1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Nur verhaltenes Lob für Obama

18. Januar 2014

Bundesregierung und EU-Kommission begrüßen die Ankündigung des US-Präsidenten, die NSA-Spionage einzuschränken. Doch Union und SPD gehen die Reformpläne Obamas nicht weit genug.

https://p.dw.com/p/1At0K
USA PK Obama zur NSA-Affäre 17.1.2014 (Foto: rtr)
Bild: Reuters

Obamas kleine NSA-Reform

Mit Spannung war die Grundsatzrede von Barack Obama zur NSA-Spionage in Europa erwartet worden. Nach der rund 45 Minuten dauernden Ansprache des US-Präsidenten sind die Reaktionen in Berlin und Brüssel zwar positiv - aber Begeisterung kam keine auf. Die EU-Kommission schickte ein Sprecherin vor die Presse: Das Vorgehen Obamas zeige, dass die berechtigte Sorgen der EU in Washington gehört wurden, teilte sie kurz und knapp mit.

Sinneswandel durch Merkel-Handy?

Und in Berlin erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert, die Bundesregierung begrüße grundsätzlich, "dass Datenschutz und Persönlichkeitsrechte auch von Nicht-US-Bürgern künftig stärker geachtet werden sollen". Er wiederholte die Formel, wonach "auf deutschem Boden deutsches Recht zu respektieren ist, auch und gerade von unseren engen Partnern und Verbündeten" - mithin Spionage also unter Strafe steht.

Obamas kleine NSA-Reform

Dabei betrifft eine Reform des US-Geheimdienstarbeit die Bundesregierung direkt: Künftig sollen nämlich laut Obama befreundete Staats- und Regierungschefs nicht mehr abgehört werden. Ein deutlicher Hinweis auf Kanzlerin Angela Merkel, deren Handy auch überwacht worden sein soll. Außerdem hatte Obama versprochen, dass Ausländer künftig teilweise mit US-Bürgern gleichgestellt würden, was den Schutz ihrer Privatsphäre betrifft.

Kein No-Spy-Abkommen erwähnt

Zugleich hatte Obama allerdings die Arbeit seiner Geheimdienste grundsätzlich verteidigt. Diese hätten mehrere Terrorangriffe auch im Ausland verhindert und Menschenleben gerettet. Und sie würden auch weiterhin Informationen über die Absichten anderer Regierungen zusammentragen, stellte er klar.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) drängt deshalb weiter auf ein Anti-Spionage-Abkommen mit Washington. "Erst wenn wir ein rechtlich verbindliches Abkommen unterzeichnet haben, das die Daten aller Bürger schützt, werden wir verlorenes Vertrauen zurückgewinnen können ", sagte er der "Bild am Sonntag". Obama habe ein solches Abkommen "mit keiner Silbe" erwähnt, kritisierte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Niels Annen, gegenüber der Deutschen Welle.

Union und SPD skeptisch

Auch dem Vorsitzenden des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), geht Obamas Rede nicht weit genug. "Das wird nicht zur Beruhigung der Bürger in Deutschland beitragen", sagte er der "Rheinischen Post" (Samstagausgabe). "Ich fürchte, dass die Amerikaner weiterhin und anlasslos Daten auch bei Verbündeten sammeln werden." Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), bezeichnete Obamas Rede als "eher technischer Natur".

Ein Lob bekam Obama dagegen von ungewohnter Seite. "Dass er dieses Problem, diesen Weltskandal der NSA-Spionage erkannt hat und dieses Problem ernst nimmt und dazu eine Rede hält, das ist ein Fortschritt, das habe ich so von unseren Politikern, von unserer Kanzlerin, aber auch von unseren Geheimdiensten bisher nicht gehört", sagte der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele im ZDF. Aber auch er äußerte Zweifel: "Ob das tatsächlich umgesetzt wird und ob es tatsächlich wirkt, da kann man skeptisch sein."

Assange und Amnesty enttäuscht

Wikileaks-Gründer Julian Assange kritisierte die Rede dagegen als völlig unzureichend. "Es ist peinlich für einen Staatschef, 45 Minuten lang zu reden und fast nichts zu sagen", sagte Assange dem Sender CNN. Der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, der seit 2012 in der Botschaft Ecuadors in London festsitzt, sagte, es sei völlig bedeutungslos, dass befreundete Staats- und Regierungschefs wie Kanzlerin Merkel nicht mehr abgehört werden sollen - so lange die Leute ausgespäht würden, mit denen die Politiker reden.

Auch der Chef von Amnesty International USA, Steven Hawkins, sagte, Obamas Ankündigungen reichten nicht aus, die ernsten weltweiten Sorgen wegen der Massenüberwachungen auszuräumen.

det/sc (afp, dpa, rtr, APE)