Usain Bolt: Abschied mit Schmerzen
28. Dezember 2017Vorbeigerannt. Wahrscheinlich war Usain Bolt einfach zu schnell. Im Rückblick muss man jedenfalls sagen: Den richtigen Zeitpunkt, seine unglaubliche Sprintkarriere, zu beenden, hat der Jamaikaner verpasst. 12. August, Leichtathletik-WM in London: Nachdem Bolt über 100 Meter "nur" Dritter geworden ist, will er in seinem definitiv letzten Rennen als Schlussläufer der jamaikanischen Staffel noch einmal Gold holen. Doch schon nach wenigen Metern schreit Bolt auf, stürzt und überschlägt sich. Ein Muskelriss im linken Oberschenkel stoppt den Superstar. Fünf Tage später twittert Bolt ein Röntgenbild: "Normalerweise mache ich das nicht, aber leider haben einige Leute infrage gestellt, dass ich tatsächlich verletzt bin."
Dopingverdacht lief mit
Neid und Zweifel haben Bolt während seiner gesamten Karriere begleitet. Kein Wunder, hat er doch wie kein Sprinter vor ihm die Szene dominiert. Bei drei Olympischen Spielen in Serie gelingt ihm das „Gold-Triple" über 100 und 200 Meter sowie mit der Sprintstaffel - das Staffelgold von Peking 2008 muss er allerdings später zurückgeben, weil sein Staffelkollege Nesta Carter nachträglich des Dopings überführt wurde.
Zwischen 2009 und 2015 sammelt der Überflieger der Leichathletik zudem elf Weltmeistertitel. Bis heute hält "Lightning Bolt" (Blitzschlag), wie er erfürchtig genannt wird, die Weltrekorde über 100 Meter (9,58 Sekunden) und 200 Meter (19,19 Sekunden), beide aufgestellt bei der WM 2009 in Berlin, und mit der 4x100-Meter-Staffel (36,84 Sekunden), gelaufen 2012 bei Olympia in London. Bei keiner einzigen Dopingkontrolle wird Bolt positiv getestet. Und doch läuft der Verdacht immer mit bei jemandem, der wie kein Zweiter die Grenzen des sportlich Machbaren verschiebt und immer dann, wenn es um Olympia- oder WM-Gold geht, auf den Punkt maximal fit ist.
Leichtigkeit war weg
Eigentlich wären die Spiele 2016 in Rio de Janeiro der perfekte Zeitpunkt für Bolt gewesen, seine goldenen Rennschuhe an den Nagel zu hängen. Viele hatten erwartet, dass der Jamaikaner diesmal nicht triumphieren würde, nachdem er sich im Vorfeld immer häufiger beim deutschen Sportorthopäden Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt behandeln lassen musste. Aber Bolt liefert wieder eine große Show, holt erneut das Gold-Triple. Dafür muss er kämpfen, die Leichtigkeit seiner früheren Siege ist verloren gegangen. Der 1,95 Meter große, charismatische Sprinter tritt dennoch nicht zurück, sondern verkündet, noch bis zur WM 2017 weiterzumachen. Aus dem geplanten glorreichen Abgang wird ein schmerzhafter.
Denkmal in Kingston
Seitdem tingelt Usain Bolt durch die Welt und macht das, wozu er Lust hat. So lässt sich der 31-Jährige vor dem Formel-1-Grand-Prix in Austin im Oktober von Weltmeister Lewis Hamilton in einem Rennauto durchschütteln oder gibt im November in Sydney den Spielern der australischen Cricket-Mannschaft Tipps, wie sie schneller loslaufen können. Seit Anfang Dezember steht vor dem Nationalstadion in der jamaikanischen Hauptstadt Kingston eine knapp zweieinhalb Meter hohe Bronzestudie, die Bolt in seiner berühmten Blitzpose zeigt.
"Alles ist möglich, es gibt keine Grenzen", sagt der Nationalheld. "Ich habe zu keinem Zeitpunkt gedacht, dass ich jemals so viel erreichen würde - aber habe immer weiter gemacht."