USA - Russland: ein schwieriges Paar
4. Februar 2018Als das US-Finanzministerium Anfang dieser Woche einen Bericht über so genannte "Oligarchen" veröffentlichte, Personen, die als eng mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem Kreml verbunden gelten, zog die entsprechende Liste umgehend Kritik auf sich: Das Papier, auf dem die Namen von mehr als 200 Beamten und Oligarchen stehen, gilt weithin als schlampig und inkonsequent zusammengestellt.
Der Hauptvorwurf: Auf der Liste würden einige zentrale Namen fehlen, während sie zugleich Personen umfasse, die dort nicht hingehörten. Auch ließ die Trump-Administration dem veröffentlichten Teil des Berichts (ein weiterer Teil blieb unter Verschluss) keine Empfehlungen zu weiteren Sanktionen gegenüber Russland folgen. Eben dies hatte eine Reihe von Beobachtern erwartet oder gehofft.
Der Streit um die Liste deutet vor allem eines an: Die derzeitige Regierung und der Kongress haben zu Beginn des zweiten Jahres von Donald Trumps Präsidentschaft weiterhin höchst unterschiedliche Ansichten über das Verhältnis der USA zu Russland im Allgemeinen und über Sanktionen gegenüber Moskau im Besonderen. Der Streit um die Liste, vermuten Experten, ist möglicherweise ein Vorbote einer Auseinandersetzung zwischen dem Kongress und dem Weißen Haus, in dessen Verlauf die Abgeordneten versuchen, neue Russlandsanktionen gegen den Willen der Regierung durchzusetzen.
Neue Sanktionen zu erwarten
Allerdings müsse die Einführung eines neuen Russland-Sanktionsgesetzes im Kongress nicht unbedingt bedeuten, dass dieses auch schnell verabschiedet wird, sagt Richard Nephew vom Zentrum für globale Energiepolitik der Columbia University, der während der Obama-Administration Mitarbeiter im Außenministerium war.
Auch Jeffrey Edmonds hat einst für die Regierung gearbeitet. Er war als Direktor im Nationalen Sicherheitsrat unter Präsident Obama für die Russland-Politik zuständig und ist nun Forscher am Wilson Center. Edmonds würde nicht darauf wetten, dass der Kongress innerhalb weniger Wochen ein neues Sanktionsgesetz vorlegt. Aber auch er ist der Auffassung, dass der Kongress Russland mit ganz anderen Augen betrachtet, als es die derzeitige Regierung macht. Trump hatte bessere Beziehungen zu Moskau bekanntlich zu einem wichtigen Wahlkampfthema gemacht.
Trumps vergebliche Liebesmühe
Ungeachtet der Einschätzung der US-Geheimdienste, Russland habe sich in den US-Wahlprozess eingemischt, hoffte Trump während seines Wahlkampfs zunächst weiterhin, die angespannte Beziehung zum Kreml nach seinem Amtsantritt rasch verbessern zu können. Der von den Republikanern geführte Kongress hingegen war deutlicher weniger hoffnungsvoll.
So verabschiedete das Parlament im vergangenen Jahr eine Reihe von Gesetzen, die Trumps Spielraum einschränken, die von ihm gewünschte Russlandpolitik umzusetzen. Als eine Reihe von Untersuchungen dann zu dem Schluss kam, es habe während des Präsidentschaftswahlkampfs offenbar Absprachen zwischen dem Trump-Lager und dem Kreml gegeben, verringerten sich auch Trumps Hoffnungen, die Beziehungen zu Russland verbessern zu können.
"Die Regierung fordert nun zwar nicht mehr die Rücknahme von Sanktionen, aber sie will diese natürlich auch nicht erweitern", umreißt Experte Edmonds die derzeitige Position im Weißen Haus. "Die Sanktionen haben gezeigt, dass es mit dem Kongress eine große bürokratische Instanz gibt, die Russland ausgesprochen kritisch gegenübersteht."
Breite Unterstützung für Sanktionen
Mehrere Meinungsumfragen haben gezeigt, dass eine große Mehrheit der US-Bürger die Sanktionen gegen Russland unterstützt. Das deutet darauf hin, dass die Wähler in dieser Frage mit ihren Abgeordneten übereinstimmen, nicht aber mit dem Präsidenten.
"Es ist kaum vorstellbar, dass Wahlkreise glücklich darüber wären, wenn ihre Abgeordneten Russland gegenüber freundlich gesonnen sind. Nachdem Moskau sich in die US-Wahlen eingemischt hat, gilt das noch viel mehr als zuvor", sagt Edmonds. "Die meisten Wähler haben in dieser Frage einen sehr deutlichen Standpunkt."
Angesichts der von vielen Amerikanern geteilten Auffassung, Russland stehe den USA zumindest feindlich gegenüber, werde sich an dieser Haltung absehbar nicht viel ändern, vermuten Experten. Dies gelte ganz unabhängig von der Frage, wer in beiden Ländern die Regierungsgeschäfte führe.
Neustart nicht zu erwarten
Größtenteils gingen die derzeitigen Spannungen auf den Umstand zurück, dass Russland versuche, nach Ende des Kalten Krieges seinen Platz in der Welt neu zu definieren, so Richard Nephew von der Columbia University. "Wahrscheinlich wird es immer ein gewisses Maß an Spannung geben, aber Putin dürfte sie mit seinem Kurs noch erheblich verschärft haben."
"Ich sehe derzeit keine positive Entwicklung, wie sehr Trump sich auch um eine Verbesserung bemüht", so Jeffrey Edmonds. "Die Spannungen reichen über Trump und Putin hinaus."
Der eigentliche Grund der Spannungen, so sein Kollege Nephew, liege in dem Umstand, "dass hochrangige Führungskräfte in beiden Ländern ganz unterschiedliche Auffassungen davon haben, wie es um die Welt steht und stehen sollte".
Und Jeffrey Edmonds vom Wilson-Center ergänzt: "Die Russen räumen Stabilität einen höheren Rang als Freiheit ein." Einen Neustart werde man so schnell nicht erleben.