Venezolaner fliehen vor der Krise
Armut, Arbeitslosigkeit, Inflation - für Venezolaner gibt es viele Gründe, ihr Land zu verlassen. Der Fotograf Carlos Garcia Rawlins hat einige von ihnen auf dem Weg in ein neues Leben begleitet.
Unterwegs mit kleinem Gepäck
Alejandra Rodriguez packt ihre Koffer. Die 23-Jährige aus der venezolanischen Hauptstadt Caracas will nach Chile. Wie Hunderttausende andere flieht sie vor der Wirtschaftskrise. 2017 betrug die Inflation mehr als 2000 Prozent, Ersparnisse wurden quasi wertlos. "Ich wollte Venezuela nie verlassen, doch wegen der aktuellen Situation muss ich", sagt sie.
Sieben Tage, fünf Länder
Rodriguez' Reise in ein neues Leben ist anstrengend: Die Busroute führt von Caracas im Norden Venezuelas in den Südwesten des Kontinents in die chilenische Hauptstadt Santiago de Chile. Die Fahrt dauert sieben Tage und führt durch Kolumbien, Ecuador und Peru. Mit an Bord sind auch Alejandra Rodriguez' Schwester und ihr Neffe.
Hoffnung auf Frieden
Mit der Gruppe ist auch Adrian Naveda (l.) unterwegs. Auf der fast 8000 Kilometer langen Fahrt im engen Bus träumt er von einer besseren Zukunft. In Venezuela tobt seit Jahren ein Machtkampf zwischen der Regierung von Präsident Nicolás Maduro und der Opposition. Im vergangenen Jahr wurden bei Anti-Regierungsprotesten mehr als 120 Menschen getötet.
Ausgebremst
Auch Familie Rivas verlässt Venezuela aufgrund von Armut und Arbeitslosigkeit. Nun sind sie erst mal am Busbahnhof in Caracas gestrandet: Der Bus fährt nicht, weil die Straße nach Süden gesperrt ist. In Kolumbien blockieren Kritiker der Landreform die Fahrbahn. Erst einige Tage später können der siebenjährige Josmer Rivas (l.) und seine Familie losfahren.
Wiedersehensfreude
Das Ziel der Rivas ist Ecuador. Am Busbahnhof der Stadt Guayaquil sieht Josmer seinen Vater zum ersten Mal seit vier Monaten. "Mein Sohn war sehr aufgeregt vor diesem Moment", erzählt die Mutter des Jungen, Genesis Corro.
(Fast) geschafft!
Auch die anderen Venezolaner sind inzwischen angekommen: Alejandra Rodriguez und Adrian Naveda (r.) überqueren die Grenze von Peru nach Chile. Zuvor hatten sie Sorgen vor den Fragen der chilenischen Behörden. Beim Verlassen des Migrationszentrums in Arica können sie ihre Freude nicht verbergen: "Wir haben es geschafft!" Dabei liegen noch zwei weitere Reisetage vor ihnen.
Suche nach Netz
Rast in Quillagua im Norden Chiles: Adrian Naveda nutzt die Zeit bis zur Weiterfahrt des Busses, um auf seinem Handy eine Sprachnachricht aufzunehmen. Er vermisse vor allem seine Mutter und seine Freundin, sagt Naveda. Verschicken kann er die Nachricht erst, wenn er einen Ort mit Gratis-WLAN findet.
Eng, aber ein Zuhause
Alejandra Rodriguez und ihre Schwester Natacha in ihrer neuen Bleibe in Concón in der Nähe von Santiago de Chile: Freunde aus Venezuela haben das kleine Appartement gemietet und teilen es sich nun trotz der Enge mit den Neuankömmlingen.
Bei Anruf Job
Schon am ersten Tag nach der Ankunft in Chile hatte sich Adrian Naveda (r.) in Concón auf die Suche nach einer Arbeit gemacht und bei verschiedenen Unternehmen in der Umgebung seinen Lebenslauf abgegeben. Mit Erfolg: Nur wenige Stunden später rief eine Tierhandlung in der Nähe an. Noch am selben Tag fängt er dort an.
Nächtliche Nachrichten
Doch nicht alles ist so einfach in der neuen Heimat Chile. Die Auswanderer haben Heimweh. Alejandra Rodriguez geht daher oft zu einem Einkaufszentrum, um dort das kostenfreie Internet zu nutzen. Sie spricht über Stunden mit ihrem Freund, der in Venezuela geblieben ist. Häufig bis in die Nacht.