Steuererklärung gegen Corona-Langeweile
13. Mai 2020In Deutschland müssen Arbeitnehmer Einkommenssteuer zahlen - wie auch in anderen Ländern. Und ob Sie es glauben oder nicht, auch die Deutschen beschweren sich gern darüber, immerhin fallen bis zu 42 Prozent des Einkommens für die Steuer an.
Um steuerpflichtig zu sein, gibt es ein Mindesteinkommen, das im Jahr 2020 bei unverheirateten Personen bei 9.408 Euro liegt. Angestellten wird die Einkommensteuer direkt vom Arbeitgeber abgezogen und an das Finanzamt überwiesen. Deshalb sagen die Deutschen auch Lohnsteuer.
Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern, in denen die auf dem Lohnzettel abgeführten Steuern endgültig sind, ist es in Deutschland gut möglich, dass Sie zu viel gezahlt haben. Dann haben Sie Anspruch auf eine Rückerstattung. Ab hier wird es lustig.
Viele Deutsche - bei Freiberuflern und Selbstständigen ist es Pflicht, bei Angestellten nicht - reichen für das zurückliegende Jahr eine Steuererklärung beim Finanzamt ein. Manche haben Glück und erhalten dadurch mehrere hundert Euro zurück. Andere müssen dagegen nachzahlen.
So oder so: Wenn die Steuererklärung gemacht werden muss, gibt es wohl keinen besseren Zeitpunkt als die Corona-Krise. Hier erfahren Sie, wie Profis vorgehen.
Keine Erstattung des Einkaufsbummels
Zunächst müssen Sie Ordnung in die Zettelwirtschaft bringen: Quittungen, Rechnungen und Verträge. Was zu den Ausgaben zählt, die Sie geltend machen können, hängt natürlich davon ab, was Sie beruflich machen. Es ist unwahrscheinlich, dass Sie für Ihren letzten Einkaufsbummel bei H&M Geld zurückbekommen. Aber was ist, wenn es in Ihrem Job einen strengen Dress-Code mit obligatorischen Outfits gibt?
Sofern Sie Kleidung ausschließlich für Ihre Arbeit kaufen müssen, wird die Ausgabe anerkannt. Für verschiedene Berufe können verschiedene Posten abgezogen werden - von Schuhen über Schreibwaren bis hin zu Computer-Hardware. In jedem Fall gilt: Bewahren Sie die Quittungen gut auf! Sie müssen nicht alle einreichen, es kann allerdings sein, dass sich Ihr Finanzamt später meldet und sich Ihre Angaben belegen lassen will.
Elster ist kein Vogel
Wenn Sie die deutsche Sprache bereits so weit beherrschen, dass Sie Fachvokabular verstehen – Hut ab! Dann können Sie die Elektronische Steuererklärung nutzen, kurz: Elster. Das ist eine Art Online-Finanzamt, das viele nutzen, die sich keinen Steuerberater leisten können oder wollen. Es gibt auch englischsprachige Dienste, die helfen können: über SteuerGo und Taxfix bis hin zu Wundertax.
Online-Dienste kassieren nur rund 30 Euro pro Einreichung, sie haben aber einen Haken: Sie sind nicht gerade ideal für Personen mit komplizierteren Finanzen, wie Freiberufler mit mehreren Einkommen oder Gehältern aus verschiedenen Ländern. In einem solchen Fall könnte sich ein Steuerberater lohnen, der es gewohnt ist, mit Expats zu arbeiten - auch wenn die Kosten der Beratung zunächst hoch erscheinen.
Nichts für zwischendurch
Ich möchte Sie jetzt schon warnen: Wenn Sie glauben, dass Sie die Steuererklärung mal eben zwischendurch erledigen können, machen Sie sich auf eine herbe Enttäuschung gefasst. Die Arbeit an Ihren Steuern erfordert mindestens ein Wochenende: das Sammeln und Sortieren der Belege aus dem gesamten Vorjahr, das Auffinden aller Rechnungen, die Ihnen per E-Mail zugeschickt wurden, das Kopfzerbrechen über alle möglichen Posten und Dienstleistungen, die möglicherweise abzugsfähig sind: Haben Sie eine kostenpflichtige LinkedIn-Mitgliedschaft, Zeitungsabos, Virenschutzprogramme?
Das ist nicht in einer Stunde erledigt, also nehmen Sie sich ausreichend Zeit für den Papierkram. Dann ist die Chance größer, die Steuererklärung anschließend auch einreichen zu können – statt entnervt aufzugeben, die Sache vor sich herzuschieben und Tage später einen neuen Anlauf unternehmen zu müssen.
Tipps holen
Wenn Sie noch keine Erfahrung haben, scheuen Sie sich nicht, sich Tipps von anderen einzuholen. Sie werden überrascht sein zu erfahren, was Kollegen und Freunde alles erfolgreich von der Steuer absetzen. Gebühren für die Verwaltung des Bankkontos, Internetkosten, Seminare und Kurse zur beruflichen Weiterbildung, Sprachkurse und sogar die Kosten für die Beantragung Ihres Visums – das alles können Expats geltend machen.
Der häufigste Grund, eine Ausgabe nicht absetzen zu können, ist ein fehlender Beleg. Also starten Sie am besten JETZT damit, die Quittungen des laufenden Jahres zu sammeln. Das erspart Ihnen im nächsten Frühjahr eine Menge Ärger, wenn Sie die Steuererklärung für 2020 machen. Viel Erfolg!
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