Verhärtete Fronten vor EU-Ministertreffen
22. September 2015Vor dem Sondertreffen der EU-Innenminister zur Flüchtlingskrise herrscht einem Zeitungsbericht zufolge weiter Streit über die geplante Umverteilung von 120.000 Flüchtlingen auf die Mitgliedstaaten. Wie die Zeitung "Die Welt" unter Berufung auf hohe EU-Diplomaten berichtet, konnten sich die Botschafter der 28 EU-Länder am Montagabend in Brüssel nach fast zehnstündigen Verhandlungen nicht auf eine gemeinsame Linie einigen.
Umstritten sei, nach welchen Regeln und zu welchem Preis sich einzelne Mitgliedsländer aufgrund besonderer Umstände davon freikaufen können, umverteilte Flüchtlinge aufnehmen zu müssen. "Insbesondre Frankreich drängt auf Regelungen, die einen Freikauf nahezu unmöglich machen", zitierte das Blatt einen europäischen Diplomaten.
Umverteilen ja, aber wie?
Uneinigkeit gibt es zudem in der Frage, welche Länder durch die Umverteilung entlastet werden sollen. Die EU-Kommission hatte ursprünglich vorgeschlagen, 54.000 Flüchtlinge aus Ungarn, 50.400 aus Griechenland und 15.600 aus Italien umzuverteilen. Da Ungarn eine Umsiedlung aber generell ablehnt, sei nach den Beratungen der Botschafter immer noch offen, was mit dem ungarischen Kontingent von 54.000 Flüchtlingen passieren solle.
Dritter Streitpunkt bei den Beratungen der EU-Botschafter war dem Blatt zufolge die geplante Abstimmung der Mitgliedstaaten über die Umverteilungspläne der EU-Kommission. Nach Ansicht der luxemburgischen Ratspräsidentschaft und der EU-Kommission sollten in einer so wichtigen politischen Frage alle Mitgliedstaaten zustimmen. Zahlreiche Regierungsvertreter hätten dagegen die Auffassung vertreten, dass die Gegner einer Umverteilung wie Ungarn, Tschechien, die Slowakei und Polen mit einer qualifizierten Mehrheit notfalls überstimmt werden sollten. Mit einem solchen Vorgehen droht angeblich auch die Bundesregierung.
Zweiter Anlauf
Europa sieht sich derzeit mit der größten Flüchtlingskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs konfrontiert. Bei einem ersten Sondertreffen hatten die EU-Innenminister vor einer Woche lediglich im Grundsatz beschlossen, 120.000 Flüchtlinge umzusiedeln, um besonders belastete Länder wie Italien und Griechenland zu unterstützen. In der Schlüsselfrage, welches Land wieviele Menschen aufnimmt, gab es jedoch keine Einigung.
Angesichts des EU-Sondergipfels zur Flüchtlingsfrage, der für Mittwoch angesetzt ist, hat der Druck auf die Minister daher erheblich zugenommen. Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten wollen in erster Linie über den besseren Schutz der EU-Außengrenzen sowie über Finanzhilfen für Länder mit großen Flüchtlingslagern wie Jordanien, Libanon und die Türkei beraten.
kle/nin (rtr, afp, dpa)