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Verfassungswidrig: Corona-Geld für Klimafonds

15. November 2023

Das Manöver der Regierung mit dem Nachtragshaushalt 2021 war grundgesetzwidrig. Das Bundesverfassungsgericht verwarf die Umwidmung von Corona-Geldern für den Klimafonds und gab einer Klage der Unionsfraktion statt.

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Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe mit seiner Vorsitzenden Doris König (Aufnahme vom 31. Oktober 2023)
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe mit seiner Vorsitzenden Doris König (Foto vom 31. Oktober 2023) Bild: Uli Deck/dpa/picture alliance

Das Bundesverfassungsgericht hat geurteilt, dass der Bund zur Bekämpfung der Corona-Krise gedachte Gelder nicht für den Klimaschutz nutzen darf. Die Änderung des Nachtragshaushalts 2021 sei verfassungswidrig, verkündete das höchste Gericht Deutschlands in Karlsruhe. Es gehe um die Wirksamkeit der Schuldenbremse, sagte die Vorsitzende Richterin des Zweiten Senats, Doris König, bei der Verkündung. Die Unionsfraktion im Bundestag hat damit erfolgreich gegen das Umschichten geklagt.

Mit Zustimmung des Bundestags umgeschichtet 

Wegen der Notfallsituation während der Corona-Pandemie hatte der Bund den Haushalt 2021 nachträglich in Form einer Kreditermächtigung um 60 Milliarden Euro aufgestockt. In solch außergewöhnlichen Situationen ist es trotz Schuldenbremse möglich, Kredite aufzunehmen. Am Ende wurde das Geld aber nicht für die Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen gebraucht. Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP wollte das Geld daher für den sogenannten Klima- und Transformationsfonds nutzen und schichtete es mit Zustimmung des Bundestages 2022 rückwirkend um.

Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck am 9. November 2023 im Bundestag
Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck dürften nun "not amused" sein Bild: Jens Krick/Flashpic/picture alliance

197 Abgeordnete der Unionsfraktion im Bundestag klagten dagegen in Karlsruhe, weil aus ihrer Sicht auf diese Weise die Schuldenbremse umgangen wird. Der Zweite Senat musste sich mit einer neuen Thematik befassen. Dabei ging es unter anderem darum, ob eine Kreditermächtigung auch wirtschaftliche Krisenfolgen abdecken darf und wann nachträgliche Haushaltsänderungen beschlossen werden müssen.

Wo endet der staatliche Spielraum für Kreditermächtigungen?

Unionsfraktionsvize Mathias Middelberg hatte bei der mündlichen Verhandlung im Juni gesagt, die Schuldenbremse brauche eine wirkliche Bremswirkung, damit nicht immer wieder Vorratskassen angelegt und Verwendungszwecke geändert würden. Auch in Notlagen müsse klar sein, wo der Spielraum des Staates für Kreditermächtigungen ende, ergänzte der Bevollmächtigte der Union, Karsten Schneider.

Mathias Middelberg legte bei der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht im Juni den Standpunkt der CDU/CSU-Bundestagsfraktion dar
Mathias Middelberg legte bei der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht im Juni den Standpunkt der CDU/CSU-Bundestagsfraktion darBild: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/picture alliance

Dagegen argumentierten Vertreter der Regierung, infolge der Pandemie habe die Volkswirtschaft geschwächelt, auch private Investitionen hätten angestoßen werden müssen. Mit der Umschichtung des Geldes habe ein Stück weit Verlässlichkeit für Investitionen geschaffen werden sollen. Parallel zur Verhandlung erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), eine Entscheidung gegen den Nachtragshaushalt würde Deutschland wirtschaftspolitisch hart treffen.

Zunächst grünes Licht gegeben 

In einer Eilentscheidung im November 2022 hatte das Gericht grünes Licht gegeben - auch mit Blick auf Verbraucherinnen und Verbraucher. Denn würde das Ganze gestoppt, stellte es sich später aber als verfassungsgemäß heraus, wäre der Schaden etwa in Form von Strompreiserhöhungen womöglich groß, hieß es damals zur Begründung. 

Aufgrund der jetzigen Entscheidung verringern sich die Finanzmittel für den Klima- und Transformationsfonds nun um eben 60 Milliarden Euro. Falls bereits eingegangene Verpflichtungen deshalb absehbar nicht mehr bedient werden könnten, "muss dies durch den Haushaltsgesetzgeber anderweitig kompensiert werden", betonte Richterin König.

Scholz: Regierung wird Urteil genau beachten

Bundeskanzler Olaf Scholz  kündigte an, die neuen Vorgaben zur Haushaltsaufstellung "genau zu beachten". Es sei denkbar, dass das Urteil "eine sehr tiefgreifende Veränderung der Haushaltspraxis" zur Folge habe, sagte Scholz im Bundestag. "Da gebietet sich kein Schnellschuss, sondern eine sorgfältige Prüfung." Auswirkungen auf den Zeitplan für die Verabschiedung des Bundeshaushalts 2024 habe das Urteil aber nicht.

Opposition sieht eine Niederlage

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach von einer "gigantischen Klatsche" für die Ampel-Koalition. "Der Ampel fliegt ihre unseriöse Haushaltspolitik um die Ohren", sagte er den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) sagte dem Portal t-online: "Karlsruhe hat die Selbstbedienungsmentalität der Ampel-Regierung gestoppt und die Schuldenbremse gestärkt." 

 Linken-Chefin Janine Wissler forderte die Regierung zur Aufhebung der Schuldenbremse auf. Der AfD-Haushälter Peter Boehringer meinte, es sei absolut überfällig, "dass Karlsruhe den Buchungstricks in Bezug auf die Schuldenbremse nun gewisse Grenzen setzt".

 sti/pg/uh/kle (afp, dpa, rtr)