"Gute Zäune schaffen gute Nachbarn"
24. Juni 2018"Sogar für den Bau einer Mauer braucht man mexikanische Arbeiter", sagte der mexikanische Unternehmer und reichste Mann Mexikos Carlos Slim, als Donald Trump seine Präsidentschaft antrat. Diese scheinbar entspannte Haltung, dass vieles von dem, was Trump im Wahlkampf verkündet hatte schon nicht so schlimm werden würde, hat sich auch in Mexiko mittlerweile in Luft aufgelöst. Nicht nur während seiner Präsidentschaftskampagne, sondern auch im Laufe seines ersten Jahres als US-Präsident hat Donald Trump den südlichen Nachbarn der USA unentwegt gedemütigt. Der Bau einer Grenzmauer um die illegale Einwanderung und den Drogenhandel einzudämmen, ist eines seiner wichtigsten Wahlversprechen.
"Trump hat schon vor seinem Wahlsieg Mexiko beschuldigt, Kriminelle, Vergewaltiger und Drogenhändler in die USA zu schicken und hat seitdem diese Position beibehalten, sagt der in Washington ansässige mexikanische Journalist Gregorio Meraz im Gespräch mit der DW.
Viele US-Amerikaner und selbst Politiker der Republikanischen Partei hatten erwartet, dass Trump im Amt die Schärfe aus seiner Rhetorik nehmen würde. Ein Einschätzung, die auch in Mexiko verbreitet war. Doch Trump hat zu keinem Zeitpunkt davon abgelassen, speziell die Mexikaner zu demütigen und das Problem der illegalen Einwanderung für innenpolitische Zwecke zu missbrauchen. "Wegen der Trennung der Kinder von ihren Eltern an der Grenze begannen seine Zustimmungswerte zu sinken. Aber er wollte damit die Demokraten unter Druck setzen, damit sie einer Verschärfung des gegenwärtigen Immigrationsrechts zustimmen und 25 Milliarden Dollar für den Bau der Grenzmauer bewilligen", meint Meraz.
Mexikos "servile" Haltung gegenüber den USA
Doch in Mexiko gibt es auch zahlreiche Stimmen, die eine selbstbewusstere Haltung Mexikos einfordern und meinen, dass das Land aufhören müsse, nach Washington zu starren, wie das Kaninchen vor der Schlange. "Die mexikanische Außenpolitik ist viel zu weich und zahnlos", meint Sergio Aguayo, Politologe am Colegio de México, einem renommierten Institut in Mexiko-Stadt. Diese Zahnlosigkeit habe man besonders im Falle der getrennten Migrantenkinder gesehen, so Aguayo.
"Es herrscht eine Politik der Unterwerfung und Wehrlosigkeit, weil Präsident Peña Nieto die Stärken Mexikos gegenüber den USA nicht ausspielt. Das ist aber schon seit der Zeit Obamas der Fall", sagt Aguayo.
Der Politologe illustriert seine Einschätzung mit einem Telefonat zwischen dem damaligen Präsidenten Obama und dem mexikanischen Präsidenten Peña Nieto im Jahre 2014. Es ging um die erhöhte Zahl von unbegleiteten Minderjährigen Migranten aus Zentralamerika die damals die Grenze mit den USA erreichten. "Barack Obama rief Peña Nieto im Juni 2014 an und bat ihn die Kontrollen an Mexikos Südgrenze zu verschärfen. Peña Nieto stimmte zu, ohne irgendetwas als Gegenleistung zu verlangen. Er tat es, nur weil die Vereinigten Staaten ihn darum baten", so Aguayo. Peña Nieto hätte zum Beispiel im Gegenzug mehr US-Beamte zur Unterbindung des Waffenschmuggels an der Nordgrenze fordern können.
Es gäbe auf beiden Seiten leider eine asymmetrische Wahrnehmung in Bezug auf die Themen Sicherheit und Drogenhandel. "Es eint Obama und Trump, dass beide jegliche Mitverantwortung der Vereinigten Staaten für die humanitäre Tragödie in ihrem Nachbarland von sich weisen. Mexiko ist das Land, das Trump am allerheftigsten kritisiert, ohne zu erkennen, dass die Vereinigten Staaten die Drogenkartelle mit geschmuggelten Waffen versorgen.", meint Sergio Aguayo.
"Good fences make good neighbours"
Günter Maihold, stellvertretender Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), ist davon überzeugt, dass Trump wirklich glaubt, das Einwanderungsproblem durch den Bau einer Grenzmauer lösen zu können - ausschließlich für die USA natürlich.
"Es ist unrealistisch zu erwarten, dass die Vereinigten Staaten angesichts der bevorstehenden Mid-Term Wahlen mit der aktuellen oder zukünftigen mexikanischen Regierung ernsthafte Verhandlungen zu diesem Thema aufnehmen werden. Trump folgt ganz der Linie Ronald Reagans, der einst die Parole ausgab 'good fences make good neighbours' (Gute Zäune schaffen gute Nachbarn)", meint Günter Maihold. Der Vers von den friedenschaffenden Zäunen stammt aus einem Gedicht des US-amerikanischen Dichters Robert Frost. In den USA kennt es jedes Kind.
Der mexikanische Politologe Aguayo ist jedoch davon überzeugt, dass auch Mexiko gut daran täte, seinerseits seine Grenzen aufzuzeigen. "Mexiko hat Argumente und hat Gewicht. Im Extremfall könnte Mexiko die US-Rüstungsindustrie verklagen, indem sie den Fall an multilaterale Organisationen weitergibt und verlangt, dass diese die Verantwortung der Vereinigten Saaten für den illegalen Waffenschmuggel untersucht", meint Aguayo. Aber ob dies zu einer besseren Nachbarschaft würde, müsste sich zeigen.