Der angedrohte Aufmarsch
1. November 2018Während unzählige mittelamerikanische Migranten ihren Weg in die Vereinigten Staaten fortsetzen, erhöht die US-Regierung den Druck, sie an der Grenze zu Mexiko zu stoppen: mithilfe des Militärs. US-Präsident Donald Trump kündigte an, dass zwischen 10.000 und 15.000 Soldaten an der südlichen US-Grenze stationiert werden könnten. Niemand werde ins Land gelassen, drohte der Republikaner.
"Das ist eine Maßnahme, um im Vorfeld der Wahlen Stärke zu demonstrieren", sagt Günter Maihold, Lateinamerika-Experte und stellvertretende Direktor der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). "Trump will zeigen, dass er die Grenzen schützt, obwohl die Maßnahme in der Praxis keinerlei Bedeutung hat, da die Soldaten die Grenze gar nicht schützen können."
Maureen Meyer, Leiterin der Mexiko-Sektion bei der Menschenrechtsorganisation Washington Office on Latin America (WOLA), sieht das ähnlich: "Trump will seiner Wahlbasis signalisieren, dass er alles zur Sicherung der Grenze unternimmt, obwohl der Militäreinsatz auch einen Präzedenzfall für die Vereinigten Staaten darstellt. Es gibt in den USA sehr strenge Gesetze, was den Einsatz der Streitkräfte im Inland betrifft", sagt Meyer.
Nur ein Versuch der Einschüchterung?
Die Expertin für Sicherheitspolitik sagt, dass die US-Soldaten an der Grenze vielen Einschränkungen unterworfen seien: "Sie dürfen Migranten gar nicht festhalten oder mit ihnen interagieren. Sie können die Infrastruktur und die Überwachung unterstützen und die Grenzpatrouille alarmieren, wenn sie Menschen beim Überschreiten der Grenze sehen, aber sie haben keine Befugnisse, Migranten an der Einreise in das Land zu hindern."
Zudem, sagt SWP-Experte Maihold, sei Trump kaum in der Lage sei, die 3150 Kilometer lange Grenze zu Mexiko komplett abzuriegeln. Dazu sei viel mehr Personal notwendig: "Aus diesem Grund wurden in letzter Zeit viele technische Instrumenten eingesetzt, da eine wirksame Grenzkontrolle ausschließlich mit Personal nicht möglich ist."
An der Kooperation führt kein Weg vorbei
Nach Ansicht der WOLA-Expertin Meyer liege die Lösung des Einwanderungsproblems nicht in der Grenzschließung. "Washington muss die Zusammenarbeit mit den mittelamerikanischen Ländern fortsetzten und versuchen, die Ursachen der Migration zu bekämpfen." Dies könnte geschehen, indem man politische Probleme angeht wie Gewalt, Korruption, die Schwächung staatlicher Institutionen und die Unfähigkeit von Polizei und Staat, ihre eigenen Bürger zu schützen.
Außerdem begrüßt sie die Initiative von Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador, der ein US-Investitionsprogramm für Mittelamerika vorgeschlagen hat. Solche US-Hilfen, betont Meyer, sollten allerdings an Fortschritte gekoppelt sein, die die Regierungen selbst in punkto Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit erzielen.
Der Deutsche Maihold ist da etwas skeptischer und erinnert daran, dass es zur regionalen Entwicklung in Mittelamerika bereits den Plan Puebla-Panama gab, der vom damaligen mexikanischen Präsidenten Vicente Fox (2000 bis 2006) zusammen mit Ländern Mittelamerikas angestoßen wurde. "Man hoffte damals, dass noch mehr internationale Geldgeber dazukommen würden. Dies war aber nicht der Fall, und Mexiko wollte selber nicht viel Geld aufbringen." Das gleiche Schicksal, fürchtet Maihold, werde auch eine neue Initiative ereilen, da sich nicht abzeichne, woher die Mittel kommen sollten: "Die Migranten wollen in die Vereinigten Staaten kommen, und nur wenn sie dieses Ziel nicht erreichen, werden sie Unterstützung in Mexiko suchen", sagt Maihold und verweist auf die Ankündigung von López Obrador, den Migranten eine Beschäftigung in Mexiko anzubieten, damit sie im Land bleiben können.
Doch unverdrossen setzt die mit 3500 bis 5000 Menschen größte Migrantengruppe, die sich auf den Weg in die USA gemacht hat, ihren Fußmarsch nach Norden fort. Ankommen dürfte sie an der US-Grenze jedoch erst nach den Kongresswahlen am 6. November, deren Ausgang sie - als Wahlkampfthema - wohl beeinflusst.