktor zu den Gefangenen. Im Hanoi Hilton waren vor allem amerikanische Piloten interniert, die auf einem der zahlreichen Bombardements abgeschossen worden waren.
Vom Gefangenen zum Senator
Der bekannteste Häftling im Hanoi Hilton ist der heutige US-Senator John McCain. Er besuchte das Gefängnis 2009 und wurde herzlicher empfangen als bei seinem ersten Besuch.
Legitimation der autoritären Führung
Bis heute zieht die autoritär regierende Kommunistische Partei Vietnams ein erhebliches Maß an Legitimation aus dem Krieg. Alte Propagandaplakate erinnern zurzeit in Saigon an den Sieg von 1975. Dabei kommt nie zur Sprache, dass der Krieg auch ein Bürgerkrieg war.
Propaganda als Verkaufsschlager
Die Poster von damals sind heute ein echter Verkaufsschlager. In Hanoi und Saigon gibt es dutzende Läden, die sich auf den Verkauf spezialisiert haben. Praktisch alle Kunden stammen aus dem Westen.
Kommunisten-Café
Rund zwei Drittel der 90 Millionen Vietnamesen sind jünger als 35. Sie kennen den Krieg nur aus Erzählungen. Wer im Land unterwegs ist, merkt schnell, dass der Vietnamkrieg für die Einwohner oft viel weniger präsent ist als für westliche Besucher. Das wird fürs Geschäft genutzt. Das Cong Caphee (Kommunisten-Café) in Hanoi lockt mit Kriegsoptik und pseudo-authentischem Dekor.