Verlorene Schlachten
22. August 2002Die Zahlen sind beeindruckend und dazu geeignet, die Konkurrenz in Angst und Schrecken zu versetzen: Der Umsatz von Aldi Süd und Aldi Nord wuchs 2001 um zehn Prozent auf 21 Milliarden Euro. Der Trend ist ungebrochen: In den ersten sechs Monaten dieses Jahres konnte der Lebensmittelriese wieder ein Plus von 10,4 Prozent verzeichnen - bei insgesamt sinkenden Branchenumsätzen.
Auch Lidl, Plus und Norma verzeichneten kräftige Zugewinne; die Umsatzentwicklung der Discounter weist für das erste Halbjahr ein Plus von 7,4 Prozent aus. Der Umsatz der "klassischen" Supermärkte, die traditionell auf Markenware setzen, schrumpfte im gleichen Zeitraum um 8,2 Prozent.
Außer Konkurrenz
Den Preiskampf mit Aldi haben die Mitbewerber inzwischen aufgegeben. In dieser Disziplin spielt der Discounter nahezu konkurrenzlos. Das Aldi-Konzept scheint unschlagbar: niedrige Verwaltungskosten, keine kostspielige Produktpräsentation, Konzentration auf den Faktor Masse und der fast durchgängige Verzicht auf Markenprodukte.
99 Prozent des Aldi-Sortiments bestehen nach einer Schätzung des Branchendienstes M+M Eurodata inzwischen aus No-Name-Produkten. Die Haribo Goldbären sind bei Aldi eine der letzten Spezies aus der bedrohten Gattung der Markenprodukte.
Den Kunden ist das reichlich schnuppe: Ohnehin sind 72 Prozent davon überzeugt, dass es sich bei den No-Names um Markenartikel in veränderter Verpackung handelt, Qualitätseinbußen also nicht zu erwarten seien. Genaueres ist zu diesem Thema kaum zu erfahren. Die meisten Markenhersteller halten sich bei diesem Thema verständlicherweise höchst bedeckt.
Nach der Schlacht ist vor der Schlacht
Jetzt ist bei einem Markenkonzern neuer Kampfesmut aufgeflammt. "Eine Schlacht gegen Aldi ist verloren", gesteht Ernst Schulte, Verkaufsleiter der Unilever Bestfoods Deutschland GmbH. Nun geht es darum, den Krieg zu gewinnen.
Unilever startet mit seiner Produktpalette von Iglu über Pfanni bis hin zu Knorr, Langnese und Lätta einen gigantischen Werbefeldzug. Schon im letzten Jahr war Unilever nach eigenen Angaben der größte Werbetreibende Deutschlands, für die seit Mitte August laufende Kampagne wurde der Etat nochmals um 50 Prozent aufgestockt - die darbende Werbebranche kann es gebrauchen. "Bedeutung, Innovationskraft und Qualität von Markenartikeln" wolle man gegenüber den "mit Dauerniedrigpreisen angebotenen Zweit- und Drittprodukten bei Discountern" zu Felde führen.
Unilever will mit der Kampagne eine neue Preispolitik im Lebensmittelhandel durchsetzen und hofft, dass andere bei der Attacke nachziehen. Dies scheint nach Ansicht des Handelsanalysten Herbert Kuhn von M+M Eurodat aber schon aus einem einfachen Grund fraglich: Die meisten Hersteller stünden ohnehin auf der Einkaufsliste von Aldi und - können ohne den Discount-Riesen nicht überleben.