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Küssen ist in vielen Ländern in der Öffentlichkeit verboten.

6. Juli 2011

Am Internationalen Tag des Kusses feiern Menschen ihre Zuneigung. Doch nicht überall wird es gern gesehen, wenn zwei Menschen sich küssen. In manchen Ländern kann es richtig gefährlich sein.

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Auguste Rodin: Der Kuss (Foto: dpa)
Bild: picture alliance / dpa

Er ist für die breite Masse der Bevölkerung immer noch ein Aufreger: Der schwule Kuss. Er provoziere deutlich mehr als der lesbische, sagt Renate Rampf. Die Sprecherin des Schwulen- und Lesbenverbandes Deutschland beobachtet, dass viele Menschen sogar mit Aggressionen auf den öffentlichen Ausdruck von Zuneigung bei schwulen Paaren reagieren. Eine Befragung in Berliner Schulen von 2007 zeigt, dass mehr als die Hälfte junger Menschen lesbische und schwule Küsse "ekelig" findet. Auch bei älteren Menschen sei die Akzeptanz ziemlich gering, sagt Rampf.

Selbstzensur von gleichgeschlechtlichen Paaren

Phyllis Lyon, rechts, küsst ihren Partnner Del Martin nach der Trauung in San Francisco (Foto: AP) (AP Photo/Marcio Jose Sanchez, Pool)
Erste gleichgeschlechtliche Ehe in Kalifornien (2008)Bild: AP

"Es finde eine Selbstzensur statt. Die öffentliche Kundgebung der Zuneigung, etwa Küsse oder auch nur Händchenhalten, sei eigentlich die Ausnahme, so Rampf. Deshalb würden viele homosexuelle Menschen ihre Gefühle lieber für sich behalten und sie nicht öffentlich zeigen. Das sei auch in Deutschland nicht anders. Obwohl das Gesetz jedem, ganz gleich seiner sexuellen Orientierung, Rechte garantiert und führende Politiker, etwa der Außenminister Guido Westerwelle oder der Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, zu ihrer Homosexualität stehen.

Gefährliche Liebschaften

Homosexuelle zeigen ihre Zuneigung nicht öffentlich", erzählt Maria Burnett, die in Uganda für die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch arbeitet. in dem afrikanischen Land müssen homosexuelle Menschen oft um ihr Leben fürchten. Ein Gesetzesentwurf, der homosexuelle Akte mit der Todesstrafe bestrafen soll, liegt seit 2009 beim Parlament. Aufgrund des internationalen Proteststurms ist der Entwurf erstmal zurück in die Akten gewandert, möglich ist aber, dass er in einer nächsten Legislaturperiode wieder aufgenommen wird.

Doch diese Homophobie sei nicht einzigartig: "In rund siebzig Ländern weltweit ist es ebenfalls gefährlich, offen zu seiner Homosexualität zu stehen", sagt Burnett. Stephan Cooper von Amnesty International erzählt von einem deutschen Freund, der zusammen mit seinem Lebensgefährten in Kameroun verhaftet wurde. "Morgens um sechs kam die Polizei plötzlich ins Hotelzimmer. Wenn er nicht die deutsche Staatsangehörigkeit gehabt hätte, würde er jetzt im Gefägnis sitzen", berichtet Cooper.

Homosexuellen Protes in Brüssel (Foto: LGA)
Aktivisten werden immer wieder ermordetBild: Joel Le Deroff/ILGA

David Bahati, der den Gesetzesentwurf in das Parlament gebracht hat, wurde im Mai von Human Rights Watch auf eine schwarze Liste gesetzt: die der Menschen, die am meisten zur Verbreitung von Homophobie beigetragen haben. Mit dabei ist auch der amerikanische Pfarrer Scott Lively, der Regierungen weltweit dazu aufgerufen hat, Homosexuellen ihre Grundrechte zu verweigern. "In Uganda und Kameroun gibt es viele Hasspredigten in den Kirchen gegen Homosexuelle", sagt Cooper. Natürlich würde sich da kein homosexuelles Paar trauen, in der Öffentlichkeit zu küssen.

Küsse in der Kirche

Dabei hat der Kuss, auch unter gleichgeschlechtlichen Menschen, eine lange Tradition. Schon in biblischen Zeiten sei es unter Männern durchaus üblich gewesen, sich mit einem Kuss zu begrüßen und zu verabschieden, sagt Gunter Fleischer. "Der Kuss war ein ganz normales Freundschaftszeichen", erklärt der Leiter der Bibel- und Liturgieschule in Köln. Erst im Laufe der Geschichte, etwa im dreizehnten Jahrhundert, sei die Gesellschaft prüder geworden und der Freundschaftskuss langsam verschwunden.

Schade eigentlich, denn es fehle an Vorbildern, sagt die Sprecherin des Schwulen- und Lesbenverbandes Deutschland Renate Rampf, die dringend nötig seien, um die öffentliche Akzeptanz zu steigern.

Autorin: Naomi Conrad
Redaktion: Sabine Oelze