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Versorgungsrisiken vernetzt denken

Christina Ruta18. Juni 2013

Brot, Wasser oder ein warmes Zuhause: Der Kampf gegen den Hunger kann die Wasser- und Energieknappheit verschärfen - und umgekehrt. Müssen wir uns in Zukunft für das kleinere Übel entscheiden?

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Ein Mann bewäsert ein Feld in Niger (Foto: AFP/GettyImages)
Bild: Issouf Sanogo/AFP/GettyImages

Die Prognosen der Forscher sind eindeutig: Weil immer mehr Menschen auf der Erde leben, wird der Bedarf an Nahrungsmitteln in den kommenden Jahren drastisch steigen - um bis zu 35 Prozent bis 2030. Mit spürbaren Folgen für die ebenfalls regional sehr knappen Güter Energie und Wasser. "Das weltweite Wirtschaftswachstum wird dazu führen, dass anders gegessen wird - und zwar mehr Fleisch und Milchprodukte. Für die Produktion von Fleisch braucht man aber zehnmal soviel Wasser wie für den Anbau von Getreide", erklärt Bettina Rudloff von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Die Forscherin hat unlängst eine Studie zur Vernetzung von Wasser-, Nahrungs- und Energiekrise mitverfasst. "Man erkennt die Zusammenhänge auch an den Preisentwicklungen, etwa für Agrarprodukte und Erdöl: Die Preistrends und -schwankungen sind sehr ähnlich.“ Müssen wir uns in Zukunft also zwischen mehr Trinkwasser, weniger Hunger oder einer besseren Energieversorgung entscheiden?

Unerwünschte Nebenwirkungen ausschließen

Die Folgen dieser "unerwünschten Nebenwirkungen" erklärt Franz-Josef Batz von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) an einem Beispiel aus Indien: Dort subventioniert der Staat den Energieeinsatz in der Landwirtschaft, Brennstoffe werden vergünstigt angeboten. In der Folge setzen Landwirte auf energieintensive Wasserpumpen. Der Grundwasserpegel sinkt, und am Ende können weniger Agrarprodukte angebaut werden. "Wir müssen uns überlegen, wie genau wir das Wasser nutzen wollen: Der Zugang zu sauberem Wasser ist einerseits ein Menschenrecht, andererseits braucht die Wirtschaft, um zu wachsen, auch Wasser für Energie."

Ein Traktor bewässert Ölpalmen in Malaysia (Foto: AP Photo/Louis Pang)
Ölpalmenplantage in Malaysia für BiokraftstoffBild: AP

Verantwortlichkeiten erschweren vernetztes Denken

Eine größere öffentliche Debatte über die Verbindungen zwischen Nahrungsmitteln, Wasser und Energie gibt es seit gut zwei Jahren. Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos 2011 war das Thema Gegenstand eines Risikoberichts. In Deutschland hat die Bundesregierung eine eigene Konferenz zu diesem Thema organisiert. Konkrete politische Fortschritte seien allerdings schwierig zu erreichen, analysiert SWP-Expertin Bettina Rudloff.  Wasser, Energie und Nahrungsmittel werden in Deutschland, aber auch in anderen Staaten in getrennten Ministerien und auf verschiedenen politischen Ebenen bearbeitet. Für die Agrarpolitik ist in Europa vor allem Brüssel zuständig, Energiepolitik ist bislang nationalstaatlich organisiert.

Und doch lassen sich erste Fortschritte auf dem Weg zu einem "vernetzten Denken" registrieren: Immer häufiger werden Agrar-Subventionen an bestimmte Bedingungen geknüpft, die für die Wasserversorgung relevant sind - wie etwa dem Verbot bestimmter Dünge- und Pflanzenschutzmittel. Auch die EU-Biokraftstoffpolitik nennt Rudloff als Beispiel. Die hohen Zielvorgaben für den Einsatz nachwachsender Rohstoffe wurden zurückgenommen - nachdem klar wurde, dass die Anbauflächen für die Agrarkraftstoffe bei der Nahrungsmittelproduktion fehlen. Für die Zukunft fordert Agraringenieurin Rudloff eine "Nexus-Folge-Bewertung", um die Auswirkungen im gesamten Wasser-Energie-Nahrungsmittel-Nexus zu verdeutlichen.

Bettina Rudloff von der SWP (Foto: SWP)
Bettina Rudloff von der SWPBild: SWP

Vernetzte Maßnahmen vor Ort

Einzug hält das vernetzte Denken auch in der deutschen Entwicklungshilfe. Ob in Indien oder Jordanien: Die GIZ versucht Bevölkerung und Politik für die Zusammenhänge zwischen Energiepolitik und Agrarproduktion sowie Trinkwasserversorgung zu sensibilisieren. "In Jordanien haben wir ein Vorhaben, das sich um die Effizienz von Wasserpumpen kümmert. In drei bis vier Jahren konnten wir zeigen, dass Effizienzgewinne von bis zu 30 Prozent möglich sind", berichtet Franz-Josef Batz im DW-Interview. Er hofft auf die finanzstarke Privatwirtschaft als starken Partner, denn auch Konzerne wie Coca-Cola hätten ein großes Interesse an Wassersicherheit.