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Kunst

Das neue Bauhaus-Museum in Dessau

8. September 2019

Dessau hat am Wochenende sein neues Bauhaus-Museum eröffnet. Es präsentiert die Design-Ikonen der weltweit zweitgrößten Bauhaus-Sammlung. Zur Einweihung kam auch Bundeskanzlerin Merkel.

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In der Glasfassade des neuen Bauhaus-Museums Dessau spiegelt sich die Stadt
Bild: DW/S. Dege

In der Fassade des langgestreckten Bauwerks mitten in der Innenstadt, am Rand des Stadtparks von Dessau, spiegeln sich Rathausturm, alte Post und Mietskasernen aus DDR-Zeit. Doch noch fremdeln die Dessauer mit ihrem neuen Glaskasten: Immerhin hatte der Entwurf des spanischen Architekten Roberto Gonzales vollkommene Transparenz versprochen. Das Bauwerk sollte Stadtpark und Stadt verbinden, mit vielen Durch- und Ausblicken. Doch dazu kam es nicht: Um Vögel auf Distanz zu halten, wurde die Glashülle flächendeckend mit schwarzen Streifen abgedunkelt. So bleibt der Blick auf die offene Bühne im Erdgeschoss versperrt. Und erst recht die fensterlose "Black-Box" im Obergeschoss, genial eingehängt zwischen den beiden Treppenhäusern, kann seine optische Wirkung nicht wirklich entfalten. Schon nennen viele Dessauer ihr neues Museum ironisch ein "besseres Autohaus".

Bauhaus-Chefin Claudia Perren kann dem Neubau, für den der Bund und das Land Sachsen-Anhalt knapp 30 Millionen Euro ausgaben, und der in nur knapp zweijähriger Bauzeit errichtet wurde, dennoch "interessante Perspektiven" abgewinnen. Denn nicht nur architektonisch kann das neue Museum punkten. Als zentrale Anlaufstelle vernetzt es die vorhandenen Bauhaus-Areale in der Stadt, die sich wie eine "Perlenkette" von Nord nach Süd ziehen: vom Rande des Stadtparks über die Bauhaus-Siedlung bei Dessau-Törten bis hin zum benachbarten Arbeitsamt. 

Claudia Perren, Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau, und Roberto Gonzalez vom Architekturbüro Addenda Architects aus Barcelona stehen im neuen Bauhaus Museum in Dessau.
Claudia Perren, Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau, und Roberto Gonzalez vom Architekturbüro Addenda Architects aus Barcelona im neuen Bauhaus Museum in DessauBild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt

Bisher war die Bauhaus-Stadt vor allem wegen seiner zwölf originalen Bauhaus-Gebäude bekannt, darunter das Kornhaus als Gaststätte an der Elbe, entworfen von Carl Fieger, die Meisterhäuser, eine serielle Minisiedlung mit ineinander verschachtelten, weißen Kuben, Flachdächern und schwarz gerahmten Fensterfronten oder schließlich das gleichfalls ebenfalls von Bauhaus-Gründer Walter Gropius entworfene Schulgebäude mit seiner berühmten Glasvorhangfassade.

Auf Druck der Nazis aufgelöst

Sieben Jahre hatte das Bauhaus in Dessau - das mittlerweile Dessau-Roßlau heißt - seinen Sitz. Von 1925 bis 1932 erlebte es hier seine Blütezeit. Die 1919 in Weimar von Walter Gropius (1883-1969) gegründete Designschule revolutionierte als Hochschule für Gestaltung zwischen 1919 und 1933 die architektonischen und ästhetischen Auffassungen. Am Bauhaus wurde gelehrt und gelernt, künstlerisch experimentiert und an industriellen Prototypen gearbeitet. Von Dessau zog das Bauhaus 1932 nach Berlin um, wo es sich 1933 auf Druck der Nationalsozialisten auflöste.

Im 100. Jahr nach der Bauhaus-Gründung hat zunächst in  Weimar ein neues Bauhaus-Museum eröffnet. Nun also ist Dessau an der Reihe. Mit Stolz lenkt Stiftungsdirektorin Perren den Blick auf die Dessauer Bauhaus-Sammlung, hochzufrieden, dass sie jetzt im neuen Museum auf 1.500 Quadratmetern "endlich umfassend präsentiert" werden kann. Denn die Stiftung Bauhaus Dessau verfügt über die weltweit zweitgrößte Sammlung zum Bauhaus. Das ist erstaunlich, denn in Dessau war nach der Schließung des Bauhauses - anders als in Weimar - kein einziges Objekt mehr vorhanden, wie Kurator Wolfgang Thörner erinnert. Erst 1976 - nach dem 50. Jahrestag des Bauhauses - erwarb die Stadt erste Exponate von einer Leipziger Galerie. Bis zur Gründung der Stiftung Bauhaus Dessau 1994 wuchs die Sammlung auf 9000 katalogisierte Objekte an. Heute sind es - dank Schenkungen und diverser Nachlässe - mehr als fünfmal so viele. 

Design-Ikone: Stahlrohrsessel von Marcel Breuer
Design-Ikone: Stahlrohrsessel von Marcel BreuerBild: DW/S. Dege

Die Sammlung als Versuchsstätte

In seiner ersten Ausstellung zeigt das Museum anhand von 1.200 Exponaten die Geschichte sowie die Lern- und Lehrmethoden der Schule für Architektur, Kunst und Design. Der schlichte Titel: "Versuchsstätte Bauhaus. Die Sammlung". Die Schau beschreibe das Bauhaus als einen lebendigen Ort, sagt Kuratorin Regina Bittner. Die Schwierigkeit aber war: "Wie stellt man eine Schule aus?". Der Anspruch der Ausstellungsmacher: "Uns ging es darum, die Schule in ihrem politischen Umfeld, mit ihren wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Herausforderungen darzustellen."

Unten also ein Forum für Tanz, Konzerte, Theater oder Gespräche, oben in der hängenden "Black Box" die lange überfällige Dauerausstellung. Das ehemalige von Gropius entworfene Schulgebäude, darin waren sich alle Experten einig, war für den Museumsbetrieb ungeeignet. Drei Themenräume hat das Kuratorenteam eingerichtet, alle tief schwarz gestrichen. Eine Sound-Installation führt gleich am Eingang vor, wie das Bauhaus in Dessau seit seiner Ansiedlung 1925 politisch diskutiert wurde, bevor die Nazis es gänzlich diskreditierten.

Heute, 100 Jahre nach der Gründung des Bauhauses, "spüren wir wieder die Faszination des Projektes Bauhaus", sagte Angela Merkel bei der der Eröffnung des neuen Museums in Dessau. Die Schule beeinflusse bis heute, "wie wir bauen, wie wir wohnen und gestalten". Es sei eine wunderbare Sache, dass mit dem Museum in umfassender Weise das Bauhaus und seine Leistungen, von der Architektur bis zu Haushaltsgegenständen, gezeigt werden können. Denn das Bauhaus stehe für eine Avantgarde, "die uns heute noch sehr gefällt".