USA: Bin Salman hat "Operation Khashoggi" genehmigt
26. Februar 2021Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman hat den tödlichen Einsatz gegen den Journalisten Jamal Khashoggi nach Einschätzung der USA persönlich genehmigt. Das geht aus einem Bericht hervor, den das Büro von US-Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines in Washington veröffentlichte.
Darin heißt es, der Kronprinz habe seit 2017 "die absolute Kontrolle über die Sicherheits- und Geheimdienstorganisationen des Königreichs" innegehabt. Es sei daher "hochgradig unwahrscheinlich", dass Regierungsvertreter eine Operation dieser Art ohne seine Genehmigung ausgeführt hätten. Weitere Indizien seien die direkte Beteiligung eines wichtigen Beraters von bin Salman an der Operation und dessen Unterstützung für gewaltsame Maßnahmen, um Gegner im Exil zum Schweigen zu bringen.
Einreisebeschränkungen gegen 76 Saudis
Die Vereinigten Staaten verhängten Einreisebeschränkungen gegen 76 Bürger Saudi-Arabiens. Von ihnen werde angenommen, "dass sie an der Bedrohung von Dissidenten im Ausland" beteiligt gewesen seien, teilte Außenminister Antony Blinken mit.
Zudem setzte das US-Finanzministerium den früheren Vize-Geheimdienstchef Ahmed al-Asiri und Angehörige der schnellen Eingreiftruppe RIF auf eine Sanktionsliste. Al-Asiri habe die Operation gegen Khashoggi angeführt; mehrere RIF-Mitglieder seien beteiligt gewesen, hieß es. Etwaiger Besitz der Betroffenen in den Vereinigten Staaten wird eingefroren, US-Bürgern sind Geschäfte mit ihnen verboten.
"Bedeutung der universellen Menschenrechte"
US-Präsident Joe Biden hatte noch am Donnerstag mit dem saudischen König Salman telefoniert. Der Präsident habe dabei die Bedeutung unterstrichen, die seine Regierung "den universellen Menschenrechten und der Rechtsstaatlichkeit" beimesse, teilte das Weiße Haus mit. "Extraterritoriale Drohungen und Übergriffe Saudi-Arabiens gegen Aktivisten, Dissidenten und Journalisten" würden von den USA nicht toleriert. Zugleich habe Biden dem Monarchen versichert, die Vereinigten Staaten stünden angesichts von Raketenangriffen durch pro-iranische Gruppen an der Seite des Königreichs.
Khashoggi hatte zuletzt im US-Bundesstaat Virginia gelebt. Er schrieb Kolumnen für die "Washington Post", die oft Kritik an der Golfmonarchie enthielten. Im Oktober 2018 war er im saudischen Konsulat in Istanbul von einem Spezialkommando aus Riad getötet worden. Unter internationalem Druck gab das Königreich nach wochenlangen Dementis zu, der Journalist sei "bei einem missglückten Einsatz zu seiner Festnahme" zu Tode gekommen. Von Khashoggis Leichnam fehlt bis heute jede Spur.
Riad dementiert erwartungsgemäß
Saudi-Arabien hat den Bericht der US-Geheimdienste zurückgewiesen, in dem Kronprinz bin Salman direkt mit der Ermordung des Journalisten Khashoggi in Verbindung gebracht wird. Die Führung in Riad nannte die Vorwürfe falsch und inakzeptabel. Das Papier enthalte ungenaue Informationen und Schlussfolgerungen.
Bidens Amtsvorgänger Donald Trump hatte eine Veröffentlichung des Geheimdienst-Dossiers zuvor verhindert; er war demonstrativ um gute Beziehungen mit bin Salman bemüht. Das enge Verhältnis zu Riad wurde auch durch die Tötung im Konsulat nicht wesentlich erschüttert.
In der Türkei läuft derzeit ein Prozess im Fall Khashoggi. Ein saudisches Gericht hatte im Herbst fünf Angeklagte zu 20 Jahren Haft verurteilt. Die vormals verhängte Todesstrafe gegen die Männer wurde aufgehoben. Khashoggis Familie hatte öffentlich erklärt, dass sie den Tätern vergebe.
jj/cw (dpa, afp, rtr, ap)