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Blockadehaltung der NRA

Spencer Kimball / db 11. Januar 2013

Im Streit um strengere Waffengesetze in den USA sind das Weiße Haus und die Waffenlobby NRA auf Konfrontationskurs. Die Macht der NRA könnte nach den Amokläufen der vergangenen Monate aber schwinden.

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Demo mit Banner gegen NRA (Foto: REUTERS/Joshua Roberts)
Bild: Reuters

Das Treffen zwischen US-Vizepräsident Joe Biden und der National Rifle Association (NRA) in Washington endete mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Die mächtige Waffenlobby beschuldigte die US-Regierung am Donnerstag (10.01.2013), lediglich auf die Kontrolle von Waffenbesitzern aus zu sein. "Wir waren enttäuscht, wie wenig das Treffen mit der Sicherheit unserer Kinder zu tun hatte und wie sehr es um Maßnahmen ging, das Recht auf Waffenbesitz anzugreifen", hieß es in einer NRA-Stellungnahme nach dem Gespräch.

Die Regierung macht sich seit dem Amoklauf Mitte Dezember an einer Grundschule in Newtown im Bundesstaat Connecticut Gedanken über eine Reform des Waffenrechts. Biden sagte noch vor dem Treffen mit der NRA, Präsident Obama könne notfalls "per Dekret" Beschränkungen beim Waffenkauf erzwingen, sollte der Kongress nicht aktiv werden. Der Vizepräsident deutete an, dass Waffenkäufer genauer überprüft und die Verwendung von großen Magazinen eingeschränkt werden könnten.

Jegliche neue Regelung wird allerdings vom republikanisch-dominierten Abgeordnetenhaus und der NRA begutachtet. Mit ihren etwa vier Millionen Mitgliedern ist die Schusswaffenvereinigung eine der mächtigsten Lobbygruppen der Vereinigten Staaten.

Vizepräsident Joe Biden an einem Konferenztisch mit anderen Teilnehmern (Foto: dpa - Bildfunk)
Die US-Regierung drückt jetzt aufs TempoBild: picture-alliance/dpa

"Die NRA hat eine große Ausstrahlung ", meinte Kristin Goss, Waffenrechtsexpertin der Duke University im Gespräch mit der Deutschen Welle. Man könne darüber streiten, ob diese Ausstrahlung überschätzt wird. "Fraglos fürchtet aber der Kongress die NRA."

Waffenrecht als heißes Eisen

Laut Goss glauben viele in Washington, Al Gore habe im Wahlkampf 2000 seinen Heimatstaat Tennessee - und damit die Präsidentschaft - wegen seiner Meinung zur Reglementierung von Waffenbesitz an George W. Bush verloren.

Dagegen schrieb Paul Waldman im Februar 2012 im "American Spectator"-Magazin, das Rennen sei ohnehin so knapp gewesen, dass auch ein anderes Thema als das Waffenrecht hätte entscheidend sein können. Das sei möglich, räumt Goss ein, bleibt aber dabei: "Politische Verluste bleiben Kongress-Mitgliedern im Gedächtnis. Sie erinnern sich auch daran, dass Schusswaffenbesitzer zur Wahl erscheinen." 

Wohl deshalb wurde das politisch so brisant erscheinende Thema ein Jahrzehnt lang nicht angerührt - und blieb damit in den Händen der NRA und der Regierung Bush. 2004 ließ man ein Verkaufsverbot für bestimmte Sturmgewehre stillschweigend auslaufen. 

"Die Demokraten haben das Thema national mehr oder weniger ignoriert - das ist einer der Hauptgründe, warum sich die Einstellung in den vergangenen zehn Jahren eher von schärferen Waffengesetzen entfernt hat", erklärt Robert Spitzer. Die Regierung Bush sei die schusswaffenfreundlichste US-Regierung überhaupt gewesen, meint der Autor von "Politics of Gun Control" im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Keine Annäherung der Standpunkte

Die NRA wurde 1871 von Veteranen des Amerikanischen Bürgerkrieges gegründet, ursprünglich nur zur Förderung des Schützensports. Politischer wurde die Vereinigung erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Nach den Attentaten 1968 auf Martin Luther King Jr. und Senator Robert Kennedy wurde die Reglementierung von Schusswaffenbesitz zum Politikum.

Heute präsentiert sich die NRA als ersten Verteidiger des verbürgten Rechts der Amerikaner auf Waffenbesitz. Laut Goss passt die Botschaft der NRA zu bestimmten kulturellen Tendenzen in den USA: Individualismus und wenig Vertrauen in den Staat.

Ein Demonstrant mit einem Poster, auf dem mehr Waffenkontrolle gefordert wird (Foto: EPA/MICHAEL REYNOLDS)
"Rettet unsere Kinder" - ein Demonstrant fordert mehr WaffenkontrolleBild: picture-alliance/dpa

"Sehr gut gelungen ist der NRA eine Verbindung, die für internationale Beobachter keinen Sinn ergibt: Weitverbreiteter Waffenbesitz ist die Grundlage für die Verhinderung von Tyrannei und den Schutz der Demokratie", erklärt Goss.

Die NRA sei aber mehr als eine Vereinigung von Millionen Waffenbesitzern, die leidenschaftlich auf ihr Recht auf Waffen pochen, meint Spitzer: Die NRA unterhalte auch enge Kontakte zur Waffenindustrie. Die NRA bestehe aus Waffenbesitzern und je mehr Waffen die Industrie verkaufe, desto größer werde die Basis für beide, meint der amerikanische Autor: "Waffenbesitz ist ihr gemeinsames Interesse."

Schutzschildprojekt für Schulen

Nach dem Massaker von Newtown schaute Amerika auf die NRA: Würde die Waffenlobby von ihrer eigenen Position abweichen und ein verschärftes Waffenrecht akzeptieren? Das Gegenteil war der Fall. Die NRA hielt an ihrer Position fest und schlug vor, bewaffnete Wachen vor jeder Schule in den USA zu postieren.

"Das einzige, was einen bösen Menschen mit einer Waffe aufhält, ist ein guter Mensch mit einer Waffe", erklärte NRA-Vizepräsident Wayne LaPierre auf einer Pressekonferenz Ende Dezember. Und fügte hinzu: "Was wäre Ihnen in einer Notsituation lieber: dass der Gute mit der Waffe eine Meile oder eine Minute entfernt ist?"

Das Gallup Meinungsforschungsinstituts erklärte noch im Dezember, 54 Prozent der Amerikaner hätten eine positive Einstellung zur NRA. Laut einer Umfrage des Public-Policy-Polling-Instituts in North Carolina fiel der traditionell große Zuspruch aber von 48 auf 42 Prozent. Und der Idee mit den Schulsheriffs würden nur 41 Prozent zustimmen. "Die NRA ist in der Defensive", stellt Spitzer fest. "Jetzt sind die Befürworter strikterer Waffengesetze dran."