Militärpräsenz in Afrika
8. Februar 2007"Die USA haben Afrika sehr lange vernachlässigt - nicht nur in politischer und ökonomischer, sondern auch in militärischer Hinsicht", ist Heinz Gärtner, USA-Experte am Österreichischen Institut für Internationale Politik, überzeugt. Doch damit ist jetzt Schluss. Am Dienstag (6.2.2007) vollzog US-Verteidigungsminister Robert Gates die symbolische Kehrtwende und kündigte die Einrichtung eines eigenen Einsatzführungskommandos für den afrikanischen Kontinent (AFRICOM) an.
Ziel sei es, militärische und andere Operationen effektiver als bisher ausführen zu können. Bislang ist die Zuständigkeit für Afrika zwischen dem Europa-Kommando mit Sitz in Stuttgart und dem Zentralkommando in den USA aufgeteilt. Diese Struktur sei eine "überholte Einrichtung aus dem Kalten Krieg", sagte Gates.
Der Weckruf des Krieges
In Afrika fechten die USA spätestens seit dem 11. September 2001 einen gänzlich neuen Krieg aus: den Krieg gegen den Terror. Nach Einschätzung der USA finden Extremisten in zahlreichen afrikanischen Ländern Unterschlupf. Washington will verhindern, dass Mitglieder des Terrornetzwerks El-Kaida Afrika - wie zuvor schon Afghanistan - als "sicheren Hafen" nutzen.
Laut US-Außenministerium ist dies aber in Somalia bereits der Fall. Die Aktivitäten "terroristischer Elemente" in dem Land gefährdeten die Stabilität am Horn von Afrika, sagte die für Afrika zuständige Vize-Außenministerin Jendayi Frazer. Erst im Januar flog die US-Luftwaffe Angriffe gegen mutmaßliche El-Kaida-Stellungen in Somalia. "Somalia war so eine Art Wake-up-Call für die Amerikaner, wie wichtig Afrika im Kampf gegen den Terror ist", glaubt ÖIIP-Mann Gärtner.
USA wollen im Öl schwimmen
Ottfried Nassauer, Leiter des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit (BITS), hält dagegen: Bei der US-Entscheidung über ein eigenes Regionalkommando für Afrika hätten auch ökonomische Interessen eine große Rolle gespielt. Tatsächlich war Sao-Tomé und Principe lange Zeit als möglicher AFRICOM-Standort in der Diskussion, bevor die Entscheidung schließlich auf Stuttgart fiel. Und der märchenhafte Inselstaat zeichnet sich nicht nur durch tropische Urwälder und einsame Strände aus: "Diese Insel schwimmt im Golf von Guinea praktisch auf Ölfeldern", betont Nassauer.
Bereits der "Cheney-Report", den die Bush-Administration als eine ihrer ersten Handlungen veröffentlichte, alarmierte: Der Nachschub an Erdöl für die USA werde immer knapper. Als Ausweg empfahl der Bericht alternative Nachschubwege in Afrika, namentlich den Golf von Guinea. Bislang machen afrikanische Importe zwar nur 20 Prozent der amerikanischen Erdöl- und Erdgasversorgung aus. Doch bis 2015 rechnen Experten mit einem Anstieg auf 25 Prozent.
China setzt USA unter Zugzwang
Nicht zuletzt spielten auf US-Seite vielleicht auch Überlegungen eine Rolle, der neuen Großmacht China das militärische und ökonomische Feld Afrikas nicht konkurrenzlos überlassen zu wollen: So ist es sicherlich kein Zufall, dass die Ankündigung des US-Verteidigungsministers mit einem ausgiebigen Afrika-Besuch des chinesischen Regierungschefs Hu Jintao zusammenfällt.
China strebe eine wirtschaftliche wie auch technologische Partnerschaft mit Afrika an und wolle weiter in den Kontinent investieren, verdeutlichte Hu Jintao am Mittwoch im südafrikanischen Pretoria die chinesischen Ambitionen. "Die USA verspüren hier einen großen Nachholbedarf", kommentiert ÖIIP-Experte Gärtner.
Konflikt der Strategien?
Doch selbst wenn die USA mit dem neuen Regionalkommando für Afrika tatsächlich nur den Krieg gegen den Terror im Kopf haben sollten: Konflikte scheinen auch für diesen Fall vorprogrammiert. Denn während die Europäer Truppen der Afrikanischen Union für den Einsatz im Rahmen von Friedensmissionen ausbilden, setzen die USA ganz auf die militärische Vernichtung von Terroristen. So konzentriert sich die amerikanische Trans-Sahara-Initiative zur Terrorbekämpfung (TSCI) auf die Bekämpfung mutmaßlicher Operationsbasen von El-Kaida unter anderem in Mali, Algerien, Niger, Nigeria, dem Tschad und Senegal.
Deshalb prognostiziert der Experte für US-Sicherheitspolitik Nassauer: "Es wird zu einer klaren Konkurrenz zwischen den Strategien der Europäer und der Amerikaner in Afrika kommen - wie schon in Afghanistan."