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Gefängnisstrafe für VW-Manager?

Spencer Kimball, Chicago / nm1. Oktober 2015

Die Autoindustrie ist an juristische Konflikte in den USA gewöhnt. Am Ende steht fast immer ein Vergleich und es fließt Geld. Beim Abgas-Skandal könnte es nun aber einzelne Manager hart treffen.

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Die Silhouette eines Managers spiegelt sich mehrmals in einer Glasfassade. (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Das Timing könnte nicht schlechter sein für hochranginge VW-Manager. Ausgerechnet kurz vor dem Abgas-Skandal gelobte das US-Justizministerium, seine Anstrengungen bei der Verfolgung von Wirtschaftskriminellen zu verdoppeln. Damit nimmt ein neuer Ton Einzug in das US-Ministerium: Nach der Finanzkrise 2008 erlegten die US-Staatsanwälte den großen Investmentbanken zwar massive finanzielle Strafen auf, aber nur ein einziger hochrangiger Wall-Street-Banker wurde verurteilt und musste ins Gefängnis.

"Es gibt seit Kurzem sehr viel Kritik daran, dass sich die Regierung zu häufig auf finanzielle Einigungen mit Unternehmen einlässt und die strafrechtliche Verfolgung von Personen schnell aussetzt", sagt Samuel Buell, der im US-Justizministerium Fälle von Wirtschaftskriminalität verfolgt hat.

Hunderte VWs stehen auf einem Platz im VW-Werk. (Foto: dpa)
Elf Millionen Fahrzeuge sollen laut VW mit der Manipulationssoftware ausgestattet sein. Dem Konzern droht eine Klagewelle - nicht nur in den USABild: picture-alliance/dpa/I. Wagner

Mitten in dieser Debatte leitete das Justizministerium die Ermittlungen über die Manipulation von Abgaswerten bei VW ein - wie "Bloomberg" und das "Wall Street Journal" übereinstimmend berichten. "Das ist nun die Möglichkeit in einem wichtigen Fall den Worten auch Taten folgen zu lassen", sagt Peter Henning. Er ist Professor für Wirtschaftskriminalität an der Wayne Universität in Detroit. "Volkswagen kommt ein Jahr zu spät."

Übereinkommen sind die Regel

Drei der weltweit größten Autobauer mussten sich bereits Strafverfolgungen in den USA stellen. So beschuldigten die Behörden beispielsweise General Motors, wegen fehlerhafter Zündschalter für den Tod von 124 Menschen verantwortlich zu sein. Die drittgrößte Automobilfirma der Welt einigte sich daraufhin mit dem Justizministerium auf Schadensersatzzahlungen von 900 Millionen US-Dollar. Personen im Konzern wurden nicht belangt.

Das Justizministerium untersuchte auch Toyota. Dem Konzern wurde vorgeworfen, Informationen über ein technisches Problem verheimlicht zu haben, was tödliche Folgen hatte. Der weltweit zweitgrößte Produzent von Autos zahlte 1,2 Milliarden Dollar an die US-Regierung. Noch heute muss sich Toyota in rund 400 Prozessen wegen Totschlag und Verletzung verteidigen. Doch auch hier traf es bisher keinen einzigen Manager.

Nun droht VW, dem weltweit größten Autohersteller, eine strafrechtliche Verfolgung wegen der Installation einer Software, die Abgastests bei Diesel-Autos manipulierte. Auch wenn es durch diesen Skandal bisher keine Todesfälle gegeben hat, glaubt Peter Henning, dass es diesmal sehr wohl auch Manager des Konzerns treffen könnte. "Das ist ein so offenkundiges, absichtliches Fehlverhalten", sagt Henning. "Das ging über Jahre. Das Unternehmen und die Verantwortlichen haben keine Entschuldigungen. Da wird das Justizministerium auch an die individuellen Entscheidungsträger kommen wollen."

Mögliche Strafen

Laut Samuel Buell gibt es eine Reihe von potenziellen Vorwürfen an die Konzernverantwortlichen. Je nachdem wie sich der Fall nun weiterentwickelt, könnten Individuen wegen falscher Auskünfte oder Betrug der US-Regierung angeklagt werden. Es könnte auch eine Klage wegen Betrugs von US-Konsumenten geben, die die betroffenen Diesel-Autos gekauft haben, so der Experte.

Das Strafmaß wird sich am Schaden des Konsumenten und an der Umwelt orientieren. Liegen die Summen für die Strafzahlungen über mehreren Millionen oder sogar Milliarden, drohen einigen Managern harte Gefängnisstrafen. "Da sprechen wir von über fünf bis zu zehn Jahren", so Jura-Professor Buell. "Im US-System gibt es keine Bewährung. Das heißt, die Urteile sind real. Wenn der Richter zehn Jahre gibt, dann sind es auch mehr oder weniger zehn Jahre".

Das VW-Logo reflektiert eine US-Fahne. (Foto: dpa)
Wie viel Verantwortung können US-Behörden einzelnen Managern nachweisen?Bild: picture-alliance/dpa

Aber nicht alle sind sich da so sicher wie Buell. Der Autor von "Too Big to Jail: How Prosecutors Compromise with Corporations", Brandon Garret, schreibt, dass es für die Staatsanwälte extrem schwierig sei, die Verantwortlichen innerhalb von komplexen Unternehmensstrukturen auch wirklich zuzuordnen. "Wenn viele Menschen mit vielen Vorgesetzten zusammenarbeiten und dann auch noch Rechtsanwälte und andere Spezialisten involviert sind, wird es sehr schwierig zu sagen, wer Schuld hat." Es sei denn, die Täter werden auf frischer Tat ertappt, so Garrett.