Verhärtete Fronten nach Tsipras-Auftritt
9. Februar 2015Wolfgang Schäuble ist nach eigenen Wortlos ratlos, wie Griechenland seine immensen Finanzprobleme in den Griff bekommen will. Wenn die neue Regierung in Athen Hilfe wolle, brauche es dafür ein mit den europäischen Schuldnern abgestimmtes Programm, machte er in Istanbul am Rande der G20-Finanzministerkonferenz deutlich. Das habe auch der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, jüngst klargestellt. "Ich habe immer noch nicht verstanden, wie die Griechen das stemmen wollen", fügte Schäuble mit Blick auf die Athener Pläne hinzu, aus dem bisherigen Hilfsprogramm auszusteigen.
"Wir können nicht zahlen"
Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras von der linken Syriza-Partei hatte am Sonntag im Parlament in Athen bei der Vorstellung des Regierungsprogramms seine Abkehr vom Sparkurs bekräftigt. Sein Land könne die Schulden nicht zurückzahlen und wolle ein Überbrückungsprogramm bis Juni, erklärte er vor den Abgeordneten. In dieser Zeit soll das Schuldenprogramm neu verhandelt werden, was die internationalen Geldgeber strikt ablehnen. Das aktuelle Hilfsprogramm in Höhe von 240 Milliarden Euro läuft Ende Februar aus. Ohne eine Anschlussfinanzierung droht Griechenland bald die Pleite. DIe strengen Auflagen von EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) im Gegenzug für die Milliarden-Finanzhilfen haben das Land in eine tiefe Rezession und schwere soziale Krise gestürzt.
Börsen nervös - USA mahnen
An den Börsen weltweit sorgte Tsipras' kompromisslose Regierungserklärung für Nervosität. In Athen verlor der Leitindex Athex zeitweise mehr als fünf Prozent.
Nochmals beunruhigt zeigte sich auch die US-Regierung. Griechenland und seine europäischen Partner müssten eine "pragmatische Lösung finden und den Druck aus den Diskussionen nehmen", forderte US-Finanzminister Jacob Lew. "Das ist im Interesse der ganzen Welt".
Briten wappnen sich gegen möglichen Euro-Austritt Griechenlands
Das kritische EU-Mitglied Großbritannien bereitet sich bereits auf einen eventuellen Austritt Griechenlands aus der Eurozone vor. Premierminister David Cameron traf sich deshalb mit Vertretern des Finanzministeriums und der britischen Notenbank, wie ein Regierungssprecher bestätigte. Ziel sei es, potenzielle negative Auswirkungen für Großbritannien und seine Wirtschaft möglichst gering zu halten.
Großbritannien, das nicht der Eurozone angehört, ist über sein Bankensystem nur in vergleichsweise geringem Umfang mit Griechenland verknüpft. "Es bleiben aber Ansteckungsgefahren und das Risiko der Verunsicherung", hieß es aus der Downing Street in London.
G20-Pakt gegen Steuertricks
Neben dem Konflikt, wie die Gemeinschaft mit Griechenland weiter verfährt, geht es bei dem Treffen in Istanbul vor allem um den Kampf gegen Steuerschlupflöcher internationaler Konzerne. Die Finanzminister und Notenbankchefs der G20 wollen sich auf neue Leitlinien verständigen, wie Länder künftig untereinander Steuerdaten multinationaler Unternehmen austauschen. Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die das Vorgehen koordiniert, sollen die zuständigen Behörden die entsprechenden Daten ab 2017 grenzübergreifend einsehen können.
se/mak (rtr, afp, dpa)