USA zurück im Kalten Krieg gegen Kuba
7. März 2019Am Montag kündigte die US-Regierung an, eine bisher suspendierte Klausel des Helms-Burton-Gesetzes teilweise zu aktivieren. Damit können ab dem 19. März kubanische Unternehmen, die nach der Revolution 1959 beschlagnahmten und verstaatlichten Besitz nutzen, vor US-Gerichten auf Schadensersatz verklagt werden.
Die Ankündigung der US-Regierung betrifft rund 200 Firmen, die dem kubanischen Militär oder Innenministerium unterstehen, darunter Hotels, Reisebüros und Busunternehmen. Auch die Sonderwirtschaftszone in Mariel ist darunter.
Da praktisch keines der Unternehmen Verbindungen zum US-amerikanischen Rechts- oder Finanzsystem hat, dürfte die Möglichkeit der Klage kaum praktische Auswirkungen auf die kubanische Wirtschaft haben. Die US-Regierung aber schafft damit Unsicherheit bei potentiellen Investoren und erhöht den Druck auf die kubanische Regierung.
Trump: Erster US-Präsident, der die Klausel aktiviert
Das sogenannte Helms-Burton-Gesetz wurde 1996 als Verschärfung der Blockade vom US-Kongress erlassen. Die besagte Klausel III war bisher von allen US-Präsidenten immer wieder in Sechs-Monats-Schritten ausgesetzt worden. Donald Trump ist der erste US-Präsident, der sie aktiviert. Damit herrscht nicht nur rhetorisch wieder Kalter Krieg.
Begründet wurde der Schritt von Sicherheitsberater John Bolton mit Kubas Unterstützung für die Regierung Nicolás Maduro in Venezuela. In einem CNN-Interview am Wochenende wetterte Bolton gegen Havanna und Caracas und verteidigte die Monroe-Doktrin, die Lateinamerika als genuin US-amerikanischen Einflussbereich definiert.
Erst kürzlich hatte er die Metapher der "Achse des Bösen" (Irak, Iran und Nordkorea) aus der Zeit von George W. Bush durch die "Troika der Tyrannei" ersetzt, wozu er neben Venezuela und Kuba auch Nicaragua zählt.
Die drei Staaten würden ihre Bevölkerung unterdrücken und seien ein Hort regionaler Instabilität. Zuletzt sprach Bolton davon, eine Streitmacht von 25.000 Kubanern befände sich in Venezuela. Er meinte wohl die mehr als 20.000 kubanischen Ärzte und medizinisches Personal.
Gefahr für europäische Firmen?
Ausländische Unternehmen mit Geschäftsinteressen auf Kuba sind von der Maßnahme der US-Regierung zunächst nicht betroffen. Die US-Regierung hat die Klausel III nur teilweise aktiviert, derzeit können nur kubanische Unternehmen verklagt werden.
Die Möglichkeit, auch ausländische Unternehmen zu verklagen, bleibt weitere 30 Tage ausgesetzt. Sollte die US-Regierung diesen Teil der Klausel dann ebenfalls aktivieren, könnte es auch Europäer treffen.
Zu den wichtigsten Investoren auf Kuba zählen der britische Tabakkonzern Imperial Brands, der ein Joint Venture mit der kubanischen Regierung betreibt, die spanischen Hotelketten Iberostar und Melia, sowie der französische Getränkehersteller Pernod-Ricard, der die Marke Havana Club weltweit vertreibt.
"Es ist nicht beabsichtigt, europäische Unternehmen, die derzeit in Kuba Geschäfte machen, zu beeinträchtigen", zitierte die Nachrichtenagentur AP einen Beamten des US-Außenministeriums.
Havanna reagierte prompt auf die Ankündigung neuer US-Sanktionen. Die seien eine "inakzeptable Bedrohung für die Welt", sagte Außenminister Bruno Rodríguez. "Ich lehne die Ankündigung des US State Department nachdrücklich ab, Klagen nach Titel III des Helms-Burton-Gesetzes gegen eine von der Trump-Administration willkürlich ausgewählte Liste kubanischer Unternehmen zuzulassen", twitterte er.
Die kubanische Regierung erinnerte in einer Stellungnahme daran, dass Kuba in der Vergangenheit Enteignungsansprüche mit Regierungen aus aller Welt geklärt habe, die US-Regierung sich dem aber verweigere.
"Forderungen nach Entschädigung verstaatlichten Besitzes können Teil eines künftigen Verhandlungsprozesses auf der Basis von Gleichheit und gegenseitigem Respekt zwischen den Regierungen Kubas und der USA sein", hieß es. Wer jedoch auf Basis des Helms-Burton-Gesetzes auf Entschädigung klage, werde von späteren Verhandlungen ausgeschlossen, so die kubanische Regierung.
"Ein Schwein mit Lippenstift"
Die Enteignungen US-amerikanischer Unternehmen in Kuba begannen 1960, nachdem sich US-Ölkonzerne weigerten, sowjetisches Erdöl zu verarbeiten. Daraufhin verstaatlichte die Regierung Fidel Castro zunächst die Ölgesellschaften, später auch Fabriken, Landgüter, Stromwerke und andere Besitztümer.
Die dem US-Justizministerium unterstellte Foreign Claims Settlement Commission hat knapp 6.000 Forderungen US-amerikanischer Bürger und Unternehmen gegenüber Kuba gesammelt und diese auf insgesamt 1,8 Milliarden US-Dollar beziffert. Mit den angelaufenen Zinsen erhöhen sich die Ansprüche auf heute mehr als 7 Milliarden US-Dollar. Die kubanische Seite führt ihrerseits Milliardenschäden durch die US-Wirtschaftsblockade ins Feld.
James Williams, Präsident von Engage Cuba, einer US-Lobbyorganisation, die sich für die Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und Kuba einsetzt, hält die neuerliche Blockadeverschärfung für kontraproduktiv.
"Es ist die Fortsetzung derselben Embargopolitik, die seit mehr als 60 Jahren versagt", sagt Williams dem Onlineportal Cubadebate. "Wenn man ein Schwein mit Lippenstift schminkt, bleibt es trotzdem ein Schwein. Mit dieser gescheiterten Politik fortzufahren, untergräbt US-amerikanische Interessen und nützt unseren Gegnern."