Verbunden in Abneigung
23. Juli 2007Von einer Zäsur war am Ende die Rede, von der historischen Dimension, etwas völlig Neuem: Das erste Treffen nach über einem Vierteljahrhundert Eiszeit zwischen Iran und der USA lockte den Kommentatoren gewichtige Attribute aus der Feder. Selbst wenn das vierstündige Gespräch zwischen dem US-Botschafter im Irak, Ryan Crocker, und seinem iranischen Kollegen Kassemi Ghomi in Bagdad Ende Mai kaum Ergebnisse gebracht hatte. Entscheidend war, dass sich erstmals wieder Diplomaten beider Nationen offiziell gegenübersaßen. Vor dem zweiten Botschafter-Treffen am Dienstag (24.7.) ist die Euphorie leicht abgekühlt, doch die Hoffnung auf eine Annäherung besteht immer noch.
Traumata auf beiden Seiten
Die Bedeutung der Gespräche wird erst deutlich, wenn man sich die schwierige Beziehungshistorie der beiden Staaten vor Augen führt. Traumatische Ereignisse bestimmen das Verhältnis noch heute. Der Iran hat nie vergessen, wie die USA mit Hilfe der CIA im Jahre 1953 den populären Premierminister Mohammad Mossadegh stürzten. Angesichts dessen sozialistisch geprägten Reformen und Pläne, die Erdölförderung zu verstaatlichen, fürchtete Washington um die Wahrung der US-Interessen. Mit dem Putsch kehrte der Schah, Mohammed Reza Pahlavi, an die Macht zurück. In der Folge baute der Monarch ein autoritäres Regime zur absoluten Diktatur aus. Die USA unterstützten ihn nach Kräften mit Waffen und Geheimdienst-Beratern.
Geiseln des Gottesstaats
Dieses Kapitel der iranischen Geschichte endete 1979. Eine islamistisch geprägte Bewegung hatte den Widerstand gegen den Monarchen im Volk, in der Armee und anderen Institutionen dynamisiert. Die treibende Kraft war der schiitische Geistliche Ajatollah Rohollah Chomeini, der aus seinem Pariser Exil agitierte. Müde von den Massenprotesten verließ Schah Reza Pahlawi am Mittag des 16. Januar über den Teheraner Flughafen das Land für immer. Chomeini kehrte daraufhin zurück und machte den Iran unter seiner Führung zum Gottesstaat.
Am 29. November 1979 stürmten schließlich hunderte Studenten die US-Botschaft in Teheran, angeblich wegen der Aufnahme des Schahs in ein amerikanisches Krankenhaus. Die 66 Amerikaner unter den Botschaftsangehörigen wurden als Geiseln genommen. Das iranische Außenministerium rechtfertigte dies als "natürliche Reaktion des unterdrückten iranischen Volks auf die Missachtung der verletzten Gefühle seitens der amerikanischen Regierung." Nachdem eine UN-Delegation erfolglos vermittelt hatte, brachen die USA am 7. April 1980 die diplomatischen Beziehungen zum Iran ab. Eine Befreiungsaktion, angeordnet von Präsident Jimmy Carter, scheiterte kläglich. Erst nach schmachvollen 444 Tagen kamen die Geiseln frei, zeitgleich zur Amtseinführung von Präsident Ronald Reagan. Die US-Regierung hatte eingefrorene iranische Konten freigegeben.
Hilfe für Saddam
Offene Feindschaft bestimmt seitdem das Verhältnis der beiden Nationen. Im Krieg Saddam Husseins gegen den Nachbarn Iran schlugen sich die USA auf Seiten des Irak, als sich Teheran zäher als erwartet verteidigte. Millionenkredite für Waffenkäufe, Hilfe durch geheimdienstliche Erkenntnisse: Die Unterstützung Saddams sollten die USA spätestens zwei Jahre nach Ende des Kriegs bereuen, als der 1990 in Kuweit einmarschierte.
Viel Peitsche, wenig Zuckerbrot
Zunächst blieb Eindämmung die offizielle Politik der USA gegenüber dem Iran. Mitte der 1990er Jahre verschärfte Bill Clinton nochmals den Ton gegenüber Teheran. Nach der Wahl des reformorientierten Präsidenten Khatami 1997 sendete Washington dann leichte Signale der Entspannung. Im ersten Jahr der Bush-Administration gab es sogar Überlegungen seitens des Außenministeriums, den Iran über eine Lockerung der Wirtschaftssanktionen zur Öffnung gegenüber dem Westen zu motivieren. Damit war es vorbei, als George Bush den Iran im Januar 2002 zum Teil der "Achse des Bösen" stigmatisierte. Der Ausbau der iranischen Nukleartechnik und die Wahl des Fundamentalisten Mahmud Ahmadinedschad zum Präsidenten verschlechterten das Verhältnis erneut.
Seitdem pendelt Washington zwischen diplomatischen Offerten und Säbelrasseln. "Es gibt einen Richtungsstreit zwischen den Lagern von Condoleezza Rice und Dick Cheney", so erklärt Bernd W. Kubbig von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung die Ambivalenzen. Allerdings hätten kooperative Ansätze aus dem Außenministerium bisher kaum Chancen gehabt. Dass sich nach fast 30 Jahren wieder Botschafter der USA und des Iran gegenübersitzen, hat für den Iran-Experten Kubbig vor allem drei Gründe: Die katastrophale Lage im Irak, die neuen politischen Verhältnisse nach dem Wahltriumph der Demokraten im US-Kongress und der Ruf der Europäer nach mehr Diplomatie gegenüber dem Iran.