Verschärfter Anti-Piraten-Einsatz
22. März 2012Der Anti-Piraten-Einsatz der Europäischen Union vor der somalischen Küste gilt insgesamt als gelungen. Neun Kriegsschiffe mehrerer EU-Staaten, darunter Deutschland, begleiten zum Beispiel Hilfstransporte nach Somalia und patrouillieren die Seewege der Handelsschiffahrt. Die Piratenüberfälle sind zurückgegangen. Deshalb ist auch der deutsche Verteidigungs-Staatssekretär Christian Schmidt für eine Verlängerung des Einsatzes zunächst bis Ende 2014: "Das Wichtigste ist, dass Atalanta per se fortgesetzt wird, weil es eine erfolgreiche Mission ist."
Blockade aus Deutschland gelockert
Doch Verteidigungsexperten sind sich einig, dass die Mission noch mehr erreichen könnte, würden die Piraten auch an Land bekämpft. Es geht zum Beispiel darum, aus der Luft ihre Boote, Munitionslager oder Nachschubwege zu zerstören. Solange keine Bodentruppen eingesetzt werden, scheint eine solche Mandatsausweitung inzwischen auch Konsens auf EU-Regierungsebene zu sein, nachdem Deutschland als letztes Land seine Einwände offenbar aufgegeben hat. Staatssekretär Schmidt deutete das in Brüssel jedenfalls an: "Ich erwarte da keine kontroversen Diskussionen."
Den formellen Beschluss dürften die Außenminister am Freitag fällen. In dem Fall müsste aber, was Deutschland betrifft, der Bundestag ein neu formuliertes Mandat erteilen, weil sich das bisherige nur auf den Einsatz auf See bezog. "Das wird dann sehr zeitnah in Berlin passieren", ist sich Schmidt sicher.
Auch Somalias Nachbarn unterstützen
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen, der an dem EU-Ministerrat teilnahm, begrüßte den erwarteten zusätzlichen Beitrag der EU. "Wir schätzen alle Anstrengungen gegen Piraterie. Ich halte es aber auch für sehr wichtig, Ländern in der Region zu helfen, Kapazitäten aufzubauen, damit sie selbst Piraten bekämpfen können." NATO und EU teilen sich die Aufgabe am Horn von Afrika und arbeiten eng zusammen, die NATO mit ihrer "Operation Ocean Shield", die EU mit "Atalanta". Auch die NATO hat ihren Einsatz verlängert, bei der EU steht nur noch die förmliche Entscheidung aus.
Gemeinsame Militärprojekte sparen Geld
NATO und EU haben allerdings auch ein gemeinsames internes Problem: Ihre Mitgliedsstaaten müssen sparen, auch bei ihren Verteidigungsausgaben. Das muss allerdings nicht unbedingt auf Kosten der Verteidigungsfähigkeiten gehen, sagt Claude-France Arnould, die Leiterin der Europäischen Verteidigungsagentur EDA. Die EDA wurde gegründet, um die Rüstungszusammenarbeit der EU-Staaten zu fördern. Allein Dänemark ist der EDA ferngeblieben.
Europa habe noch viel zu viele parallele Kapazitäten, glaubt Arnould. Durch ein Programm des Teilens und Zusammenlegens will sie viel Geld sparen, zum Beispiel bei mobilen Feldlazaretten. Hier sieht Arnould einen Durchbruch: "13 Minister haben eine Absichtserklärung zur Schaffung multinationaler modularer Lazarette unterzeichnet. Diese Lazarette stünden natürlich bei Naturkatastrophen ebenso wie für das Militär zur Verfügung." In den mobilen Einheiten sollen Operationen, Röntgenuntersuchungen und Wiederbelebungen möglich sein.
Verwundbare Europäer
Ob es um gemeinsame Ausbildung von Hubschrauber- und Flugzeugpiloten, gemeinsame Testeinrichtungen für militärisches Gerät oder um Energieeinsparung durch Sonnenkollektoren auf Kasernendächern geht, die EDA-Chefin sieht ein riesiges Einsparpotential. Der Lufteinsatz über Libyen habe aber auch gezeigt, dass mehr Kooperation nicht nur wünschenswert, sondern in manchen Bereichen dringend notwendig sei. Beim Libyen-Einsatz waren nämlich die Europäer bei der Luftbetankung ihrer Maschinen auf amerikanische Tankflugzeuge angewiesen.
Die Minister haben auch hierzu eine Absichtserklärung unterzeichnet. Doch bei der Rüstungskooperation ist es schon bisher oft bei bloßen Absichten geblieben. Bei der NATO wie bei der EU ist der Verteidigungsbereich einer der empfindlichsten und prestigeträchtigsten überhaupt. Souveränitätsverzicht scheint nirgendwo so schwierig zu sein wie beim Militär.